Doppelt verboten hält besser

Kommentar Fragwürdige Klon-Politik

Stimmts oder stimmts nicht? Die Frage, ob die Ufo-Sekte es geschafft hat, Klon-Babys in die Welt zu setzen, bewegt die Gemüter. Für Klon-Forscher mag das im Augenblick die entscheidende Frage sein. Für die Politik ist sie es nicht. Egal ob die Erfolgsmeldungen der Raelianer stimmen - entscheidend ist, dass am Klonen gearbeitet wird. Klonen, für die Protagonistin Brigitte Boisselier von der Firma Clonaid "ein Weg zu einer Form ewigen Lebens", ist auf jeden Fall ein Weg, auf dem Missbildungen und noch unbekannte Risiken in Kauf genommen und viele menschliche Embryonen vernichtet werden. Die Legitimität des Klonens entscheidet sich jedoch nicht an seiner Machbarkeit. In jedem Fall zerstört es die Grundlagen der Selbstachtung und die auf Gleichheit angelegte Beziehung zwischen den Generationen. Bei den mittlerweile ergebnislos vertagten UN-Verhandlungen strebte die Bundesregierung - im Unterschied zu den USA, die zusammen mit anderen Ländern auf einem umfassenden Verbot beharrte - nur ein Verbot des reproduktiven Klonens an. Der Verdacht, die USA hätten wieder einmal eine internationale Vereinbarung blockiert, trifft ausnahmsweise nicht zu. Dort mögen schießwütige Cowboys an der Macht sein. Sie sind jedoch zugleich Lebensschützer, die mit katholischen Ländern wie Spanien an einem Strang ziehen. Die Bundesregierung dagegen hat durch ihre Trennung von reproduktivem und so genanntem therapeutischen Klonen dazu beigetragen, das dringend benötigte internationale Klonverbot zu verhindern.

Ist diese Trennung plausibel? Technisch besteht kein Unterschied, nur die Zielsetzung ist eine andere: Beim reproduktiven Klonen sollen die Klone irgendwann geboren werden, im anderen Fall werden sie nach fünf Tagen getötet. Ethisch betrachtet ist diese Trennung und damit die höhere Akzeptanz des "therapeutischen" Klonens fragwürdig. Und politisch? Angesichts der gescheiterten Verhandlungen erscheint sie als strategisch unklug. Womöglich handelt es sich aber nicht um einen strategischen Fehler, sondern um einen taktischen Trick. Das "therapeutische" Klonen ist eng mit der Stammzellforschung verbunden, und es ist kein Geheimnis, dass Kanzler Schröder grundsätzliche Verbote auf diesem Feld für unrealistisch und verantwortungslos hält. Die Vermutung liegt nahe, dass er auf dem Wege internationaler Vereinbarungen die Lockerung der strengen deutschen Embryonenschutzvorschriften zugunsten des therapeutischen Klonens ins Auge fasst.

Dass die Herstellung von Embryonen mit dem Ziel ihrer Tötung gesellschaftlich und politisch durchsetzbar ist, erscheint heute unrealistisch, nachdem schon der Import embryonaler Stammzellen zu einer ethischen Zerreißprobe geriet und nur unter engen Beschränkungen beschlossen werden konnte. Doch der Gewöhnungseffekt bei ethischen Grenzverschiebungen ist nicht zu unterschätzen. Steter Tropfen höhlt den Stein.


Der Autor ist Philosoph und Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft in Berlin

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