Dienst an der Waffe«, das war die Crux. Seit 1976 arbeiten Frauen als Soldatinnen in der Bundeswehr, doch lange, sehr lange, mussten sie sich hier mit den klassisch weiblichen Betätigungen, Pflegen und Musizieren, begnügen. Die kämpferische Verteidigung des Vaterlandes - archaisch verstanden als Schutz von Frauen und Kindern - war als männliches Geschäft bis vor kurzem sogar im Deutschen Grundgesetz festgeschrieben.
Rund 800 Frauen sind in Folge der Zulassung der Frauen zum Waffendienst seit dem Januar 2001 als Berufssoldatinnen ins Heer, die Luftwaffe und die Marine eingetreten. Wie es ihnen dort ergeht, ist schwer zu beurteilen, für ein differenziertes Fazit ist es noch zu früh, und so kann die Frauenbeauftragte im Verteidigungsministerium, Rita Sch
, Rita Scholz-Villard, fröhlich tönen: »Ja prima läuft das.« Der erste öffentlich bekannte Fall einer Vergewaltigung bei der Bundeswehr im April diesen Jahres habe nichts mit der neuen Situation zu tun. »Die Frau war ja gar keine Soldatin bei uns, sie war nur zu Besuch in der Kaserne, um sich über eine Bundeswehr-Laufbahn zu informieren.« Den Berufswunsch »Soldatin« jedenfalls wird sich das 18-jährige Vergewaltigungsopfer in Zukunft verkneifen und vielleicht war »Revier markieren« ja ein Ziel des sexuellen Übergriffs.Die Hubschrauberpilotin Christine Bauer hat sich stark mit ihrem Beruf und der Bundeswehr identifiziert. Sie war keine, die ihr Problem als eines von Weiblichkeit gesehen hätte. Doch das Militär ist ein patriarchale Institution, seine Tugenden sind männliche und sein Verhältnis zu Frauen ist ambivalent. Natürlich gibt es - einerseits - die Bestrebungen, die Frauen zu gewinnen. Weibliche Präsenz wirke sich, so heißt es, positiv auf das Klima in der Truppe aus, und die Bundeswehr kann sich, geschmückt mit einigen hundert Soldatinnen, ein moderneres Image zulegen. Doch Frauen zerstören - so heißt es andererseits - das »male bonding«, jene besondere Form männlicher Kameradschaft, die hilft, Zumutungen des Soldatseins zu ertragen.In der Spannung zwischen einer oberflächlichen De-Sexualisierung durch Uniformierung beider Geschlechter (»wir sind alle Soldaten«) und einer klar viril geprägten Eigenlogik, ist das Militär, anders als die meisten zivilen Arbeitsbereiche, strukturell anfällig für geschlechtsspezifische Diskriminierung. Unter allen Umständen wird es für Frauen äußerst schwierig werden, hier ihren Mann zu stehen.Das weiß die Bundeswehr und sie lässt die Integration von Soldatinnen durch ihr sozialwissenschaftliches Institut in Strausberg wissenschaftlich begleiten. Aus dem Jahr 2001 liegt eine Meinungsbefragung männlicher Soldaten zum Thema vor, eine Befragung der neu eingestellten weiblichen Soldaten ist in Arbeit. Diese Art von Begleitung ist eine ehrenhafte Sache, nur hat sie den Pferdefuß, dass sich die Bundeswehr hier selbst beforscht. Die Kritik am eigenen Arbeitgeber kann kritisch sein, doch sie wird nicht aus dem Rahmen fallen.Von außerhalb aber gibt es wenig wissenschaftliche Kontrolle. Die zivile Soziologie interessiert sich nicht wirklich für das Militär als Forschungsfeld, und die Bundeswehr lässt sich ihrerseits nicht gerne in die Karten schauen. »Der Dialog zwischen Wissenschaft und Militär an bundeswehreigenen Einrichtungen befindet sich ... in einer eklatanten Schieflage«, bemängelt die unabhängige Militärforscherin Ruth Seifert. Daher gibt es hierzulande keine Studien und kaum empirisches Material zu Diskriminierung, sexueller Gewalt oder Mobbing in der Bundeswehr. In den USA sind solche Studien Standard. Hier aber wird das Thema als ein sehr heißes Eisen gehandelt. Selbst Militärforscher halten sich mit Informationen in Sachen Mobbing zurück, aus Angst, Betroffenen zu schaden und den Zugang zu Informationen aus ihrem Forschungsfeld zu verlieren. Mit dem rheinisch dahingeplauderten, »die Bundeswehr ist nichts Besonderes, hier geht es zu, wie in jedem anderen Arbeitsbereich auch«, macht es die Frauenbeauftragte auf der Hardthöhe dann vielleicht doch ein bisschen zu einfach.Zum Thema:Ruth Seifert: Militär und Geschlecht in den Deutschen Sozialwissenschaften. In: L´Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft, Wien 2001Christine Eifler, Ruth Seifert (Hrsg.): Soziale Konstruktionen - Militär und Geschlechterverhältnis, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1999Gerhard Kümmel u. Heiko Biehl: Warum nicht? Die ambivalente Sicht männlicher Soldaten auf die weitere Öffnung der Bundeswehr für Frauen, SOWi-Bericht Nr 71, Strausberg 2001