Düster sind die Prognosen, wie sie der Internationale Währungsfonds (IWF) derzeit besonders für Afrika abgibt, aber nicht darauf angelegt, Depression und Hoffnungslosigkeit zu verbreiten. Alles hängt auch hier davon ab, wie lange und in welchem Umfang Lockdown-Maßnahmen durchgehalten werden müssen. In diesem Teil des globalen Südens reicht schon eine kleine Zusatzbelastung, um Staaten zu ruinieren oder noch tiefer in die Schuldenfalle zu stoßen. Gesundheitssysteme sind in Ländern wie Benin, Malawi, Gambia oder Mosambik oft nur rudimentär vorhanden. Es fehlt an medizinischem Gerät, an Medikamenten und funktionsfähigen Hospitälern. Äthiopien etwa hat mit seinen 110 Millionen Einwohnern nur hundert Betten auf Intensivstationen zur Verfügung.
So haben die Regierungen in den meisten Ländern Afrikas einer Ausbreitung von Covid-19 nur wenig entgegenzusetzen, auch wenn sie gegenwärtig versuchen, Social Distancing mit aller Konsequenz durchzusetzen. Womöglich halten sich die Infektionsraten auch deshalb vorerst noch in Grenzen. Während Mitte Mai weltweit etwa vier Millionen Erkrankte zu verzeichnen waren, gab es – nach offiziellen Angaben – auf dem afrikanischen Kontinent erst knapp 65.000 Infektionsfälle und 2.230 Tote, wobei die Dunkelziffer gewiss deutlich darüber lag. Bisher betroffen waren Menschen in den Metropolen, Rückkehrer von Auslandsreisen, die kosmopolitische Kaste – weniger die in ländlichen Regionen lebende Mehrheit. Da in Afrika 60 Prozent der Bevölkerung jünger als 25 Jahre sind, wird mit weniger Todesfällen gerechnet als in Europa oder Nordamerika. Doch sicher ist das keineswegs, da eine schlechte Ernährung ebenso ins Gewicht fallen kann wie eine Schwächung durch Malaria, eine überstandene Ebola-Erkrankung oder das in Afrika stark verbreitete HI-Virus.
Ungeachtet dessen folgt der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Rat seiner Ökonomen und reagiert mit präventiver Soforthilfe für die 25 ärmsten Länder weltweit, die vor allem ein partieller Schuldenerlass unterstützen soll. Darunter sind die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo, Gambia, Malawi, Ruanda, Togo und Madagaskar. Zugleich werden Mittel aus dem 500 Millionen Dollar schweren Katastrophenhilfe-Fonds CCRT (Catastrophe Containment and Relief Trust) eingesetzt, der 2015 vor dem Hintergrund der Ebola-Epidemie in Westafrika implementiert wurde.
Promptes Eingreifen
Der IWF kann allerdings Schulden nur dann streichen oder stunden lassen, werden die CCRT-Mittel auf 1,4 Milliarden Dollar aufgestockt. Gefordert sind daher die gut situierten Beitragszahler wie Japan, Großbritannien, die Niederlande und China – auch der Europäischen Union würde es gut zu Gesicht stehen, sich zu beteiligen. Erste Notkredite an von Covid-19-Infektionen voraussichtlich besonders in Mitleidenschaft gezogene Staaten sind bereits verteilt. Ghana erhielt etwa eine Milliarde Dollar, der Senegal 440 Millionen. Insgesamt wollen Währungsfonds und Weltbank über 100 Milliarden Dollar mobilisieren, um den ärmsten Mitgliedsländern beizustehen. Das heißt, es wird mehr Kapital gebraucht, als vorhanden ist, sodass die wohlhabenden Nationen wohl eingreifen müssen, auch wenn die USA bereits abgewinkt haben. Doch drohen in Afrika Kapitalabflüsse in Größenordnungen, die Länder wie Südafrika in die Nähe des Staatsbankrotts treiben können.
IWF und Weltbank haben offenbar einige Lektionen der Weltfinanzkrise von 2008/09 gelernt und handeln diesmal prompt und gezielt. Sie folgen dem Beispiel der großen Zentralbanken – der Fed, der EZB, der Bank von England –, die ebenfalls keine Zeit verloren und nicht auf ihre jeweiligen Regierungen gewartet haben. Es waren die Aktionen dieser Finanzinstitute, die bewirkt haben, dass die Kaufprogramme für Schuldentitel von Staaten drastisch aufgestockt wurden und so in den ersten Wochen der Pandemie die Weltwirtschaft vor dem Kollaps bewahrt blieb. Dass die Corona-Krise in von Kriegen verheerten Ländern wie Afghanistan, Jemen, Syrien, Südsudan, Somalia oder Mali weit verheerender wirken kann als in Europa, dürfte außer Frage stehen.
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