Ein neues Modell

Sachsen-Anhalt In Magdeburg werden drei Parteien miteinander ein Bündnis eingehen, die für die alte Bundesrepublik stehen. Das erinnert an Weimar
Ausgabe 16/2016

Es ging dann doch schneller als gedacht. Nun steht sie also, die erste schwarz-rot-grüne Koalition dieser Republik. Was da in Magdeburg beginnt, ist ein haariges Unternehmen. Ob es klappt, ist ungewiss. Denn die Gegenwart in Sachsen-Anhalt ist nicht nur schön. Noch weniger schön allerdings ist das Bild, das ein zur Düsternis neigendes historisches Gedächtnis heraufziehen lässt. In Magdeburg werden nun – der politischen Not gehorchend – die drei Parteien miteinander ein Bündnis eingehen, das für die alte Bundesrepublik steht. Rechts und links von ihnen opponieren die zwei Parteien, die mit dieser alten Bundesrepublik nichts zu tun hatten. Das erinnert an die Weimarer Situation: Damals standen SPD, Zentrum und Liberale in der Mitte, rechts die Nazis, links die Kommunisten.

So streng wie damals sieht es jetzt allerdings nicht aus. Mit der starken „Alternative für Deutschland“ (AfD) will niemand koalieren, auch wenn sich unter den Abgeordneten manche Berührungspunkte ergeben können. Mit der geschwächten Linkspartei würden immerhin SPD und Grüne gern zusammengehen – wenn es eben für eine Mehrheit reichte, wie in Thüringen. Aber es reicht eben nicht. Dass die CDU im Gegenzug daran ginge, die AfD schön, also demokratisch zu reden, ist nicht zu erwarten. Das würde die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff spalten. Manches ist möglich.

Das Beispiel von Weimar lohnt trotzdem näheres Hinsehen. Gibt es Gemeinsamkeiten von Linkspartei und AfD heute? Gab es Gemeinsamkeiten von Kommunisten und Nationalsozialisten damals? In Weimar standen beide in Fundamentalopposition gegen die Republik. Von Ähnlichem kann zumindest bei der Linkspartei heutzutage nicht die Rede sein. Aber man kann auf anderen Feldern durchaus von ähnlichen Sichtweisen sprechen. Da ist die Offenheit gegenüber Russland, die Abneigung gegenüber den USA, der Wunsch oder zumindest die Bereitschaft, die Zugehörigkeit zur NATO aufzukündigen.

Die Westbindung Deutschlands, für die Deutschen der alten Bundesrepublik in 40 Jahren zur Selbstverständlichkeit geworden, mussten die Ostdeutschen mit der Wiedervereinigung einfach hinnehmen – wie übrigens die Westdeutschen unter Konrad Adenauer auch. Für CDU, SPD und Grüne gehört die Westbindung zu den Grundlagen ihres Staates. In der Linkspartei und der AfD gefällt sie vielen nicht.

„Bonn ist nicht Weimar“, lautete einst ein genialer Buchtitel. Berlin ist auch nicht Weimar, kann man heute durchaus feststellen. Beruhigen kann man sich damit nicht.

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