Die U-Boot-Methode

Guantánamo Für "Amnesty International" ist es mit einer Schließung von Guantánamo nicht getan. Obama müsse auch die Verantwortlichen für die dortigen Folterungen bestrafen

Der neu gewählte US-Präsident hat wie angekündigt, die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo angekündigt. Er meinte aber auch, das Vorhaben könne „länger dauern“, weil es „schwerer sei, als viele Leute meinen“. Er wies darauf hin, dass einige der Gefangenen „sehr gefährlich sein könnten“ und die Beweislage gegen sie teilweise verzerrt wäre. Sicher nachvollziehbar, doch sollte sich Obama nun auch mit dem Guatánamo-Personal beschäftigen, das sich der Folter schuldig gemacht hat. Man nehme nur den Fall des saudischen Staatsbürgers Mohamed Al-Qahtani. Susan Crawford, Supervisorin im Pentagon, hat dazu eine Aussage getroffen, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt und von Al-Qahtanis Anwälten nur bestätigt werden kann. Ihr Mandant, gefangen in Guantánamo seit 2002, ist in diesem Lager misshandelt worden – und das mehrfach.

Folter ist laut internationalem Recht ein Verbrechen. Die USA haben die UN-Konvention gegen Folter unterzeichnet, was eine amerikanische Regierung zu einer Untersuchung verpflichtet, „wann immer es angemessene Gründe gibt zu glauben, dass ein Fall von Folter im eigenen Rechtszuständigkeitsgebiet stattgefunden hat“, beauftragt die Konvention klar und eindeutig ihre Signatarstaaten.

Bush-Regierung gibt Folter zu, nennt sie nur anders

Dem öffentlichen Eingeständnis von Susan Crawford, dass die USA Al-Qahtani foltern ließen, ist bisher keine Nachricht gefolgt, wonach irgendwelche Maßnahmen getroffen wurden, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Gleiches sollte man im Zusammenhang mit dem CIA-Programm erwarten, in dessen Rahmen es in den vergangenen Jahren zu geheimen Festnahmen kam. Die inzwischen abgetretene Bush-Administration hat dazu noch Ende 2008 bestätigt, dass sie die Anwendung der sogenannten „U-Boot“-Verhörmethode genehmigt habe.

In einer Serie von Interviews musste auch Ex-Vizepräsident Cheney zugeben, direkt dem "Unter-Wasser-Tauchen" und einem simulierten Ertränken zugestimmt zu haben. Er meinte sogar, falls notwendig, müsse man es wieder tun. Genau genommen, sind diese Äußerungen strafwürdig, auch wenn Cheney bestreitet, dass derartige Praktiken Folter seien. Die Verleugnungen basieren auf einer Manipulation der Gesetzeslage. In der Tat ist der Senatsausschuss für bewaffnete Dienste im Dezember zu dem Schluss gekommen, dass „hochrangige Funktionäre in der Regierung der USA um Auskunft über die Verwendung von aggressiven Techniken angesucht haben, und durch Neuauslegung der Gesetzeslage den Anschein von Rechtsmäßigkeit schaffen wollten“. – Kann das ein Grund sein, dass Guantánamo ohne juristisches Nachspiel bleibt?

Die Anwälte von Al-Qahtani sind wegen dieser relativierenden Erklärung besorgt. Die nordamerikanischen Behörden haben wiederholt erklärt, dass Al-Qahtani ein gefährliches Individuum sei, haben aber gleichzeitig verhindert, dass er vor einem Richter geführt wurde. Die Wahrscheinlichkeit eines fairen Verfahrens, das als Folge der Aussagen von Susan Crawford zwingend wäre, erscheint daher fraglich.
Die Lösung wäre ganz einfach: Die neue US-Regierung muss Mohamed Al-Qahtani freigeben, wenn nicht umgehend präzise Anklagen gegen ihn erhoben werden und er vor ein Gericht gestellt wird. Dabei müsste es sich um einen unabhängigen und unbefangenen Gerichtshof handeln und nicht um ein Militärgericht. Keine Information, die auf Folter, auf eine grausame, unmenschliche oder unwürdige Behandlung zurückzuführen ist, darf im Prozess eine Rolle spielen. Ausgenommen jene Informationen, die als Beweise gegen die Verantwortlichen solcher Behandlungen verwendet werden können.


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