Prof. Dr. Jan Langrehr, 47, Chefarzt Chirurgie, Evangelisches Waldkrankenhaus Berlin
„Unmittelbar nachdem ich aus dem Saal komme, gehe ich im Kopf noch einmal die Operation durch, ob wirklich alles optimal gelaufen ist. Gerade hatten wir einen größeren Eingriff. Ich habe einem Patienten den Enddarm entfernt, weil dort ein Tumor saß. Wenn das gut operiert wird, liegt die Wahrscheinlichkeit bei unter fünf Prozent, dass die Krankheit wieder auftritt. Sie steigt aber schnell an, wenn etwa der Tumor beim Entfernen verletzt wird. Deswegen steht für den Patienten sehr viel auf dem Spiel, entsprechend hoch ist meine Anspannung. Für normale Menschen klingt es sicher hart, dass wir Chirurgen manchmal sechs bis sieben Stunden ohne jede Pause am Tisch stehen –
se am Tisch stehen – aber man kann das trainieren, irgendwann merkt man es kaum mehr.Es passiert sehr selten, aber manchmal stirbt ein Patient nach einer Operation. Das ist für mich immer wieder schwierig, auch nach über 20 Jahren im Beruf. Daran kann ich mich nicht gewöhnen, es begleitet mich dann eine ganze Weile. Wenn ich zuhause unruhig herumschleiche, weiß meine Frau gleich, was los ist. Selbst wenn man es medizinisch nicht beeinflussen kann, wenn es etwas Schicksalhaftes hat, empfinde ich den Tod eines Patienten doch persönlich als Niederlage.“Dr. Christina Brunner, 48, Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie Hamburg„Ich habe gerade bei einer Patientin die Brustimplantate ausgetauscht. Die Implantate waren 30 Jahre alt und die Brust der Patientin sehr verhärtet. Ich musste darauf achten, dass dabei kein Drüsengewebe beschädigt wird. Aber es war komplikationslos. Wichtig ist, dass die Patienten, die zu mir kommen, einen Leidensdruck wegen eines Problems haben, das sie klar benennen können. Sonst lehne ich es ab, sie zu operieren. In der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie muss man unbedingt ein ästhetisches Vorstellungsvermögen mitbringen. Die chirurgischen Handgriffe kann man alle lernen. Aber wenn man keine Vorstellung davon hat, wie das Ergebnis aussehen soll, ist es schwierig eine gute Leistung zu erbringen.Frauen sind unter Chirurgen immer noch die Ausnahme. Ich habe einen Sohn und als ich mich damals auf eine chirurgische Ausbildungsstelle beworben habe, musste ich mir Sätze anhören wie: ‚Kriegen Sie noch mal zwei Kinder, dann sind Sie auch beschäftigt.‘ Zudem ist die Ausbildung mit extrem langen Diensten knochenhart, das muss man erst einmal körperlich durchstehen. Aber ich liebe meinen Beruf. Das Operieren ist für mich wie ein Hobby. Ich bin nach wie vor begeistert, welche Möglichkeiten wir haben, den Körper zu formen und Patienten zu helfen.“Prof. Dr. Thorsten Gehrke, 49, Chefarzt der Spezialklinik für Knochen- und Wirbelsäulenchirurgie, ENDO-Klinik Hamburg„Ich vergleiche uns Gelenkchirurgen gern mit Tischlern, weil wir im OP-Saal richtig mit Hammer und Säge arbeiten. Gerade habe ich einem jüngeren Mann eine neue Knieprothese eingesetzt, weil seine alte zu locker geworden war. Dafür musste ich zunächst die alte, in den Knochen eingewachsene Prothese mit Stößel und Hammer herausschlagen – eine körperlich sehr anstrengende Operation. Man ist schnell durchgeschwitzt und verliert ordentlich Kalorien. Hinzu kommt die mentale Belastung, weil man hochkonzentriert sein muss, um nicht Knochen oder Weich- gewebe zu verletzen. Es gibt aber während der Operation immer auch Phasen der Entspannung, in denen ich mal mit meinen Assistenten oder den Schwestern plaudere, wir auch mal zusammen lachen.Die Stimmung am OP-Tisch sollte gut sein. Wenn der Chirurg seine eigene Anspannung auf das Team überträgt, dann läuft eine Operation nicht mehr flüssig. Heute ging alles gut und mit knapp anderthalb Stunden sehr zügig. Wenn ich vom OP-Tisch weggehe, fühle ich bei aller Routine aber jedes Mal eine tiefe Erleichterung. Ich bin immer froh, wenn es keine Komplikationen gegeben hat.“Dr. Arno Schmeling, 40, Gelenkchirurg, Sporthopaedicum Berlin, Zentrum für Spezielle Gelenkchirurgie„Während eines Gelenkeingriffs stoppen wir die Durchblutung, um besser sehen zu können. Deshalb haben wir für jede Operation maximal zwei Stunden Zeit. Fehler können wir uns vor allem bei komplexeren Eingriffen nicht erlauben. Gerade habe ich einen Mann operiert, dem ein Teil des Knochens im Kniegelenk abgestorben war. Ich habe etwas Knochen aus dem Schienbein entnommen und in die Defektstelle im Knie verpflanzt. Knorpelzellen des Patienten werden nun im Labor gezüchtet und später ebenfalls auf den Defekt transplantiert. Dafür braucht man viel Liebe zum Detail, da es auf Millimeter ankommt.Leider erfahren viele Krankenhauschirurgen nicht, wie es ihren Patienten später nach der Operation geht, da diese längst wieder an den Hausarzt überwiesen wurden. Ich komme aus einer chirurgischen Schule, in der man seine Patienten grundsätzlich einige Zeit nach dem Eingriff begleitet. Denn nur mit etwas Abstand lässt sich sagen, ob die Operation wirklich ein Erfolg war oder nicht.“Protokolle: Jan Pfaff