Seit Tagen wird über ein „Gedicht“ debattiert, das – so sieht es zumindest Herta Müller – keinen einzigen literarischen Satz enthält. Die einen bezeichnen den Autor Günter Grass als „modernen Antisemiten“, die anderen bejubeln seinen Mut, ein vermeintliches Tabu gebrochen und gesagt zu haben, „was gesagt werden muss“.
Ist der Literaturnobelpreisträger also ein Antisemit? Wir wissen es nicht, niemand hat seine Weltanschauung geprüft. Es ist auch unerheblich. Zweifellos sind Grass’ Einlassungen jedoch eine Vorlage für jene, die antisemitische Klischees, Ressentiments und Vorurteile hegen. Er schürt negative Gefühle gegenüber Juden, und solche Ressentiments haben eine lange Tradition.
Der Begriff „Jude“ fällt im gesamten Gedicht nicht ein einziges Mal. Grass schreibt über Israel, das den Weltfrieden bedrohe. Er verkehrt dabei Ursache und Wirkung, wenn er den eigentlichen Aggressor, den iranischen Staatspräsidenten, verniedlichend als bloßen „Maulhelden“ bezeichnet. Ob der Schriftsteller nun bewusst oder unbewusst in Form einer „Umwegkommunikation“ (Bergmann/Erb) mit Israel auch „die Juden“ meint, bleibt dahingestellt. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern Europas steht Israel aber heute nicht selten stellvertretend für „die Juden“. Damit eröffnen sich Möglichkeiten, das anti-antisemitische Tabu im öffentlichen Diskurs zu durchbrechen.
Antisemitismus ist eine negative Haltung gegenüber Juden, die sich bis zum Hass steigern kann; sie kann religiöse, soziale, politische, nationalistische, rassistische und antizionistische Hintergründe haben. Der Antijudaismus, die religiös begründete Judenfeindschaft, ist heute meist auf sektiererische religiöse Randgruppen beschränkt. Auch klassische rassistische Formen finden sich im Wesentlichen nur noch in einigen rechtsextremen Gruppierungen. Heute handelt es sich eher um einen kulturalistisch-rassistischen Antisemitismus, der kulturelle Unterschiede hervorhebt – diese Wendung macht ihn unverdächtig, und Ressentiments lassen sich vermeintlich offener äußern („Juden passen einfach nicht zu uns“).
Der sekundäre Antisemitismus, der sich aus Schuld- und Schamgefühlen und einer Verdrängung der Verantwortung für den Genozid an den europäischen Juden speist, sowie der Antizionismus, verstanden als antisemitische Israelkritik, sind heute die beiden dominierenden Ausdrucksformen judenfeindlicher Haltungen. Sie richten sich nicht nur selten gegen Individuen, sondern sind geprägt von der Vorstellung eines „jüdischen Kollektivs“, das den Juden Macht in allen Bereichen zuschreibt. In der Regel bleiben solche judenfeindlichen Dispositionen latent, das heißt, sie werden allenfalls unterschwellig und in subtiler Weise nach außen getragen. Manifester Antisemitismus, also jene Formen, die in tätliche oder verbale Übergriffe auf Juden oder jüdische Institutionen münden, finden sich heute im rechtsextremen und islamistischen Spektrum.
Ständige Erinnerung
Der „sekundäre Antisemitismus“, also der Antisemitismus wegen Auschwitz, ist eng mit dem Holocaust und der Erinnerung daran verknüpft und gipfelt in einer Schuldprojektion auf „die Juden“. Juden erinnern die Deutschen angeblich ständig an die NS-Verbrechen. Diese Form des Antisemitismus wird in aktuellen Debatten auch auf Israel übertragen und ist inzwischen in vielen europäischen Ländern aktuell, etwa wenn ein jüdischer Opferstatus abgelehnt und daraus folgend das Existenzrecht des Staates Israel bestritten wird. Die Holocaust-Leugnung ist die extremste Form des sekundären Antisemitismus. Auch sie wird heute gegen Israel verwendet. Indem der Holocaust in Abrede gestellt oder als „Mythos“ bezeichnet wird, wird eine der zentralen Gründungsvoraussetzungen des Staates Israel konterkariert. Dieser sekundäre Antisemitismus, über den sich die internationale rechtsextreme Szene vernetzt, spielt auch eine zentrale Rolle in der Propaganda radikaler Islamisten.
Die Verweigerung einer Auseinandersetzung mit dem Holocaust geht häufig einher mit der Unterstellung, Juden zögen Vorteile aus der Vergangenheit, weil sie angeblich Druck auf Regierungen – wie der USA oder Deutschlands – ausübten. Auch Günter Grass spielt in seinem „Gedicht“ mit solchen Vorstellungen, wenn er schreibt, die U-Boot-Lieferung der Bundesregierung sei „mit flinker Lippe als Wiedergutmachungen deklariert“ worden. Ferner hebt er darauf ab, dass seine Herkunft und der „nie zu tilgende Makel“, mit dem Deutschland behaftet sei, ihm bisher verboten hätten, zu sagen, „was gesagt werden muss“. Implizit unterstellt er hier ein Tabu, Israel zu kritisieren.
Eine solche Meinung ist weitverbreitet, ist aber bar jeglicher Realität. Im Gegenteil, Kritik an der Politik der israelischen Regierung oder dem Vorgehen des israelischen Militärs in den Palästinensergebieten gehört zur Normalität in den deutschen Medien. Bisweilen hat man gar den Eindruck, Israel und der Konflikt im Nahen Osten seien der einzige Krisenherd in der Welt. Im Übrigen ist in Israel selbst Kritik nicht nur in der Presse, sondern auch in der Bevölkerung an der Tagesordnung.
