Nun ist Marine Le Pen ein weiteres Mal an einem Wahlerfolg vorbeigerauscht. Man kann mutmaßen, dass es auch ihr nicht gänzlich unrecht ist, nicht regieren zu müssen, da es an einem konsistenten Programm fehlt. Allein mit Ausländerfeindlichkeit ist kein Staat zu machen, abgesehen von den chaotischen Zuständen, die ihre Wahl schon vor einem Regierungsantritt ausgelöst hätte.
Dass Le Pen in der Stichwahl gegen ihn zur Wahl stand, hat der Taktierer Macron erhofft und dafür einiges getan. Seine klassenfeindliche Sozialpolitik hat manche bereits in Not und Sorge lebende Menschen in den Irrtum geführt, Le Pen könnte oder wolle ihnen manche Alltagslast abnehmen.
Man weiß es ja von anderen rechten Regierungen: Man jagt zwar Migranten und Deklassierte, man knechtet Frauen und Homosexuelle, aber an den sozialen Standards wird nicht gerührt.
Wahltaktischer Machtpoker
Die Macronisten hatten Teile des hetzerischen rechten Vokabulars aufgenommen, in feinen, wohl abgestimmten Dosierungen. Der Hardcore-Innenminister Gerald Darmanin hatte in einer TV-Debatte Marine Le Pen sogar allzu große Nachgiebigkeit in der „Immigrantenfrage“ vorgeworfen. Der wahltaktische Machtpoker war riskant. Die bisher bekannten Zahlen belegen, dass die Wahl des neuen, alten Präsidenten auf einer schmalen Zustimmung beruht: Fast ein Drittel der in den Wahllisten eingetragenen Personen hat sich nicht an der Abstimmung beteiligt.
Man schätzt ferner, dass 42 Prozent der Macron-Wähler vor allem Le Pen verhindern wollten. Das weiß Macron, und angesichts einer sich abzeichnenden harten dritten Wahlrunde mit der im Juni anstehenden Parlamentswahl war seine Siegesrede dieses Mal von kreideweicher Demut geprägt. Er wolle der Präsident aller sein, er sei sich bewusst, dass er seinen Sieg nicht nur sich selber zu verdanken habe. Von den nunmehr als dritten Block zu betrachtenden Kräften des „Unbeugsamen Frankreich“ LFI hatte er bereits im Vorfeld Sprachelemente übernommen, wie die Notwendigkeit eines umfassenden ökologischen Plans, den er ganz in die Hände eines entsprechend kompetenten Premierministers legen wolle.
Gemeinnützige Arbeit
International, vorrangig aus Brüssel, hört man nur Erleichterung. In Macron vermeint man eine sichere politische Bank für ein naives „Weiter so!“ zu sehen. Und die Inszenierung seiner Siegesfeier unter dem Eiffelturm mit der – wie auch 2017 – musikalischen Untermalung der „Ode an die Freude“ sollte genau diesen Effekt herbeiführen. Doch wird die soziale Zerrissenheit immer unübersehbarer. Das Programm Macrons sieht ein Renteneintrittsalter mit 65 Jahren und mehr vor. Sozialhilfe-Empfänger sollen 20 Wochenstunden gemeinnütziger Arbeit verrichten und pro Stunde sieben Euro erhalten. Nur zwei Beispiele, die von der sozialen Härte Macrons zeugen. Und man erinnert sich, dass er nie gezögert hat, hartnäckige Proteste mit einer im Westen sonst nur in den USA üblichen polizeilichen Brutalität zerschlagen zu lassen.
Die Zahlen belegen, dass Macron nach George Pompidou im Jahr 1969 der Präsident mit den „schlechtesten“ Zahlen ist. Le Pen hat ihm zwar noch einmal seine Wiederwahl garantiert, aber es haben ihn 3,7 Millionen weniger als 2017 gewählt, während seine Rivalin 1,5 Millionen Stimmen hinzugewinnen konnte. Irgendwann wird das Bild des bösen rechten Wolfes nicht mehr hinreichend sein. Wie wird man sich dann der Geister, die man selber rief, entledigen?
Mélenchon zufrieden
Es bleibt festzustellen, dass das Wahlergebnis nicht zu einer politischen Flurbereinigung geführt hat. Jean-Luc Mélenchon von LFI hat vor der Stichwahl Macron contra Le Pen bereits auf die Parlamentswahlen im Juni verwiesen. Zur Entscheidung am 24. April äußerte er sich zufrieden: „Marine Le Pen hat die Macht nicht erobert“ – „Macron darf die ganze Macht nicht behalten“. Eine weitere aufschlussreiche Zahl in diesem Zusammenhang: 69 Prozent aller Französinnen und Franzosen sollen den Wunsch hegen nach einer anderen als einer Macronschen Mehrheit im Parlament.

