Trotz beträchtlicher Differenzen: Wladimir Putin hält unbeirrbar fest an seiner Version der Realität, in der Syriens Präsident Baschar al-Assad im Recht ist, Gräueltaten seiner Armee beiseitegewischt werden und allein die syrischen Regierungsstreitkräfte wirklich etwas gegen den „Islamischen Staat“ ausrichten können. Zudem hat Russlands Staatschef mit der Verlegung von Kampfjets und Soldaten nach Syrien ein unmissverständliches Zeichen gesetzt.
Für Barack Obama ist Assad ein Tyrann, mit dem er keine Geschäfte machen will. Doch Obamas Syrien-Strategie kränkelt gewaltig. Die Kampfausbildung der moderaten Opposition ist ein Desaster. Und welche der mehr als ein Dutzend Anti-Assad-Gruppen könnte glaubhaft eine Regierung bilden? Die US-Luftangriffe auf den „Islamischen Staat“ zeigen nur begrenzt Wirkung.
Und dennoch: Der Auftritt von Obama und Putin auf der UN-Vollversammlung ließ ahnen, wie die USA und Russland einander näherkommen könnten. Der Realismus diktiere, dass Kompromisse nötig sein werden, um den Krieg in Syrien zu beenden und den „Islamischen Staat“ zu vernichten, sagte Obama vor der UNO. Realismus erfordere einen „gemanagten Übergang von Assad zu einem neuen Führer“. Das klingt schon etwas anders als seine bisherige Forderung, Assad müsse weg. Putin seinerseits sagte, zur Stärkung der „legitimen Regierung“ in Syrien gehöre ein „positiver Dialog mit der rationalen Opposition“.
Die Auswirkungen des Bürgerkriegs sind entsetzlich. Doch Regierungen lassen sich erfahrungsgemäß nur sehr begrenzt von humanitären Beweggründen leiten. Der Realist Obama weiß sehr wohl, dass US-Interessen in Syrien nicht grundsätzlich auf dem Spiel stehen. Auch deshalb wäre ein größeres militärisches Engagement als die bisherigen Luftangriffe auf IS-Stellungen im Kongress nur schwer durchzusetzen.
Obama stößt auch mit seiner Russland-Politik an Grenzen. Das Isolieren und die Wirtschaftssanktionen haben nicht so recht funktioniert. Das Gegenteil ist der Fall: Irgendwie braucht man Russland doch. Bereits beim Zustandekommen des Nukleardeals mit dem Iran hat sich Russland als unverzichtbarer Mitspieler gezeigt. Insbesondere den US-amerikanischen Putin-Nichtverstehern fällt dessen neue Syrien-Initiative nun ziemlich auf die Nerven. Sie warnen und schimpfen, der russische Präsident wolle sich „rehabilitieren“.
Dabei ist die Sache eigentlich ganz einfach: Putin handelt in russischem Interesse, so wie er es definiert. Regierungen sind nun mal so. Das gilt ebenfalls für die Obama-Administration und für Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich überraschend auch dafür starkgemacht hat, mit Assad zu reden. Ob sich das nun im Rahmen einer internationalen Allianz gegen den „Islamischen Staat“ abspielt oder in kleinen Schritten: Es ist offenkundig, dass sich manche der vielen nationalen und persönlichen Interessen der Konflikt-Teilhaber in Syrien decken. Das gibt Grund zur Hoffnung.
Das US-Außenministerium beschrieb das 90-minütige Gespräch der beiden Staatschefs am Rande der UN-Versammlung als produktiv. Zwar gebe es bei Assad „fundamentale Differenzen“. Die verstärkte russische Militärpräsenz sei aber nicht unbedingt negativ zu werten. Vor allem diese Einschätzung lässt aufhorchen. Sie wäre noch vor kurzem undenkbar gewesen. Das alles zeigt: Ein Anfang ist gemacht. Aber es ist noch ein weiter Weg, bis der Konflikt beendet werden kann.
Kommentare 13
Hoffentlich ist dem auch wirklich so. Eine Annäherung ist längst überfällig und eine Deeskalation notwendig. Das Leid des syrischen Volkes muss beendet werden.
Koennte man nicht alle syrischen Buerger (egal wo sie sich derzeit aufhalten muessen) selbst abstimmen lassen, ob Herr Assad bleiben oder evtl. ins Exil, vielleicht nach Russland? gehen sollte? Damit koennte man vielleicht diesen unseeligen Krieg beenden, welches jetzt schon so viele Jahre schwelt und mittlerweile zur globalen Katastrophe gewachsen ist. Zu voerderst muss ein sofortiger Waffenstillstand geschlossen werden, und zwar unter psychologisch/sozioloscher Begleitung/Betreuung.
Dieser furchtbare Alptraum muss endlich beendet werden.
Woran liegt es nur, dass ich der US-Politik nicht glaube? Nun, an der deutlichen Strategie der US-Machtelite seit dem Ende des Kalten Krieges!
11. September, Krieg gegen den Terror (Terrorkrieg), Flüchtlingstragödie, Krise Europas, “Von Nine Eleven zur Sprengung Europas?” https://wipokuli.wordpress.com/2015/09/30/von-nine-eleven-zur-sprengung-europas/
Andreas Schlüter
Soziologe
Berlin
Das o.g. Foto ist nicht mehr ganz zeitgemäß. Hier kommt das aktuelle. https://diegermanin.files.wordpress.com/2015/06/wpid-13-01-15-1.png
Diese Umfrage wird es nicht geben, denn das Ergebnis stellt die Intervention der NATO mit Sicherheit infrage.