Die häufige Unterstellung, wir hätten es mit einem Tabu zu tun, in das uns eine vermeintlich jüdische Lobby treibe, gehört in den Kanon antisemitischer Muster, der sich jahrhundertealter Weltverschwörungstheorien bedient. Sie will uns glauben machen, es gebe ein „Weltjudentum“, das die Fäden in der Hand halte und nicht nur die Politik, sondern auch die Medien beherrsche.
Der anti-antisemitische Diskurs in der Öffentlichkeit droht allmählich aufzuweichen. Dazu trägt die Präsenz des Nahostkonflikts in den Medien bei, aber auch linke Diskurse mit einer zum Teil unwidersprochen einseitig pro-palästinensischen Haltung. Diese schlägt sich in mancher Berichterstattung nieder, insbesondere aber in der Bildsprache einiger Illustrationen von ansonsten seriösen Artikeln. Insofern spiegelt sich in dem Grass-Gedicht das, was wir in den letzten Jahren – spätestens seit Beginn der zweiten Intifada im Herbst 2000 – beobachten können.
Noch einmal: Es geht hier nicht um legitime Kritik an einer Regierung oder deren Politik, sondern um Grenzüberschreitungen hin zu antisemitischen Stereotypen, seien es auch nur Versatzstücke. Eine solche Grenze wird überschritten, wenn israelische Politik oder das Vorgehen der israelischen Streitkräfte mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung und dem Holocaust gleichgesetzt werden.
Eine Umfrage von 2008 zeigt, dass mindestens 40 Prozent der Deutschen der Aussage ganz oder teilweise zustimmen, Israel mache dasselbe mit den Palästinensern wie die Nationalsozialisten einst mit den Juden, und damit einer Täter-Opfer-Umkehr das Wort reden. Noch höhere Werte ergeben sich bei der Aussage: „Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser“ (2010: 57,3 Prozent). Die Grenzlinie zwischen legitimer Kritik und Antisemitismus/Antizionismus wird auch dann überschritten, wenn das Existenzrecht des Staates infrage gestellt oder gar negiert wird und Juden anderer Länder in einer Art Stellvertreterfunktion für diese Politik verantwortlich gemacht werden. Letzteres spiegelt sich in der Aussage „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat“, der 2010 etwas über 38 Prozent der Deutschen ganz oder teilweise zustimmten. Auch wenn diese Werte seit 2004 zurückgegangen sind, so haben sie sich doch auf einem höheren Niveau im Vergleich zu den neunziger Jahren eingependelt. Nicht immer sind Aussagen und Meinungen, die in diese Richtung gehen, antisemitisch. Häufig bewegen sie sich in einer Grauzone, in der es abzuwägen gilt, wer was und zu welchem Zweck sagt.
Unterschwellig und subtil
Günter Grass spricht als Replik auf seine Kritiker davon, es sei eine gewisse „Gleichschaltung der Meinung“ zu beobachten. Damit lässt er nicht nur anklingen, es gebe eine geheime Macht (die Juden oder Israel?), die dies veranlasse. Er steht damit auch in einer langen Tradition derer, die schon in den siebziger Jahren während der kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten Begriffe aus der nationalsozialistischen Terminologie verwendeten, um Israel zu diskreditieren und zum alleinigen Aggressor zu stilisieren. Bereits damals kursierten Begriffe wie „Blitzkrieg“ oder „Vernichtungskrieg“, sie kamen meist aus dem linken politischen Spektrum und galten Israel, das als „faschistischer“ Staat bezeichnet wurde. Die abstruse Vorstellung, Israel wolle den Iran „auslöschen“ (Grass), tendiert genau in diese Richtung.
Stehen antisemitische Vorurteile, Klischees und Ressentiments nicht in direktem Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust, werden diese also unterschwellig oder in subtileren Formen geäußert, werden sie heute häufig nicht als solche wahrgenommen, und jene, die sich ihrer bedienen, weisen jegliche Anlehnung an mögliche antisemitische Muster weit von sich. Ob aus Unwissenheit oder aus bewusst verweigerter Auseinandersetzung mit dem Phänomen –, über Generationen tradierte antijüdische Vorurteile schleichen sich auf diese Weise immer wieder in den öffentlichen Diskurs ein.
Juliane Wetzel ist Wissenschaftlerin am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin und Mitglied des Expertenkreises Antisemitismus des Deutschen Bundestages
Kommentare 27
Wow... Frau Wetzel, wo haben Sie denn Studiert?
Ist der Literaturnobelpreisträger also ein Antisemit? Wir wissen es nicht, niemand hat seine Weltanschauung geprüft. Es ist auch unerheblich. Zweifellos sind Grass’ Einlassungen jedoch eine Vorlage für jene, die antisemitische Klischees, Ressentiments und Vorurteile hegen. Er schürt negative Gefühle gegenüber Juden, und solche Ressentiments haben eine lange Tradition.
Das ist eben nicht egal.
Das Sie wissen wie man das Wort Subtil buchstabiert und hinschreiben kann und was es in etwa bedeuteten mag, heisst leider nicht im geringsten, dass Sie in der Lage waren, die Gewichtlegung auf die eigentliche Botschaft des Herrn Grass zu bewerkstelligen. Leider, leider, ist der Artikel extrem einseitig ausgefallen und nimmt auch noch Milionen von Menschen in Geissel, die Israel in diesem Fall zu recht kritisieren und auf Israels unrechtmässig erworbenem atomarem Arsenal hinweisen. Das ist billige Propaganda für Regierungen.
