Zur Zeit haben wir es in Polen mit vielen kleinen Parteien und Gruppierungen zu tun. Die Lager sind zersplittert und funktionieren auch im internen Verhältnis nach dem Freund-Feind-Schema. Das bedeutet aber nicht, dass es in Polen kein rechtsextremes Problem gibt.
Das Hauptproblem ist eine "teilrechtsextreme" politische Kultur in Polen. Man kann auf der Straße, so oft wie nie zuvor, rassistische und gewaltorientierte Judenwitze hören. Sogar führenden Politikern und Personen der Öffentlichkeit unterlaufen Äußerungen, die man als rechtsextrem bezeichnen könnte. Und wenn man westliche Kriterien als ausschlaggebend betrachtet, könnte man einen Teil des regierenden Establishments sowohl auf der Linken wie der Rechten als rechtsextrem bezeichnen.
Im Vergleich zum deutschen oder französischen ist der polnische Rechtsextremismus weniger ausländerfeindlich und gewaltbereit, dagegen aber stark antisemitisch und teilweise fundamentalchristlich ausgerichtet. Eine sehr wichtige Rolle spielen immerhin fundamentalistische Kreise der katholischen Kirche in Polen. Das landesweite Radio Maryja unter dem charismatischen, so genannten "Vater-Direktor" Tadeusz Rydzyk propagiert einen katholischen Integrismus, Nationalismus, Europa-Feindlichkeit und Antimodernismus.
Zur Spezifik des polnischen Rechtsextremismus gehören zahlreiche Presseaktivitäten. Der größte Verleger im rechten Lager ist der Antisemit Leszek Bubel. Seine Zeitschriften, Broschüren und Bücher propagieren eine "Stürmer-Vision" der globalen Judenverschwörung und sind frei im Handel erhältlich. Antisemitische Aktionen genießen in der polnischen Gesellschaft außerdem große Popularität. Lobte man vor einigen Jahren die von Kazimierz Switon initiierte Schutzaktion des Papstkreuzes im ehemaligen KZ Auschwitz, so wächst heute die Widerspruchskampagne gegen die Aufklärung des polnisch-jüdischen Verhältnisses während des Zweiten Weltkrieges: Der Mord an mehreren Hundert Juden durch Polen wird diffamiert und als jüdischer Schwindel hingestellt.
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