Die Qualität einer Wunde

Weltgeschichte als Weltgericht Eine Tagung des Einstein-Forums in Potsdam stellte die Frage nach »historischer Gerechtigkeit«
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Geschichte, hat der Philosoph Paul Ricoeur einmal gesagt, sei eine »Erzählung des Vergangenen in der Gegenwart mit den Ansichten aus der Gegenwart«. Dieses doppelbödige Erzählmuster hat Vorteile und erklärt, warum der Topos der »historischen Gerechtigkeit« als hinreichend unbestimmte Legitimationsfigur im politischen Diskursen so beliebt ist: Er erlaubt uns mit Fug und Recht, Geschichte im Lichte der Gegenwartsinteressen zu deuten.

Die gegenwärtige Konjunktur des Begriffs »historische Gerechtigkeit« jedoch speist sich auch aus dem Ende von Jalta und dem Zusammenbruch der kommunistischen Staatenwelt. Der Durst nach Gerechtigkeit, der sich nach dem Geschichtsbruch von 1989 artikuliert, erscheint unstillbar. Prozesse gegen DDR-Staatsfunkti