In ihrem Fall sind die iranischen Bürger, Opfer zweiter Klasse, während israelische Bürger, Opfer erster Klasse darstellen. Dabei ist Ihnen wohl entgangen, dass Opfer nur Opfer sein können. Das meinen Sie auch noch im Erst. Wenn solcherlei Wissenschaftler auch noch für die Bundesregierung arbeiten, ist Hopfen und Malz verloren. Was hier klar zum Vorschein kommt, ist einzig und allein, dass Sie sich zum Erfüllungsgehilfin gemacht haben und billigend in Kauf nehmen, eine Legitimation für den Präventiv/Erstschlag zu konstruieren und auch noch die gesamte Region um Iran atomar zu verseuchen. Sie haben sämtliche Grenzen der Scham verlassen. Vor Unbildung helfen auch keine Uniabschlüsse, welcher Art auch immer.
Hauptsache, sie sitzen mit Ihrem Hintern in Sicherheit und kassieren weiter Geld für schlechte Arbeitsleistungen.
Tja, was soll ein dF-Leser noch dazu sagen. Frau Wetzel, eine der deutschen Koryphäen auf dem Gebiet des „Soft antisemitsm“, des so genannten „sekundären Antisemitismus“, fällt nun ihr Urteil. - Oder doch nicht?
„Ist der Literaturnobelpreisträger also ein Antisemit? Wir wissen es nicht, niemand hat seine Weltanschauung geprüft. Es ist auch unerheblich.“ - Das kann nicht sein, dass diese Frage unerheblich ist! Denn so hingeschrieben, bleibt die Sentenz ein altes rhetorisches Stilmittel aus dem Schatzkästlein jedes besseren und schlechteren Demagogen. Auch wenn Frau Wetzels Stimme noch so weich säuselte, nötigt es der Autorin keine Stellungnahme ab, die sie aber trotzdem trifft. Das ist in diesem Falle besonders verwerflich.
Das Prinzip beruht genau auf jenem Muster, von dem Frau Wetzel behauptet, sie wolle es grundsätzlich kritisieren. Nämlich aus Opfern Täter zu machen, ohne sich dabei die Hände zu beschmutzen.
Daher geht es nun weiter: „ Zweifellos sind Grass’ Einlassungen jedoch eine Vorlage für jene, die antisemitische Klischees, Ressentiments und Vorurteile hegen.“ - Das ist so ziemlich die klassische Argumentation bei jeder P.c.-Diskussion: >>Du bist es vielleicht nicht (s.o.). Du Grass, bist vielleicht kein Antisemit, ich habe deine „Weltanschauung“ ja noch nicht „geprüft“. Die Antisemiten aber, die ich gut kenne, die freuen sich „zweifellos“.
Hat der Schriftsteller bewusst die „Umwegkommunikation“ gewählt, dann ist er, der Prozess dazu, folgten wir Frau Wetzels, hat gerade erst begonnen, doch Antisemit, wenngleich nur „sekundär“ und wenn er es „unbewusst“ (sie meint vorbewusst, weil es sich um das Vorurteil handelt und nicht aus einer Triebstruktur stammt) tat, dann ist es genau so.
Es bleibt alles „dahingestellt“ zu dem einzigen Zweck, dass man nicht offen sagen möchte was man, in diesem Falle Frau, wirklich denkt.
Grass hat, so Frau Wetzel, zwar in seinem Gedicht nicht einmal von Juden gesprochen. Aber ihr ist immer noch evident, dass er keine Unterschiede machen würde zwischen dem Staat Israel, seiner Regierung und der Staatsbevölkerung und den Juden, die sich überall in der Welt und in Israel aufhalten. - Dabei trifft das sogar für den Unrechtsstaat Iran und seine derzeitige Regierung, samt dunklem Hintergrund zu. Sie machen Unterschiede!
„Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern Europas steht Israel aber heute nicht selten stellvertretend für „die Juden“.“ - Der Trend, das müsste Frau Wetzel eigentlich wissen, geht genau in die Gegenrichtung. Es wird durchaus viel genauer zwischen Juden und dem Staat Israel unterschieden, und das tun mittlerweile auch viele jüdische Menschen, in Israel und in der ganzen Welt, nicht zuletzt in unserem Land.
Entweder also, hat Grass absichtlich Israel geschrieben und eben nichts von „den Juden“, oder aber, hinter diesen neuen Jagdmethoden nach „sekundären Antisemiten“ steckt ein gehöriges Stück Willen zur Verblendung und auch eine gehörige Portion an Willen abzuurteilen. In dieser Art „Wissenschaft“ liegen Abgründe der Meinungsjagd, die am Ende, wenn man das Vorgehen durchdenkt, in haltlosen Etikettierungen enden, und im ganzen Gemauschel ums Sekundäre, beliebigen Verdächten Tür und Tor öffnen. Das ist schädlich für die offene Gesellschaft, auch wenn es so effektheischend in jede Aufregerdiskussion passt.
Daher geht es auch gleich weiter, denn jetzt kommen die Definitionssätze:
„Heute handelt es sich eher um einen kulturalistisch-rassistischen Antisemitismus, der kulturelle Unterschiede hervorhebt – diese Wendung macht ihn unverdächtig, und Ressentiments lassen sich vermeintlich offener äußern („Juden passen einfach nicht zu uns“).“ - Hat dafür Grass auch nur ein Wort verfasst, welches den wenigen Durchgeknallten hierzulande Munition lieferte? Nein!
