Die Normalität des Bösen

Distanz Mihail Sebastians Tagebücher von 1935 bis 1944 dokumentieren die Ausbreitung der Judophobie in Rumänien
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Wenn, wie Heiner Müller einmal sagte, die Verwandlung der Figur zum Wesen des Dramas gehört, so hat man in Mihail Sebastians Tagebüchern die Gelegenheit, dem millionenfachen Drama des letzten Jahrhunderts aus rumänischer Perspektive beizuwohnen: der allmählichen Umformung unzähliger Menschen, wie sie ihr Denken, Urteilen und Fühlen einer umfassenden antisemitischen Projektion überantworten, bei der so gut wie alles, im allgemeinen wie persönlichen, den Juden angelastet wird.

Sebastian beginnt sein Tagebuch 1935, zu diesem Zeitpunkt ist er 27 Jahre alt und ein bereits bekannter Autor. Der Tagebuchroman scheint ihm, wie vielen seiner Zeitgenossen, die adäquate Form eines "möglichst ungekünstelten Darstellungsmittels", wie der Herausg