Ein linkes Drama in drei Akten

Klaus Ernst/Bernd Riexinger Eigentlich ist der Vorsitz im Energieausschuss des Bundestags kein sonderlich wichtiges Amt. Die Linkspartei schafft es trotzdem, sich in einem unwürdigen Machtkampf zu verlieren. Warum die Posse viel über die Probleme der Linken aussagt
Ausgabe 50/2021
Beste Stimmung in der Linkspartei: Bernd Riexinger und Klaus Ernst (hier ein Bild von 2017) wollten beide Ausschussvorsitzende werden
Beste Stimmung in der Linkspartei: Bernd Riexinger und Klaus Ernst (hier ein Bild von 2017) wollten beide Ausschussvorsitzende werden

Foto: Imago/Seeliger

Schnell erzählt ist die Geschichte: Der zusammengeschrumpften Linksfraktion steht im Bundestag der Vorsitz eines Ausschusses zu. Sie erhält den um das Thema Klima erweiterten Energieausschuss und möchte ihn erneut mit dem Gewerkschafter Klaus Ernst besetzen. Daraufhin formiert sich außerparlamentarischer Widerstand in Form einer Unterschriftensammlung aus der eigenen Partei und der Klimabewegung Fridays for Future. Finale: es kommt zur Kampfabstimmung, der ehemalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger kandidiert gegen Ernst, verliert aber mit 13 zu 23 Stimmen.

Der Postenstreit steht sinnbildlich für den desolaten Zustand von Partei und Fraktion. Wer derart dilettantisch um eine machtpolitisch ziemlich unbedeutende Position kämpft, um dessen politischen Kompass kann es nicht gut bestellt sein. Man arbeitet sich an einer Personalie mit Symbolwirkung ab statt am politischen Gegner – in der größten Krise der Geschichte der Partei handeln alle Beteiligten plan- und verantwortungslos.

Dass die Klimabewegung und ihre Chef-Aktivistin Luisa Neubauer ebenfalls munter in der Debatte mitmischen, macht es nicht leichter. Denn die Partei ist zerrissen in der Frage, ob sie näher an Fridays for Future oder der IG Metall stehen soll.

Ein Kernproblem ist, dass es kaum Persönlichkeiten gibt, die die Gräben überwinden und authentisch für einen sozialen Klimakurs eintreten. Einerseits will man Arbeitsplätze und Energiesicherheit erhalten, auf der anderen Seite den ökologischen Umbau vorantreiben. Der Widerspruch durchzieht die Partei seit Jahren. Doch er lässt sich nicht durch Positionspapiere oder Unterschriftenaktionen lösen, sondern nur in der Praxis. Ernst zu nehmende Kampagnen für einen Green New Deal haben bisher weder Riexinger noch Ernst noch sonst wer auf die Beine gestellt. Dabei wären sie dringend nötig, gerade gegen eine sich progressiv gebende, aber klimapolitisch defensive Ampelkoalition.

Was der Linken nicht hilft: sich weiter von außen treiben zu lassen. Eine Partei muss souverän ihren Kurs bestimmen. Und sie muss dringend aufhören, um sich selbst zu kreisen. Binnenkonflikte vergraulen all jene, die sich einbringen wollen oder von denen eine linke Partei profitieren würde. Und um die geht es.

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