Eis und Sandstürme

Klima Wie wird das Leben in den Städten aussehen, wenn die globale Erderwärmung zunimmt?
Ausgabe 29/2019
Privatisierung des öffentlichen Raumes in Zeiten des Klimawandels
Privatisierung des öffentlichen Raumes in Zeiten des Klimawandels

Foto: Niklas Halle'n/AFP

Die globale Erwärmung ist in Deutschland angekommen. Zumindest in Konstanz, Heidelberg, Erlangen, Aachen und all den anderen Städten, die den Klimanotstand ausgerufen haben. Das bedeutet nicht, dass dort fortan Ausnahmezustand hinter Schutzwällen aus Bundeswehrsandsäcken herrscht, sondern erst mal nur, dass die Städte die Erderwärmung in ihrer Politik verstärkt berücksichtigen wollen. Großstädte wie Berlin, Hamburg oder München sind (noch) nicht darunter. Dass es aber vor allem die Metropolen sind, die ins Schwitzen geraten werden, haben Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich nun vorgerechnet.

2050 wird es in Großstädten auf der Nordhalbkugel so heiß sein wie heute 1.000 Kilometer weiter südlich. Damit wir das besser begreifen, haben die Forscher Städtepaare gebildet: In Madrid etwa wird es so heiß sein wie in Marrakesch, London bekommt die Hitze Barcelonas, Stockholm das Klima von Budapest, und in Moskau wird es so warm wie in Sofia. Und das alles bereits unter der sehr optimistischen, ja realitätsfernen Annahme, dass sich die Atmosphäre bis dahin nur um 1,4 Grad aufheizt.

Das bedeutet Großstadtdschungel und -wüste im wahrsten Wortsinn. Doof, dass mehr und mehr Menschen in Metropolen ziehen. Dann wird es noch mehr Menschen heiß. Kein Problem: Wozu gibt’s Klimaanlagen! Die machen es innen kalt. Blöderweise aber auch außen warm. Wie Kühlschränke transportieren sie Wärme von einem kühleren zu einem wärmeren Ort, also von innen nach draußen. Die Kältemittel, die sie dafür verwenden, sind Treibhausgase. Und sie verbrauchen viel Strom, auf absehbare Zeit aus klimaschädlichen Quellen. Trotzdem werden die hitzegeplagten Großstädter von morgen sie haben wollen. Damit es innen kalt ist. Geht man halt nicht mehr raus. Forschern des US-amerikanischen Rocky Mountain Institute zufolge werden Klimaanlagen die Erdatmosphäre bis 2100 um ein halbes Grad erwärmen. Und deshalb werden dann auch die Menschen in Helsinki sie haben wollen. Damit es auch dort innen kalt bleibt.

Wird sich das Leben in den Metropolen also in Zukunft drinnen abspielen? Werden Großstädter eisleckend hinter ihren Bürofassaden sitzen und den Sandstürmen da draußen zuschauen? Werden die Straßen verwaist sein, bis auf ein paar arme Irre, die sich über Bikram-Yoga, das bei 35 bis 40 Grad praktiziert wird, im Freien freuen? Wenn wir die Erde mit dem Klimawandel für uns unbewohnbar machen werden, wäre das immerhin eine gute Übung. Auf dem Ausweichplaneten Mars werden wir ja auch nicht ins Freie können.

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