„Der sekundäre Antisemitismus, der sich aus Schuld- und Schamgefühlen und einer Verdrängung der Verantwortung für den Genozid an den europäischen Juden speist, sowie der Antizionismus, verstanden als antisemitische Israelkritik, sind heute die beiden dominierenden Ausdrucksformen judenfeindlicher Haltungen.“ - Frau Wetzel meint damit, den heutigen „sekundären Antisemitismus“, einmal klebend an der Generation der sehr Alten, die Schuld und Scham verarbeiteten, ohne je frei zu werden, weil sie weiterhin ihre Vorurteile nicht erkannten und ablegten, und jene, -J,a wen wohl?-, jugendlicheren Geburtsdatums, die angeblich die Verantwortung unseres Landes aus seiner Geschichte von sich weisen.
Wo geschieht das, wer will das, wo sind die Massen die das so sehen und täglich in die Welt posaunen?
Ist es schon verantwortungslos die kontinuierlich fortgesetzte Landnahme Israels eine große Ungerechtigkeit und einen schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts zu nennen? Ist es schon „sekundär antisemitisch“, die Handlungen der israelischen Regierung als aggressiv und auch menschenfeindlich, gegenüber ihren zukünftigen Nachbarn, die derzeit zum überwiegenden Teil nur der Willkür der Besatzung ausgeliefert sind, zu bezeichnen? Ist es „sekundär antisemitisch“, wenn die Drohung mit einem Präventivschlag, wogegen auch immer, als Androhung eines Rechtsbruchs gesehen wird?
„In der Regel bleiben solche judenfeindlichen Dispositionen latent, das heißt, sie werden allenfalls unterschwellig und in subtiler Weise nach außen getragen.“ - Man möchte doch gerne wissen, was aus einer Kritik, aus einer „Wissenschaft“ und aus dem Intellekt werden kann, wenn sich Menschen mit solcher Expertise erst einmal auf die Suche nach den „Latenzen“ machen und was sie damit anrichten, wenn sie solche Schildchen ihrer Funde dann an die Haustüren kleben. - Das klingt nicht aufgeklärt, offen, die Dinge beim Namen nennend. Das klingt ganz argumentlos, wie der Nukleus einer jeden Theorie der Denunziation, die nämlich genau so strukturiert vorgeht.
Wie das genau funktioniert, hat Umberto Eco erst jüngst in „Der Friedhof in Prag“ beipielhaft ausgeführt. - Es bleibt eine perverse und böse Methode, auch wenn man sie zu einem vermeintlich guten Zweck, nämlich uns Deutsche vor einem Wiedererstarken des Antisemitismus bewahren zu wollen, einsetzt.
II
Um nun den Kurs in ein mehr konsensuales Fahrwasser zu lenken, folgen nun zwei Absätze die sich gar nicht mit dem behaupteten „sekundärem Antisemitismus“, sondern mit jenen primären Ausdrucksformen des realen Antisemitismus beschäftigten: Wer den Holocaust, die Shoah, leugnet, der ist Antisemit. Wer von der jüdischen Weltrevolution oder dem Weltjudentum faselt, der ist Antisemit. Da gibt es kein Vertun.
Hat aber, wie dann wieder angedeutet wird, Günter Grass den Holocaust geleugnet oder die „Verweigerung einer Auseinandersetzung mit dem Holocaust“ je propagiert, ist ihr gar selbst ausgewichen? Spricht er tatsächlich von einem Vorteil Israels aufgrund der Verbrechen? - „Die Verweigerung einer Auseinandersetzung mit dem Holocaust geht häufig einher mit der Unterstellung, Juden zögen Vorteile aus der Vergangenheit, weil sie angeblich Druck auf Regierungen – wie der USA oder Deutschlands – ausübten. Auch Günter Grass spielt in seinem „Gedicht“ mit solchen Vorstellungen, wenn er schreibt, die U-Boot-Lieferung der Bundesregierung sei „mit flinker Lippe als Wiedergutmachungen deklariert“ worden.“ - Nein! Der Teilsatz Grass´ bezieht sich auf die Haltungen verschiedener deutscher Regierungen, Waffenverkäufe als Wiedergutmachung zu begreifen. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied!
Jetzt kommen wir zum Kern der langen Vorrede, zu dem eigentlichen Vorwurf unserer Autorin. Es ist ganz einfach und schmerzlos das Gefühl Frau Wetzels, die den öffentlichen Diskurs nur umgekehrt aufzäumen möchte, wie der allseits attackierte Grass:
„Der anti-antisemitische Diskurs in der Öffentlichkeit droht allmählich aufzuweichen. Dazu trägt die Präsenz des Nahostkonflikts in den Medien bei, aber auch linke Diskurse mit einer zum Teil unwidersprochen einseitig pro-palästinensischen Haltung.“ - Schuld daran sind gewisse Linke, wohlweislich nicht mit Namen genannt und gewisse Medien! Darum ging es. - Ein Armutszeugnis der Erkenntnis- und Diskursfähigkeit, kann ich da nur sagen, egal wie lange jemand auf „sekundären Antisemitismus“ hinforschte.
Die Quintessenz gibt’s dann zum Abschluss. - Es ist eine recht unverhohlene Aufforderung an Medien und Gesellschaft, sich der Suche, Aufdeckung und Bekämpfung des „sekundären Antismitismus“ zu widmen.
Ich sage, ein eher zu fürchtendes P.c.- Programm wird da sichtbar, das einen ganzen öffentlichen Diskurs weg brächte von der Lösung realer politischer Probleme, hin zu einer neuartigen „Meinungs- und Gewissensforschung“ im „sekundären“ und vielleicht bald auch „tertiären Antisemitismus“.
„Stehen antisemitische Vorurteile, Klischees und Ressentiments nicht in direktem Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust, werden diese also unterschwellig oder in subtileren Formen geäußert, werden sie heute häufig nicht als solche wahrgenommen,....“
Als ob wir derzeit in unserer Gesellschaft nicht viel größere Sorgen haben müssten, erst einmal die gefährlichen, ganz primären Rechten und die primären Antisemiten unter uns, entweder in den Knast zu bringen, oder zumindest konsequent zu delegitimieren, wo sie auch nur auftreten.
