Die nationale Internationale

Europa Rechtsaußen-Parteien drängen bei den Wahlen am 7. Juni ins EU-Parlament, so die Sezessionisten der Vlaams Belang aus Belgien und die niederländische Freiheitspartei

Dass Zurückhaltung Novizen manchmal gut zu Gesicht steht, haben sich Andere ausgedacht. Sicher nicht die Partij voor de Vrijheid (PVV), die schon kurz vor ihrer erstmaligen Wahl ins EU-Parlament weiß, dass sie mit europäischen Institutionen kurzen Prozess machen will. Die Kommission zum Beispiel würde sie auf eine Person reduzieren. So etwas wie "europäische Zusammenarbeit" interessiert die Partei ebenso wenig wie EU-Agrarpolitik. Ihr Fokus liegt eindeutig auf nationalen Interessen. "Straßen in Portugal und Polen" seien lange genug mit niederländischem Geld gebaut worden, findet Barry Madlener, der 40-jährige Spitzenkandidat, einst Zögling des 2002 ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn. In Zeiten der Krise, so das PVV-Wahlprogramm, muss das Geld erst recht im eigenen Land ausgegeben werden. Allenfalls für einen gemeinsamen Migrationsstopp dürfte die PVV zu erwärmen sein.

Euro-Skepsis ist das Mainstream-Thema

Die Partei ist mehr als eine xenophobe Protestbewegung, die PVV hat sich in den vergangenen Jahren zur Hauptvertretung derer aufgeschwungen, denen Zuwanderung und etablierte Politik gleichermaßen ein Dorn im Auge sind. Die Partei hat dabei vor allem vom populistischen Talent ihres Gründers Geert Wilders und seiner antiislamischen Agitation profitiert. Wilders gilt zudem als einer der politischen Väter des niederländischen Nee, der Ablehnung einer EU-Verfassung. Euroskepsis ist in diesem Wahlkampf in den Niederlanden zum Mainstream geworden, doch kaum eine andere Partei bringt ihr Unbehagen gegenüber "Brüssel" so konsequent zum Ausdruck wie die PVV. Ins künftige Europaparlament wird die Partei Umfragen zufolge mit mindestens zwei Vertretern einziehen. Von den Momenterfolgen rechter Splittergruppen unterscheidet sie sich eben auch deshalb, dass sie bei Parlamentswahlen derzeit mit mehr als 20 Prozent der Stimmen rechnen könnte. Wilders jedoch kandidiert zur Europawahl nur auf dem letzten Listenplatz.

Auch als gewichtiges Mitglied einer neuen rechtsextremen Fraktion im EU- Parlament ist die PVV im Spiel. Parteichef Wilders selbst schließt eine solche Kooperation zwar nicht aus. Doch während zwischen PVV und dem belgischen Vlaams Belang regelmäßige Kontakte bestehen, scheint man darüber hinaus in der Wahl von Alliierten vorsichtig zu sein. Von Akteuren, die sich zu offen aschistisch zeigen, hat sich die PVV schon immer fern gehalten. Eine zusätzliche Bruchstelle mit Parteien wie den Freiheitlichen (FPÖ) aus Österreich dürfte die Nahostpolitik sein, Wilders gilt als Freund Israels. Auch ein Beitritt zur nationalkonservativen Union for Europe of the Nations (UEN) wird daher in der PVV erwogen.

Nähe zur Naziszene

Beim Vlaams Belang in Belgien dagegen war die Abgrenzung nach ganz rechtsaußen noch nie großes Thema. Zwar hat sich die Nachfolge-Partei des 2004 wegen Rassismus verbotenen Vlaams Blok zuletzt ein eher moderates Image zu geben versucht, als Signal an Wertkonservative und gemäßigte Nationalisten. Dazu zählen die Selbstbezeichnung als "Identitaristen" und als neue Hauptstoßrichtung der Kampf gegen eine „Islamisierung“. Doch personell hat Vlaams Belang weiter Nähe zur flämischen Naziszene.

Auf europäischer Ebene ist die Partei ein Motor rechtsextremer Kooperation, nicht zuletzt weil sie seit 1989 konstant im Europaparlament vertreten ist. Die Zusammenarbeit mit dem französischen Front National war immer gut, kein Wunder also, dass die Partei auch im neuen EU-Parlament an einer Kooperation der Rechtsextremen interessiert sind. Das antieuropäische Profil ist dabei weniger ausgeprägt als bei der niederländischen PVV. Das liegt an der Geschichte der Partei. Priorität hat beim Vlaams Belang seit jeher die Abspaltung Flanderns von Belgien. Die Agitation gegen „Brüssel“ deckt sich daher nicht mit dem euroskepischen Duktus in anderen Ländern. Den EU-Beitritt der Türkei lehnt die Partei kategorisch ab. Ansonsten setzt man auf Altbewährtes: "In Zeiten der Wirtschaftskrise und zunehmender Arbeitslosigkeit ist es essentiell, dass wir uns trauen zu sagen: das eigene Volk geht vor!"

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