Ist Krieg nur ein Spiel? Manche Fernsehdokumentationen legen es nahe. „In der Serie Jäger der Lüfte erlebt der Zuschauer die größten und spektakulärsten Luftkämpfe aller Zeiten aus einer ungewöhnlichen Perspektive: Als säße er selbst im Cockpit der hochentwickelten Kampfflugzeuge. Mittels modernster Computergrafiken wird der Eindruck erweckt, als sei der Zuschauer einer der Akteure.“ So wirbt der Bezahlfernsehkanal History für seine Sendung mit dem Titel: Geheimwaffen (Jäger der Lüfte).
Die Programmmacher setzen auf den Mitmacheffekt des Erlebnisfernsehens. Laut Eigenwerbung zeigen die ausgestrahlten Dokumentationen, „wie leidenschaftlich und emotional Geschichte sein kann. Der Zuschauer erlebt Geschichte unmittel
r erlebt Geschichte unmittelbar und findet sich selbst in Persönlichkeiten und Ereignissen der Vergangenheit wieder.“ Unverblümt locken zudem die auf der Sender-Homepage angepriesenen historischen Computer-Spiele potenzielle Kunden mit der Faszination imperialer Gewalt. „Greifen Sie zum Schwert, übernehmen Sie das Kommando über die römischen Legionen und erobern Sie die antike Welt!“, heißt es etwa über Great Battles of Rome. In Civilization® Revolution™ werden die Spieler im „Game-Tipp“ aufgefordert: „Schlüpfen Sie in die Rolle berühmter Staatsoberhäupter und streben Sie nach der Weltherrschaft“.Damit setzt der deutsche Ableger des international operierenden Senders The History Channel auf pures Militainment. So nennt die Medienforschung Produkte, die mit Kriegsinhalten unterhalten: Spielzeug, Computerspiele, Musik, Radiosendungen, Kinofilme oder Fernsehsendungen. Neben harmlosen Filmen über Badezimmer, Eisenbahnen, Bohrinseln oder „Geheime Symbole der Dollarnote“ strahlt der History-Kanal Filme aus, in denen vergangene US-Militäroperationen in vergangenen Kriegen gefeiert werden. So wird der Beitrag USS Samuel B. Roberts (Militärschiffe) als „Einblick in die Geschichte dieses Schiffstyps und ihren aktuellen Einsatz für den Heimatschutz vor der Küste der Vereinigten Staaten“ angekündigt. Manchmal ist kaum ersichtlich, wo der historische Aspekt eines Beitrags überhaupt zu suchen ist. Die Sendung Militärischer Nahkampf (Human Weapon – Die Kunst des Kampfes) etwa macht die Zuschauer mit Tötungstechniken vertraut, die heute von Elitesoldaten verwendet werden.In den USA betreibt die Konzernmutter History Channel einen Sender, der allein auf Militärdokumentationen spezialisiert ist: den Military History Channel. Und so scheint es nahe zu liegen, entsprechende Produktionen auch im deutschsprachigen Programm zu verwerten. Die Sender gehören zum Medienkonzerngeflecht der Arts Entertainment-Gruppe, Miteigner NBC Universal wiederum zum Konzern General Electric.Bei History stehen Spannung und Spaß im Vordergrund. Militainment lässt sich offenbar besser vermarkten als geschichtliche Aufklärung. Wie aber verträgt sich ein solches Programm mit den Aufgaben, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen in einer demokratischen Gesellschaft erfüllen soll? Die Frage stellt sich, insofern das Zweite Deutsche Fernsehen über seine 1993 gegründete Tochterfirma ZDF-Enterprises langfristige Kooperationsverträge über den Austausch und die gemeinsame Produktion von Fernsehdokumentationen mit The History Channel abschließt. Die Geschäftsführung von ZDF-Enterprises spricht in diesem Zusammenhang von einer „strategischen Partnerschaft“, die für alle Partner „gleichermaßen vorteilhaft ist“.Einen seriösen Anstrich erhält das problematische Militainment-Programm von History darüber hinaus durch seinen im Jahr 2005 konstituierten wissenschaftlichen Beirat, zu dessen prominenten Mitgliedern der ZDF-Historiker Guido Knopp und der Chefredakteur der Zeitschrift Focus, Helmut Markwort, gehören.Und dazu kommt die Zusammenarbeit mit dem Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ). Die renommierte Forschungseinrichtung berät den Sender und darf dafür in der Rubrik „Zeitgeschichte aktuell“ seine neuesten Publikationen präsentieren. Seit 1961 ist das IfZ eine öffentliche Stiftung des Bürgerlichen Rechts, im Stiftungsrat sitzen Vertreter des Bundes und der Länder. Geleitet wird das Institut von dem Historiker Horst Möller. Seit seiner Laudatio für den Geschichtsrevisionisten Ernst Nolte anlässlich der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises durch die rechtslastige Deutschland-Stiftung im Jahr 2000 ist Möller selbst bei konservativen Kollegen wie Heinrich August Winkler geschichtspolitisch umstritten.Möller sieht in der Zusammenarbeit des Instituts für Zeitgeschichte mit dem Fernsehkanal eine Chance, „zur Sensibilität im Umgang mit der eigenen Vergangenheit beizutragen.“ Ob die von History ausgestrahlte Dokumentation über die Sowjetunion dazu beträgt, lässt allein ihr Titel bezweifeln: Die Zombies der roten Zaren. Helmut Markwort meint: „Der History Channel zeigt rund um die Uhr anspruchsvoll aufbereitete Geschichte.“ Unterstützt vom öffentlichen-rechtlichen Rundfunk, dem prominent besetzten Beirat und einer Forschungseinrichtung, zu deren Aufgaben unter anderem die Edition der Akten des Auswärtigen Amtes gehört.