Derzeit dürfen sie noch allzu oft durch unser Land marschieren, Leute verprügeln, die sich ihnen in den Weg stellen, überall Symbole schmieren und Andersdenkende bedrohen. Da gibt es reichlich zu tun, und es gilt die Gesetze konsequent anzuwenden. Da kann Zivilcourage durchaus bewiesen werden, anstatt nun im Trüben zu fischen und mit einer schlecht durchdachten Kritik erneut Verdächtigungszusammenhänge salonfähig zu machen.
Diesen Meinungsklitter kennen wir doch allzu gut, weil er nun wirklich eine der übleren Seiten der glorreichen „68er- Revolution“ und ihrer Widersacher war.
Christoph Leusch
Oh... zur Waffenlieferung äussert sich jetzt auch Helmut Schmidt. Na so was, im Spiegel und nicht in der Zeit? Aber in Fall ist es nun wirklich egal, meinen Sie nicht auch Frau Wetzel?
www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,828951,00.html
Ein echter Leusch - gut zu lesen.
Ich frage mich aber, ob Grass, sollte er es sich antun, diesen Artikel zu lesen, nicht einfach und kurz denkt: q.e.d.
ob primärer, sekundärer oder tertiärer antisemitismus;
mir fallen zu dieser diskussion spontan zwei autoren ein, die ich hier anführen möchte:
hannah arendt - zionism reconsidered aus dem jahr 1945
arendt konstatierte "... eine wachsende Belagerungsmentalität bei amerikanischen und palästinensischen Juden: Wir gegen die feindliche Welt. Sie fürchtete die Konsequenzen eines rassistischen jüdischen Chauvinismus im zeitgenössischen zionistischen Verständnis von „Israels Mission“: Der Soldat als der „neue Jude“. Diese Entwicklungen waren für sie nicht durch die deutsch-jüdische Katastrophe gerechtfertigt, die vielmehr nach einer neuen Perspektive auf alte Konflikte und Dilemmata verlangte. Nur durch Emanzipation von der Vergangenheit – was keinesfalls Vergessen bedeutet – könnten Juden lernen, als ein Volk unter anderen zu leben und damit eine Zukunft zu haben. Das Festhalten an einer einzigartigen und damit auf einzigartige Weise bedeutsamen jüdischen Geschichte, kulminierend im Erinnerungsdiskurs des Holocaust, würde diesem Lernprozess auf irreparable Weise schaden..."
www.oeko-net.de/kommune/kommune07-02/dbarnouw.htm
wie aktuell die worte hannah arendt`s auch heute noch sind, zeigt sich u.a. in dem buch von
avraham burg - hitler besiegen aus dem jahr 2007
klappentext des buches:
"Avraham Burg spricht aus, was viele in Israel empfinden: Der jüdische Staat ist besessen vom Misstrauen - gegen sich selbst, seine Nachbarn und die Welt um sich herum. Der Holocaust wird als ultimatives Trauma vereinnahmt, um israelisches Unrecht zu legitimieren. Burg kritisiert sein Land als militaristisch, fremdenfeindlich und anfällig für Extremismus. So wird der Weg zu einem Frieden im Nahen Osten immer wieder verbaut. Trotz der großen Bedeutung des Erinnerns an die Opfer ist es Zeit, dass Israelis, Juden und die westliche Welt - allen voran Deutschland - das Trauma des Holocaust überwinden und Israel zu einem neuen Selbstverständnis findet, das auf Freiheit und Demokratie beruht."
es wundert sicher niemanden, dass beiden autoren antisemitismus oder jüdischer selbsthass unterstellt wird.
mklingma schrieb am 22.04.2012 um 21:07
Sehe ich auch so, oder sollte Herr Augstein dann persönlich fein raus sein und der Spiegel gleich mit ihm? wegen seiner SPON Kolumne?
Natürlich wollen wir hoffen, dass so etwas schreckliches niemals eintreten möge.
das brueckenkarma schrieb am 22.04.2012 um 21:58
DANKE.
"Der sekundäre Antisemitismus, der sich aus Schuld- und Schamgefühlen und einer Verdrängung der Verantwortung für den Genozid an den europäischen Juden speist, sowie der Antizionismus, verstanden als antisemitische Israelkritik, sind heute die beiden dominierenden Ausdrucksformen judenfeindlicher Haltungen. "
Das wusste ich nicht, dass das alles so sekundär ist.
Ich wusste auch nicht, dass Antizionismus als judenfeindlich verstanden und eingeordnet wird. Damit ist den Kritikern einiges schon mal aus der Hand geschlagen. Und so geht das munter fort.
Grass hat sich nach der Veröffentlichung seines Textes noch einmal etwas präziser ausgedrückt und betont, dass er mit seiner Kritik weder Israel, noch „die Israelis“ und auch nicht „die Juden“ treffen wolle, sondern die Israelische Regierung - die Entscheider. Und das kann man auch eindeutig aus seinem Text herauslesen. Seltsam dass diese allseits bekannte Information im Artikel keine Berücksichtigung fand und spekuliert wird, ob er da nicht doch „die Juden“ meinen könnte, die den Weltfrieden bedrohen würden.
Auch bemerkenswert, dass die Kriegsdrohungen und -Vorbereitungen der israelischen Entscheider gegenüber dem Iran anscheinend als nicht bedrohlich empfunden werden, und vermittelt wird, der Iran würde eine große akute Gefahr für Israel darstellen – der Aggressor sein und ein Krieg daher irgendwie gerechtfertigt.
