Es war wieder Wohngipfel, und Horst Seehofer, der in seinem Ministerium das Bauen bloß verwaltet, aber nicht gestaltet, tönte: „Heute können wir eine außergewöhnlich erfolgreiche Bilanz ziehen.“ Wenn es nur so wäre! Die 2018 anvisierte Zahl von 1,5 Millionen neuen Wohnungen bis zum Ende der Legislaturperiode wird nicht erreicht. Deshalb greift Seehofer in die Trickkiste und zählt genehmigte, aber nicht gebaute Wohnungen dazu. Das ist unseriös, denn oftmals werden bereits genehmigte Projekte nie gebaut, weil man allein die Wertsteigerung des Grundstücks abschöpfen will.
Der Blick in die Metropolen zeigt zudem, dass die Devise, gegen Wohnungsnot helfe nur Bauen, nicht stimmt: Wohnimmobilien sind Spekulationsobjekte geworden – es wird nicht gebaut, was benötigt wird, sondern was am meisten Profit verspricht. Noch so viele Wohnungen nützen also nichts, wenn es die falschen, weil zu teuren sind. Verantwortlich dafür sind auch horrende Grundstückspreise in Großstädten: Ein Wohnungsbau für Normalverdiener ist da nicht mehr rentabel. Die dringend nötige soziale Bodenreform blockieren Konservative und Liberale, genauso wie effektiven Schutz vor starken Mieterhöhungen: Die Mietpreisbremse ist ein Papiertiger.
Wie sehr die Wohnungsfrage mittlerweile von Populismus dominiert wird, zeigt die aktuelle Hatz auf einen grünen Hamburger Bezirksamtsleiter, der, weil knapper Raum nun einmal effizient genutzt werden muss, folgerichtig ein Verbot neuer Einfamilienhaus-Gebiete erließ. Eine reaktionäre Kampagne läuft seitdem, die sich eine Bauform auf die Fahne schreibt, die Fläche frisst wie keine zweite, Energie verschwendet, Verkehr erzeugt. Sie stößt ins gleiche Horn wie das Baukindergeld, mit dem vor allem der Kauf und Bau von Einfamilienhäusern für Besserverdienende subventioniert wird.
Vergünstigungen für Begüterte statt Hilfe für jene, die sie brauchen: Wenn Politik sich so von den Problemen vieler Menschen entfernt, werden sie sich wehren. So darf man gespannt sein auf den Ausgang des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, das gerade in Berlin in die zweite Phase startet. Sein Ausgang könnte eine Zäsur bedeuten für die deutsche Wohnungsbaupolitik.
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