Elio Pelli

Sportplatz Einfach ist das gewiss nicht, sieben Tage die Woche 24 Stunden täglich ein Programm mit Sport zu füllen. Zweite Bundesliga, Gewichtheben, Biathlon ...

Einfach ist das gewiss nicht, sieben Tage die Woche 24 Stunden täglich ein Programm mit Sport zu füllen. Zweite Bundesliga, Gewichtheben, Biathlon oder Wiederholungen der besten WM-Fußballspiele aller Zeiten, das reicht ja nirgends hin. Und uns reicht das natürlich auch nicht. Die Olympischen Spiele: Vergangenheit, Kurzbahn-WM der Schwimmerinnen und Schwimmer: passé. Eishockey-WM: erst Ende April. Bleibt nur Champions League, Formel 1, ein bisschen Hallen-Leichtathletik. Damit hat sichs, und wir, wir ziehen dazwischen einsam wie der Silversurfer suchend durchs TV-Universum.

Und dort treffen wir auf die Mutanten des Sport-Kosmos. Muskelbepackte Männer, die sich mit verzerrten Gesichtern möglichst schnell über einen Kraftparcours quälen, hunderte von Kilos stoßen, stemmen, reißen, tragen. Wir sehen monströs aufgemöbelte Pick-ups, die im Wettbewerb über Schrottwagen jagen. Wir sehen mutige Männer von hohen Klippen springen und wundern uns, wie wohl die knappen Badehosen beim Eintauchen in die blaue Lagune überhaupt noch halten können. Oder muskulöse Frauen, die mit gepolsterten Stäben gegeneinander antreten und sich von einer Planke zu schubsen versuchen. Gar nicht zu reden von den braun gebrannten Beach Boys, die vor tobendem Publikum in einer Halle auf einer einzigen, von einer Strudelmaschine gewirbelten Welle vor dem Logo eines Sponsors einen Meter hin und einen Meter her surfen.

Nun könnte man darüber streiten, ob das noch Sport ist, könnte darüber disputieren, ob eine agonale Struktur, also Wettkampf allein, schon Sport ist. Klar könnte man darüber streiten. Aber warum sollte man? Wir wissen ja nicht mal, wie diese Wettbewerbe heißen. Ist das "Traktor-Pulling", wenn Maschinen mit 2000 PS gigantische Gewichte durch den Sand ziehen? Wie nennt man das, wenn ein Skifahrer und ein Snowboarder ein Team sind und nacheinander über Felswände springen und durch Lawinenhänge cruisen? Heißt das "LKW-Trial", wenn Laster vornüberkippen und über Dünen purzeln? Keinen Schimmer. Und ob es Regeln gibt und wenn ja, welche - keine Ahnung. Spielt auch gar keine Rolle.

Natürlich nicht, nein, wie sollte man denn zum Beispiel den "Mega Hammer", der Roboterkonkurrenten sauberer zerlegt als jede andere ferngesteuerte Maschine, so bewundern und verehren wie den begnadeten Ballkünstler Luis Figo oder den ungestümen Lenkradartisten Juan Pablo Montoya? Eben. Nein, in der Twilight Zone der Sportkanäle zappt man sich durch ein Kuriositätenkabinett, durch Freak Shows. Man staunt wie ein Knirps, der in der Sensationen-Bude auf dem Rummel den Mann anstarrt, der einen gigantischen Stromstoß aushält und danach zwei Glühbirnen in den Ohren zum Leuchten bringt. Da staunt man, dass Windsurfen tatsächlich auch in der Halle geht, genau so wie Motocross.

Soll mir jetzt aber keiner mit blöder Halbbildung kommen und durchblickerisch "ja ja Brot und Spiele" brabbeln und eigentlich Chips und TV meinen. Darum geht`s ganz einfach nicht. Es geht auch nicht darum, ob die Welt im allgemeinen und ich im besonderen besser werden, wenn ich vom neuen Grass mehr als elf Seiten lese, statt durch die unendliche Trostlosigkeit der Event-Kultur zu irrlichtern. Nein, hier geht`s um die pure Gaudi, den schieren Blödsinn, die Feier des Stumpfsinns, an dem nichts schön- oder kluggeredet werden kann - oder es geht darum, keine Lust zu haben, endlich die Finger von der Fernbedienung zu lassen. Und, ehrlich gesagt, besser als "Höhepunkte vom Schaulaufen der Eiskunstlauf WM", mit dem regelmäßig über ausgefallene oder verschobene Sportübertragungen hinweggetröstet wird, ist das alles allemal.

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