Grass hatte nichts weiter im Sinn, als vor einer realen Kriegsgefahr zu warnen. Und er hatte bislang nicht den Mut, seine Kritik an der Israelischen Politik offen auszusprechen, weil er das befürchtete, was er nach der Veröffentlichung seines Textes nun tatsächlich erleben muss.
Die meisten Journalisten haben sich leider um die Kernbotschaft des Grass-Textes herumgedrückt – ein Trauerspiel der hiesigen Medien.
Je länger ich die Debatten verfolge und je mehr ich mir die Grass-Kritiker ansehe, desto weniger wird es mich in Zukunft stören, wenn man mich wegen meiner Kritik an Israel als Antisemitin verunglimpft. Vielleicht sollten wir alle uns überlegen, ob nicht das Ducken unter diesem Vorwurf unser eigener Fehler ist. Also, Frau Wentzel: so what?
Da kommt nur noch barbarisches gebaren, aus den zivilisierten Ländern? Was ist los? Einfach nur noch ekelhaft, aber auch sehr leicht zu durchschauen. Wer soll denn noch auf so ein Schund hereinfallen?
Frau Wetzel, Ihr Wissenschaftsdiplom ist nullkommanichts Wert. Hier können Sie nachlesen wie Erkenntnisgewinnung geht (frei zur Verfügung im Lesesaal). Nicht mal Sie, sollten irgendwann als unwissende sterben.
integralesforum.org/index.php?id=209=http
Ich schlage vor, dass all jene, die lieber Frauen als männliche Experten für Frauenfeindlichkeit über Frauenfeindlichkeit befragen, die lieber Immigranten als deutsche Wissenschaftler über Fremdenfeindlichkeit anhören, sich von Juden sagen lassen, ob und wie sie Antisemitismus erfahren, und zwar von solchen, die gegenüber Netanjahu die gleiche Souveränität haben wie die amerikanischen Gegner des Irak-Kriegs gegen George W. Bush oder russische Demokraten gegenüber Putin.
Jedenfalls höre ich mir, was Sie zu erzählen haben, lieber an als die Ergüsse eines Wessis, der sich sein Geld damit verdient, dass er mir die Ossis - also Sir zum Beispiel - erklärt. Ist das so abwegig?
gerhard monsees schrieb am 23.04.2012 um 11:57
Sie Selbst sind vollkommen wirr und projizieren diese offensichtliche Tatsache auf andere. Wenn Sie sich mit Anti/Semitismus befassen wollen, dann schauen Sie zur NSU oder NPD oder DieFreiheit oder so weiter.Da haben Sie dann genug zu tun. Sie wollen aber lieber der israelischen Regierung helfen, einen neuen Krieg anzuzetteln und rücken dafür die iranischen Bürger in Gefahr. Israel muss erstmal die jahrelangen Probleme vor der eigenen Türe lösen. Davon soll jetzt aber abgelenkt werden und vor allem vor der ganzen Welt, der Präventiverstschlag eingeführt werden. Solche Typen wie Sie, Broder, Frau Wetzel sind offensichtlich willige Helfer dabei. Dann haben Sie doch auch den Arsch in der Hose und sagen das ganz offen gradeaus heraus. Subtile Lügen und Unterstellungen, sind und bleiben, dass was sie sind. Das ist bösartig, fies und gemein, niederträchtig, verlogen, krank.
Der skundäre Antisemitismus ist der, den man jedem anhängen kann, der die derzeitige Regierung Israels kritisiert und kann demzufolge auch Ilan Pappe nachgesagt werden.
Sorry sollte heißen: Der sekundäre...
Lieber Hardob,
Ich nutze ihren Kommentar, -es sind so viele weitere gute hier im Thread eingestellt worden-, um ein paar Dinge hoffentlich noch deutlicher zu sagen, um dann noch auf, in meinen Augen bedenkliche Haltungen einzugehen, die sich aus der Kritik an Frau Wetzels Vorgehen ergeben könnten.
In der Causa Grass schält sich wohl langsam doch die Erkenntnis heraus, dass entlang dieses nicht besonders guten, vielleicht völlig unliteratischen (Müller), Prosagedichtes, entlang der Vita Grass´ und des wahrhaft nobelwürdigen Werkes, das nicht nur aus einer akzeptierten Trilogie (auf P.c. nun endlich, nach Jahrzehnten überprüft und genehmigt als kanonisch, zu seiner Zeit Schweinigelei und rättische Unverschämtheit) besteht, nicht eine Zeile Antisemitismus zu finden ist (Aber Antisemiten und Antisemitismus, wie Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile, werden mit den Mitteln dieser Literatur meisterlich beschrieben).
Das finde ich erst einmal sehr wichtig als Feststellung und Positionierung, weil ein schwerer Vorwurf der in diese Richtung geäußert oder in der Schwebe gehalten werden kann, der Denunziation und dem allgemeinen Verdacht Tür und Tor öffnete. - Polemik ist heute eines der medialen Lieblingskinder (Sonst wird man ja glatt überhört und überlesen) und die so verteilten „Etiketten“ lassen sich schnell kleben und nur schwer wieder ablösen. Irgend ein besonders hartgesottener Polemiker kocht damit immer sein Süppchen. - Diese Leute dürfen aber im öffentlichen Diskurs niemals siegen.
Wie Sie, Hardob, mache ich mir aber Sorgen um den ganz alltäglichen, realen, z.B. hier in meiner Heimat Rheinhessen jeden Monat auffälligen, (primären) Antisemitismus.
