Digitaler Friedensfürst

Nobelpreis Das Nobelkomitee in Oslo hat das Internet nun offiziell für den Friedensnobelpreis 2010 nominiert. Ist es wirklich eine so kluge Idee, ein Medium auszuzeichnen?

Die sprichwörtliche Medaille hat zwei Seiten. Besonders zum Tragen kommt dies immer dann, wenn es einen Preis zu vergeben gibt. Bekanntes Beispiel der jüngeren Vergangenheit: Barack Obama, Friedensnobelpreisträger 2009. Kontroverser wurden jüngst wohl wenige Ausgezeichnete diskutiert. Sind die Vorschuss-Lorbeeren berechtigt? Kann jemand, der Soldaten in den Krieg schickt, für Bemühungen um den Frieden ausgezeichnet werden?

Ab Oktober dieses Jahres könnte sich ein weiterer in die Liste der kontroversen Friedenskandidaten einreihen: Das Internet. Die italienische Ausgabe des Netz-Magazins The Wired plädierte bereits Ende vergangenen Jahres mit einem Manifest dafür, das World Wide Web zu nominieren. Es sei ein „Instrument des Friedens“ und fördere „Dialog, Debatten und Konsens“, heißt es in der Begründung. Stellvertretend für das große Netz aus vielen sollen die Pioniere Larry Roberts, Vint Cerf und Tim Berners-Lee ausgezeichnet werden. Auch die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi stellte sich hinter den Vorschlag, wahrscheinlich nicht zuletzt, weil das Internet der Opposition ihrer Heimat eine Stimme gab. Die Bemühungen tragen nun Früchte, das Internet ist offiziell für den Friedensnobelpreis 2010 nominiert.

Dass es als Sprachrohr für Millionen Debatten über den Frieden in der Welt fördert, ist unumstritten. Manche halten es sogar für eine mächtige und wichtige Waffe im unbewaffneten Kampf. Das Internet kann Missstände aufdecken und Regierungen zum Handeln bewegen. Die oppositionellen Bewegungen im Iran und China dienen als prominente Beispiele. Bei ihrer Entscheidung sollte die Jury allerdings nicht vergessen, dass letztlich hinter all dem Menschen aus Fleisch und Blut stecken. Und diese riskieren oftmals Kopf und Kragen. Das Internet ist und bleibt lediglich ihr Medium. Dessen Väter auszuzeichnen, die die Möglichkeiten ihrer Erfindung damals womöglich noch gar nicht absehen konnten, wäre mehr als weltfremd. Und ließe ganz außer Acht, dass dieses Medium auch der Zensur unterworfen ist, nicht nur in Schwellenländern wie China.

Zum anderen fördert das Internet nicht nur zwischen Friedenskämpfern Dialoge, sondern auch zwischen denen, die wir eigentlich davon abhalten wollen miteinander zu kommunizieren: Von Terrororganisationen, die gezielt zur Gewalt aufrufen, bis hin zu Kriminellen, deren Bandbreite vom Kreditkartenbetrug bis zur Verbreitung verbotener Inhalte reicht – das Internet bietet ein Forum für Machenschaften aller Art.

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