Eine Frage der Ehre

Revolte der Generäle Sechs hochdekorierte Ex-Militärs opponieren gegen US-Verteidigungsminister Rumsfeld

Zu schön, um wahr zu sein: Im Hollywood-Film Eine Frage der Ehre legt sich in junger US-Offizier mit seinen Vorgesetzten an, die einen Mord vertuschen wollen. Der Streifen aus dem Jahr 1992 spielt - wie prophetisch - auf der US-Basis Guantanamo, der Ehrenmann wird gespielt von Tom Cruise, seinen Widersacher gibt Jack Nicholson.

14 Jahre und drei Kriege später geht es wieder um einen Finsterling an der Spitze der militärischen Hierarchie, diesmal aber in der Realität und nicht im cineastischen Paralleluniversum. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kann jedenfalls noch diabolischer lächeln als Nicholson. Wo aber sind A few good men - so der englische Originaltitel des Films -, die sich ihm entgegenstellen?

Überraschenderweise haben sich in den zurückliegenden Wochen gleich sechs ehemalige Generäle der US-Army mit der Forderungen nach einem Revirement an der Spitze des Pentagon zu Wort gemeldet. Besonderes Gewicht erhält der Vorgang dadurch, dass die meisten von ihnen noch bei der Irak-Invasion 2003 im aktiven Dienst waren: General John Batiste, 2004/2005 Kommandeur der 1. Infanteriedivision im Irak; Generalmajor Charles Swannack, 2004 Kommandeur der 82. Luftlandedivision; Generalmajor John Riggs (angeblich wegen strategischer Differenzen in der Irak-Politik 2003 in Ungnade gefallen); General Anthony Zinni, stellvertretender Kommandeur der Eliteeinheit Marines; Gregory Newbold, kommandierender Kampfoffizier der Marines sowie Paul Eaton, Ausbildungschef der irakischen Armee bis Anfang 2006.

Ex-General Batiste hat durch zahlreiche Auftritte in großen Talkshows und Beiträge in den führenden amerikanischen Zeitungen der Kritik ein Gesicht gegeben. Über seine Motive sagte er im Fernsehen: "Ich war 31 Jahre lang ein loyaler Untergebener und tolerierte keinen Dissens in der Truppe." Aber "ich denke, es ist eine Frage der Verantwortlichkeit: Verantwortlichkeit für den Kriegsplan, der dafür geschaffen war, im Irak einzumarschieren, aber keinen Frieden schuf, Verantwortlichkeit für das, was in Abu Ghraib geschah, Verantwortlichkeit für einen Führungsstil, der einschüchternd und beleidigend war".

Obwohl die Folter vermeintlicher Terroristen von den sechs Generälen kritisiert wird, steht im Zentrum ihrer Rumsfeld-Schelte dessen Versagen als Oberbefehlshaber. Sie hätten die Besetzung des Irak lieber mit mehr Soldaten und mit mehr schwerer Infanterie durchgeführt, während der Minister einer geringeren Truppenzahl den Vorzug gab und diesen Malus mit einem Mehr an High-Tech-Spielereien kompensierte. Auf den ersten Blick mag das als bloße Differenz zweier gleichermaßen unsympathischer Militärfraktionen erscheinen. Dahinter könnte sich aber ein Dissens im Grundsätzlichen verbergen: Rumsfeld lehnte zusätzliche Manpower nämlich deswegen ab, um Truppen für andere Kriegsschauplätze in Reserve zu halten. Gegen diese Vision eines grenzenlosen und globalen Feldzuges gegen den Terrorismus bestanden die renitenten Generäle auf einem kleinteiligen Vorgehen, bei dem man erst einmal die Beute aus einer Operation sichert, bevor man zur nächsten antritt. Dies entspräche auch dem Interesse der Mehrheitsfraktion im US-Kapital.

Mittlerweile gibt es Anzeichen, dass die Empörung der Ex-Generäle auch auf das derzeitige Oberkommando übergreift. So will der Nachrichtendienst EIR - eine Gruppe ehemaliger Geheimdienstleute und Analysten, die dem rechtskonservativen US-Demokraten Lyndon LaRouche nahe steht - Mitte April aus dem Umfeld der Vereinigten Stabschefs (JCS) erfahren haben, "dass der JCS-Vorsitzende Peter Pace einen von einer Reihe aktiver Generäle und Admiräle unterzeichneten Brief erhalten hat, in dem sie ihre Demission ankündigen für den Fall, dass man ihnen Militärschläge gegen den Iran befiehlt". Ihr Hauptmotiv soll die Weigerung des Weißen Hauses sein, bei einem eventuellen Waffengang den Einsatz von Nuklearwaffen explizit auszuschließen.


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