Der ist nicht subtil, nicht schwebend und auch nicht differenziert, sondern brutal einfach. Aber auch „Die Protokolle der Weisen von Zion“ sind ja nicht nur Fälschungen durch und durch, sondern, viel schlimmer noch, genau so simpel und undifferenziert zusammengepanscht, eindeutig antisemitisch, wie die Schmierereien an den Hauswänden. Daher kann Umberto Eco an ihnen abhandeln, wie Plumpheit und Dreistigkeit ausreichen, sie fortzupflanzen. Es gibt wahrhaftig keinen feinen Antisemitismus, es gibt auch keinen sublimen Antisemitismus und keinen Antisemitismus um zwei Ecken.
Grabsteine werden beschmiert und beschädigt, die neuen Synagogen werden wie die alten angegriffen, Symbole auf Laternenmasten, Schaltkästen und Hauswände gesprüht, es gibt immer noch Fans des Rudolf Hess und gar jenes Verderbnisführers Adolf Hitler, der exemplarisch aufzeigte, dass es schon einen sicheren Weg in den Untergang bedeutet, überhaupt einzelnen Persönlichkeiten so viel Einfluß und Macht zu geben. Es zeigen sich Leute mit leicht veränderten Symbolen, mit einer ganz eigenen, ziemlich dummen Zahlensymbolik, und spezieller Kleidung, die an die Nazis und ihre Ideologie erinnern. Das ist nie sublim, sekundär, sondern einfach und klar, alltägliche Unerträglichkeit.
Noch viel schlimmer aber ist, dass die Haltungen, die darin zum Ausdruck kommen, frei flottierend, auch auf andere Gruppen ausgedehnt werden.
Auch das ist mittlerweile Alltag, also primär, und trifft hier unterschiedslos jeden, der anders aussieht, anders gekleidet ist und ein paar andere Gewohnheiten an den Tag legt, z.B. keinen Wein oder kein Bier auf dem Fest mittrinkt und nicht mitsingen möchte. 67 Jahre nach dem Kriegsende bleibt eine zähe und dunkle Ursuppe an Vorurteilen und Ressentiments übrig. - Mein Verstand sagt mir, es gibt diese Ursuppe in jeder Gesellschaft, bei jeder Nation und jedem Volk, gerade auch in Israel, einem Land in dem der Überlegenheitsgestus und die Verachtung gegenüber den arabischen und palästinensischen Nachbarn durchaus Konjunktur hat und im Alltag als tägliches Brot in den Schikanen der unzähligen Kontrollen und ihrer Amtswalter auffällt. - Aber meine Gefühle rebellieren dagegen, dass dies auf deutschem und europäischen Boden, oder aber in Israel, immer noch eine Münze sein kann mit der man Politik machen kann.
Allerdings bedeutet das Tabu, Israel wegen einer wirklich unerträglichen Politik zu kritisieren, das Tabu, auch den Palästinensern die nötige politische Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie überhaupt noch eine Chance haben als gleichberechtigter Partner in einen Vertrag mit Israel eintreten können, eine große Gefahr.
Gleiches gilt für die leidige Diskussion um das iranische Atomprogramm, bei dem keine Aufrichtigkeit herrscht, wenn man nicht zumindest anerkennt, dass der Iran keine A-Waffen hat und derzeit auch keine baut. Das schließt nicht aus, dem Iran eindrücklich die anderen Fakten vorzuhalten: Dass nämlich mehrfach gegen die Bestimmungen des Nichtverbreitungsvertrags verstoßen wurde, Verbunkerung kein Vertrauensbeweis ist und eine „Atom-Forschung“, die ein Sackgassengebiet bearbeitet, dessen einziger bekannter verwertbarer Zweck der mögliche Bombenbau ist, nämlich höher anzureichern, kein Vertrauen schafft. Schon aus diesen Gründen müssen also bessere Kontrollen möglich sein.
Es gibt bisher auch keine nennenswerten Versuche, die Ratschläge der Elder Statesmen und die Vorschläge zu einer größeren atomwaffenfreien Zone in diesen Räumen, die ja auch eine Abrüstung bei den Trägersystemen mit Reichweite umfassen würde, massiv diplomatisch anzugehen. Es wird gewurstelt und weiterhin beiderseits verdächtigt. Israel und der Iran müssen sich schon den Vorwurf gefallen lassen, seit einigen Jahren eine „Krieg- in- Sicht- Rhetorik“ zu pflegen, die ihnen innenpolitisch erlaubt, einfach mit der schlechten Politik immer weiter zu machen.
II
Was ich allerdings entschieden ablehne, das ist nun der Umkehrschluss, nur weil Frau Wetzel mit Grass als Beispiel und in der Art ihrer Argumentation, einer Verdächtigungskultur das Wort redete, nun die Antisemitismusforschung oder z.B. die Forschungen zu Vorurteilen, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit anzugreifen, oder z.B. Arbeitsprojekte gegen Antisemitismus für unnötig zu halten. Ganz im Gegenteil!
Diese Untersuchungen sind nötig, um die primären Antisemiten nie in Ruhe zu lassen. Die Forschung ist nötig, um in den Regionen etwas gegen Antisemiten und Fremdenfeinde zu tun. Strukturen mit Experten werden dringlich gebraucht das zu organisieren. Sie sind z.B. auch nötig, um Informationen zur Infrastruktur und zur Vorgehensweise der Rekrutierung der extremen Rechten zu gewinnen. Das sind alles Gebiete auf denen sich doch, entlang der NSU-Täter und anderer Fälle, sich ein erschreckender Mangel an Kenntnissen zeigt und klar wird, wie wenig eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die Behörden und die Politik an harten Fakten wissen.