Entegegen den transatlantischen Marktschreiern, von BILD bis Sueddeutsche, ist der Assads Rückhalt in der Bevölkerung groß. Er und seine Baathpartei sind der Garant für Religionsfreiheit.
Wenn man dem Ticker des Guardians folgt, gibt es durchaus Belege dafür, dass Teile der Bevölkerung das russische Eingreifen begrüßen.
In der Phönixrunde http://www.phoenix.de/content/998142
vom 29.09. wurde in der überraschend sachorientierten Diskussion sehr deutlich, welche klaren geostrategischen Interessen die USA verfolgen und wie wenig es ihnen dabei um die Interessen der syrischen Bevölkerung geht.
Persönlich lehne ich militärisches Eingeifen als Möglichkeit einer Konfliktlösung grundsätzlich ab und hoffe in der aktuellen Situation darauf , dass Russlands Vorgehen durch Aufbau von Druck auf die USA im Ergebnis dazu führt, dass Verhandlungen mit allen Beteiligten geführt werden und ein Übergangsmanagement mit Assad vereinbart wird, mit dem Ziel Wahlen durchzuführen. In jedem Fall ist es wichtig , die staatlichen Strukturen nicht völlig zu zerstören, um ein weiters Lybien oder Irak zu vermeiden.
Momentan reagieren USA und Nato, überrascht von Russlands schnellem Einsatz, hektisch, überrascht und reflexhaft,
Wünschenswert wäre jetzt eine starke, eigenständige Positionierung Europas im Sinne einer diesbezüglichen diplomatischen Lösung, was ich aber eher nicht sehe.
Das glaube ich kaum. Zwar geht auch mir die Bevormundung des syrischen Volkes dahingehend, durch wen es sich regieren zu lassen hat, gehörig auf den Sender. Allerdings glaube ich nicht, dass Daesh, Al Nusra und die vielen anderen Warlords, die in Syrien ihr Unwesen treiben, freiwillig ihre Waffen niederlegen werden, wenn nur Assad seinen Rücktritt erklärt oder die Syrer eine neue Regierung gewählt haben.
selten schön zeigen die bilder den personifizierten un-mut der polaren welt-geist-darsteller. schlimm, da? frieden für menschen von ihrer zusammenarbeit abhängt.
"Allerdings glaube ich nicht, dass Daesh, Al Nusra und die vielen anderen Warlords, die in Syrien ihr Unwesen treiben, freiwillig ihre Waffen niederlegen werden, wenn nur Assad seinen Rücktritt erklärt oder die Syrer eine neue Regierung gewählt haben"
Nein, das werden sie mit Sicherheit nicht tun. Diese sogenannte Rebellen, die wollen die Macht in Syrien übernehmen und als erstes werden sie mit den jenigen, die bis jetzt auf der Seite von Assad gestanden haben einen kurzen prozess machen. Es wird eine Nacht der langen Messern werden und es wird viel Blut fließen. Anschließend werden sie einen Gottesstaat ins Leben rufen und somit Syrien ins Mittelalter katapultieren.
Da möchte ich gerne die syrer sehen, die auf Teufel komm raus, den Assad lieber heute als Morgen abschaffen wollten bzw. noch wollen. In solchen Ländern wie Syrien kommen erst die religiöse Fanatiker an die Macht, nach dem der Diktator abgedankt hat. Mit Demokratie und Menschenrechte haben diese Rebellen so gut wie gar nichts am Hut . Immerhin ist Syrien in seinem Grundstruktur ein säkulares Land, in dem bis jetzt viele verschiedene Konfessionen miteinander zurechtgekommen sind.
Die syrer, die müssen sich fragen, ob der Preis für einen Wechsel in dieser Form wirklich angemessen war bzw. ist. Und wenn sie bei dem Versuch, den Assad abzuschalten, von saudi-Arabien und anderen Golfstaaten unterschutzt werden, dann müssen sie sich ernsthaft fragen, auf was für ein Abenteuer sie sich in der Tat eingelassen haben. Diese Staaten sind weiß Gott kein Vorbild in Sachen Demokratie und Menscherechte. Die pflegen einen steinzeit fundamentalismus, der einem nur Angst und Bange bereiten kann.
War nicht der Irak vormals auch ein säkulares Land mit einem Katholiken als Außenminister?
Den Gauner an der Spitze haben sie nicht beseitigen können, aber ein Land ins Mittelalter zurück gebombt. Was haben wir da geleistet und was hat der sog. aufgeklärte Westen sich da geleistet. Man hofft dass wenigstens die Ölmaschinerie in Baku reibungslos läuft und läuft und läuft und läuft und läuft........
cor sorry natürlich in Basrah
Auch jetzt wieder stellt sich die Frage, wie der Terrorismus mit Luftangriffen beseitigt werden soll. Die Infrastruktur und Waffen - die Frage sei noch erlaubt, wer die eigentlich geliefert hat - zu zerstören mag ja das eine sein, aber damit ist es doch nicht getan ...
Und ob den Russen nun das gelingt, was die Amerikaner immer behaupten - "chirurgische Präzision" - möchte ich mal stark anzweifeln. Somit sind wieder zivile Todeopfer zu beklagen. Aus der Gewaltspirale kommt man so nicht heraus.