Ludovic Marin/AFP/Getty Images
Wahlsieg Macrons: Lediglich ein Zeitgewinn
Meinung Der Amtsinhaber Emmanuel Macron hat sich in der Stichwahl durchgesetzt. Bei einer Gegnerin wie Marine Le Pen war er die zweitschlechteste Option. Das hat gereicht
Kommentar von Lutz Herden
Kommentare 3
Kreidebleich? Nein, es heißt kreideweich. So gab er sich, der Wiedergewählte.
Mélenchon fehlten bei der Erstwahl ja nur knapp 2 %, um ins Finale einzuziehen. Bei den Jüngeren, die ihn vorwiegend gewählt hatten, gingen aber nur etwa 40 % zur Wahl. Es wäre also ein Leichtes gewesen, sich mit Macron um die Präsidentschaft zu messen. Wäre, wäre - Fahrradsattel. Ich frage mich daher, wie Mélenchon zufrieden sein kann.
Wie in den USA wird also auch in F der Staatspräsident mit knapp einem Drittel der Wähler ins Amt gehoben. Ein Vertrauensbeweis dafür, dass endlich der gesellschaftliche Graben überwunden wird, ist das nicht.
Dieser GAP droht im Übrigen in vielen westlichen Demokratien dieselbe immer mehr auszuhöhlen; in D sind es laut einem paritätischen Gutachten etwa 13,4 Millionen Mitbürger, die unter der Armutsgrenze liegen.
Denkt man sich die Folgen der TRIAS (Corona-Pandemie mit LONG COVID, Krieg in der U, heraufziehende Klimawende) hinzu, scheinen auf lange, lange Jahre die besten Hochzeiten der Vergangenheit anzugehören.
Wie soll, fragt man sich, so die überfällige sozial-ökologische Transformation bei gefestigter und wehrhafter Demokratie in der EU gelingen?
Nicht lachen :Es braucht mehr Lafontaine!
President des riches :Cést ca.
Ich brauche einen Haarschneider der ca. 8000 Euronen p.m. Salaire (immerhin nicht pro Woche)bekommt,aber dafür viel Glück?
Die in Germanien so verwundert (wohl nur in den straatstragenden Medien)mediierten Proteste,haben alle ausser acht gelassen dass die Benzinpreiserhöhung mit einer Steuerentlastung für die Reichen im Gleichschritt daher kam?
Und das ist schon "ein paar Tage"her.
Das "Ende mit Schrecken" ist nicht eingetreten.
Und ob das wirklich so gut für Europa ist?
Oder ob man dann vielleicht Schumpeter.......?
Zitat: "Sozialhilfe-Empfänger sollen 20 Wochenstunden gemeinnütziger Arbeit verrichten und pro Stunde sieben Euro erhalten."
Also, ein Mercedes-Maybach GLS 600 4MATIC in obsianschwarz metallic kommt mit ein paar Extras wie Fußmatten, beheiztem Lenkrad und beheiztem Cupholder locker auf 220.000 Euro inkl. MwSt.
Selbst dann, wenn ein franz. Sozialhilfeempfänger 50 STUNDEN pro Woche arbeiten würde und brutto für netto, müsste ein Sozialhilfeempfänger 150 bis 200 JAHRE lang arbeiten für so einen neuen SUV von Mercedes in obsianschwarz metallic mit rund 600 PS. Kein Bürger will so lange auf ein neues Auto sparen bzw. warten. Außerdem weiß heute niemand, ob es in 200 Jahren noch Autos in "obsianschwarz metallic" gibt.
Man könnte natürlich bei der Ausstattung sparen und auf die Lenkradheizung verzichten, aber man gönnt sich ja sonst nichts und diese 310 Euro für die Lenkradheizung machen das Kraut auch nicht fett. Selbst mit Leasingfinanzierung wird das nichts, da die Leasingrate pro Monat rund 2.700 Euro betragen würde.
Was sagen die "Qualitätsjournalisten" der bürgerlichen Mitte in Deutschland zu dem Vorschlag von Emmanuel Macron und den hohen Leasingraten von Mercedes? Sind diese hohen Leasingraten nicht wachstumsfeindlich und schlecht für die deutsche Wirtschaft?