Völlig irre ist es daher, die Antisemitismusforschung zu beschneiden oder aber, wie geschehen, Jugendprojekten und Kulturprojekten gegen Rechts die Mittel zu kürzen oder ihnen überhaupt Mittel zu verweigern, wenn sie dafür keine Konformitätserklärung unterschreiben. Das ist doch der Gewissenprüfungsstaat den wir überwinden wollen. Entzug von Mitteln kann es nur geben, wenn sie zweckentfremdet eingesetzt werden oder wenn sich Initiativen mit ihren Handlungen als nicht förderbar erweisen.
Vor diesem ganzen Hintergrund ist aber diese ewige Anfälligkeit für Verdächtigungszusammenhänge im Stile von sekundärem oder „weichem“ Antisemitismus nicht nur unproduktiv, sondern unter Umständen sogar selbst eine Methode, die zahleiche Opfer schafft.
Zudem bietet eine solche Ausdehnung der Begrifflichkeiten, die ja mit Tabus verbunden sein sollen, sogar eine willkommene Einladung für die wirklichen Rechtsradikalen und die stinknormalen Antisemiten, sich mit Pseudoallianzen zu schmücken: „Seht, der Grass ist auch ein bisschen einer von uns. Ein bisschen, das ist die Perfidie der polemischen Sprache und unserer mittlerweile eingetretenen, stillschweigenden Übereinkunft zu ihrem Gebauch, „Grass mit SS“.
Beste Grüße
Christoph Leusch
ad gerhard monsees schrieb am 23.04.2012 um 10:58
Herr Monsees, Sie erwähnen mich.
Daher bitte ich Sie um ein paar Argumente, die belegen ich verbreitete hier Konfusion.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Leusch
Lieber Hardob,
Herr von Grote hat mir zwar bis heute noch nicht erklärt, wie das mit der Paranoia der Juden in der Diaspora sein soll.
Aber vielleicht tröstet Sie in diesem aktuellen Zusammenhang, dass unser aktueller Schriftsteller No.1 auf dem P.c.-Index, jener also unter dem Verdächtigungszusammenhang No.1der Öffentlichkeit nach Wetzel, die ihm, wenn nicht Antisemitismus, dann wenigstens "Beihilfe zum Antisemitismus" vorwerfen möchte, einer derjenigen Künstler und Autoren war, der sich früh für die Roma einsetzte und dazu sogar eine Stiftung mit ins Leben rief.
Beste Grüße
Christoph Leusch
@Wetzel
In den letzten Jahren ist es hier im Staate nicht immer so glimpflich für Naziblockierer ausgegangen wie in diesem Fall, finden Sie nicht auch Frau Wetzel?
www.sueddeutsche.de/muenchen/strafverfolgung-von-nazi-gegnern-blamagen-im-gerichtssaal-1.1340153
@Wetzel
Hier gebe es wahrlich zu tun für Sie Frau Wetzel! Konnte ich Ihr Interesse wecken?
www.sueddeutsche.de/muenchen/neonazis-in-muenchen-rechte-szene-wird-aktiver-1.1340888
Ohh... da kommt ja endlich Hilfe vom Verfassungsschutz für Zivilcourage. Man wusste aber vorher Klagen... Verkehrte Welt, meinen Sie nicht auch Frau Wetzel. Ihre Hilfe wird dort sicher gebraucht. Vielleicht untersuchen Sie doch mal diese Zustände und reden mit mutigen Antifaschisten die täglich grossartige Arbeit leisten und manchmal Kopf und Kragen riskieren, zum Teil ganz und gar ehrenamtlich, und von der Politik, CDU/CSU dafür noch bestraft werden. Schreit das nicht zu Himmel? Und ist das nicht antisemitisch?
www.taz.de/Kritk-an-Schroeders-Extremismusklausel/!92276/
und noch dies
www.taz.de/U-Ausschuss-zur-rechten-Terrorzelle/!92271/
Nach dem blamablen Auftritt der Kulturredaktion vom 5. April (Michael Angele, Günter Grass als Mephisto) demonstriert die Einbindung von Frau Wetzel als Autorin, dass die Kulturredaktion in diesem Thema beratungsresistent bleiben will. Das ist die einzige Botschaft von Belang, die sich dem Artikel entnehmen lässt.
Guten Morgen! kann man nur zu dem Vorschlag von Frau Leutheusser-Schnarrenberger sagen, jetzt das Justizministerium nach Nazis zu durchforsten, jetzt wo sie eines natürlichen Todes verstorben sind, und bis dahin ihr Unwesen treiben konnten oder Frau Wetzel? Das sind Zustände die zur eigentlichen Empörung beitragen nicht wahr? Wie würden Sie diesen Fälle denn wohl einstufen? Was für ein Anti/Semitismus ist hier wohl am Werk?
www.zeit.de/2012/18/Interview-Leutheusser-Schnarrenberger
02.05.2012
DER NEUE RASSISMUS WEHRT SICH GEGEN DAS NICHTEUROPÄISCHE FREMDE
Die europäische Krankheit
KOMMENTAR VON HILAL SEZGIN
www.taz.de/Debatte-das-Schlagloch/!92541/
Nil schrieb am 03.05.2012 um 22:07
www.spiegel.de/politik/deutschland/iran-fdp-politiker-claus-huebscher-zu-besuch-bei-mahmud-ahmadinedschad-a-831165.html
(aus dem Artikel)
Er habe die Gelegenheit nutzen wollen, sich selbst eine Meinung zu bilden, sagte der FDP-Mann dem "Weser-Kurier". So habe er beim Präsidenten nachgefragt, ob er wirklich den Holocaust leugne: "Definitiv nein", zitiert die Zeitung Hübschers Erkenntnis. Auch dass sein Land an Atomwaffen arbeite, habe Ahmadinedschad abgestritten.