Englisches "Go"

Kommentar Klonexperimente verletzen Rechtsnormen

Nun hat das Klonen menschlicher Embryonen auch Europa erreicht. Dem Antrag des englischen Centre for Life an der Universität Newcastele, das unter seinem Dach eine Fortpflanzungsklinik und ein Zentrum für Stammzellforschung beherbergt, wurde von der Aufsichtsbehörde Human Fertilisation and Embryology Authority (HEFA) diesen Tagen stattgegeben. Grundlage für diese Genehmigung ist ein Gesetz von 1990, das die Forschung an und Vernutzung von Embryonen bis zum 15. Tag nach Befruchtung der Eizelle erlaubt. Nach der Geburt des Klon-Schafs Dolly wurde das Gesetz den neuen technischen Möglichkeiten angepasst: Seit 2001 ist in England das Fortpflanzungsklonen verboten, das Klonen von Embryonen zu Forschungszwecken gestattet.

Das Centre darf jetzt Eizellen entkernen, ihnen die Kerne von Stamm- oder Hautzellen einer anderen Person einschleusen und eine Befruchtung der Eizelle stimulieren, so dass es zur Entwicklung eines Embryos kommt. Dieser Embryo ist freilich nur Mittel zum Zweck. Die Forscherinnen und Forscher vom Centre for Life wollen die Embryonen nach ein paar Tagen im Blastozystenstadium zerlegen, ihnen die begehrten Alleskönner-Stammzellen entnehmen und diese eventuell gezielt für die Zucht von Ersatzgeweben verwenden. Die Genehmigung gilt zunächst für ein Jahr. Offenbar rechnet man mit einer längeren öffentlichen Debatte, und auch der HEFA ist klar, dass der therapeutische Nutzen höchst ungewiss ist.

Woher sollen in Großbritannien die Eier für die Klonexperimente kommen? Natürlich von Frauen, denen die Fortpflanzungsklinik im Haus durch In-vitro-Fertilisation (IVF) zu einem Kind verhelfen will. Werden hier "Geschäfte" getätigt, etwa in Form von Preisnachlässen für die IVF, wenn zusätzlich Eizellen "gespendet" werden? Angeblich sollen nur Eizellen verwendet werden, die sich nicht befruchten lassen und insofern "überzählig" sind. Doch hier sind Zweifel angebracht: Denn warum sollten ausgerechnet eingeschränkt funktionsfähige Eizellen den außerordentlich strapaziösen Klonierungsvorgang überleben?

Jeder geklonte Embryo erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwo auf der Welt das erste geklonte Kind zur Welt kommt. Der technische Vorgang der Erzeugung von Blastozysten durch Klonierung ist unabhängig von der Zielsetzung (reproduktives Klonen oder Forschungsklonen). Die Verfeinerung der Klontechnik kommt Stammzellforschern und Reproduktionsmedizinern gleichermaßen zugute. Weltweit. Da nützt es nichts, dass die HEFA sich darauf beruft, dass das Babyklonen in England verboten und das Forschungsklonen deshalb zu verantworten sei. In zahlreichen anderen Ländern gibt es hierzu keine Gesetze. Ohne ein weltweites Verbot des Fortpflanzungsklonens ist das englische Vorgehen verantwortungslos - auch nach englischen Maßstäben.


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