Er hat die Formel

Sportplatz Kolumne

Schumi kann nicht mehr. Seit zu Beginn der Saison das Formel 1-Reglement verändert wurde, fährt der alte Ferrari nur noch hinterher. Nach zwei Saisonrennen, im ersten baute Schumi einen hübschen Unfall, im zweiten fuhr er einfach nur zu langsam und landete auf dem 7. Platz, verspritzen nun meist die blau-gelben Renault-Fahrer ihren Sieges-Champus. Dass unser Schumi nach fünf WM-Titeln in Folge jetzt auch einmal anderen die Vorfahrt lässt, ist gut für höhere Einschaltquoten und deshalb auch gut für Sponsoren.

Bald kann also Formel-1-Chef Bernie Ecclestone wieder seine Goldstücke zählen, denn ihm allein gehört praktisch der gesamte Renn-Zirkus. Und das für die nächsten 100 Jahre! Während die Formel 1-Fahrer seit Jahrzehnten immer nur im Kreis fahren, entdeckte Ecclestone Mitte der 70er Jahre als erster die finanziellen Möglichkeiten dieser Rennserie. Schon in den Jahren zuvor hatte er als Second-Hand Motorrad-Händler Sinn für Finanztricks bewiesen. Mit der Vermarktung der Formel 1 avancierte er bald zu einem der reichsten Männer Großbritanniens. Sein Finanzimperium stützt sich auf ein undurchsichtiges Netz geheimer Abkommen, persönlicher Abhängigkeiten und obskurer Unternehmen. So fließt beispielsweise ein Großteil der Formel 1-Werbeeinkünfte, im Jahr 2003 waren dies immerhin 800 Millionen US-Dollar, an die in einem Steuerparadies angemeldete Firma "Petara". Diese wird von Ecclestones Frau Slavica geführt und ist nach deren beiden Töchtern, Tamara und Petra, benannt. Ecclestone selbst hat sich die kommerziellen Rechte an der Formel 1 bis zum Jahr 2110, also für mehr als 100 Jahre gesichert. Seitdem bestimmt er im Alleingang, wie die Werbeeinnahmen verteilt werden und gönnt sich selbst dabei stets das fetteste Stück vom Dollar-Kuchen.

So lief die Formel1-Geldmaschine seit Jahren immer weiter: Schumis Ferrari siegte und Ecclestone kassierte. Doch jetzt ist das Finanz-Kartell des 74-jährigen Engländers in Gefahr, denn sowohl die Banken als auch die Formel1-Teams verlangen mehr Geld und mehr Einfluss. Ecclestone hatte einen Großteil der Vermarktungsrechte, die er einst für 360 Millionen US-Dollar erworben hatte, später für 1,6 Milliarden Dollar an die in Bayern ansässige Kirch-Gruppe weiterverkauft. Diese finanzierte den Kauf vor allem mit Krediten der Bayerischen Landesbank aber auch mit Hilfe anderer Kredithäuser. Nach der Kirch-Pleite wurden diese Geldhäuser unvermutet zu den Besitzern der Formel 1-Rechte. In einem Prozess um die Machtverteilung im Renngeschäft gewannen die Banken im Dezember 2004 gegen Ecclestone, doch erklärten sie schon wenige Wochen später, wahrscheinlich nach finanziellen Zugeständnissen des milliardenschweren Ex-Rennfahrers, sie hätten kein Interesse, Ecclestone von seiner Kontrollposition zu entfernen.

Neben den Banken hoffen auch die Formel 1-Teams auf mehr Spesen von Ecclestone. Die meisten von ihnen sind durch das sogenannte "Concorde"-Abkommen noch bis 2007 an Ecclestones Formel 1 gebunden. Um den "big boss" unter Druck zu setzen, drohen sie zur Zeit damit, nach Ablauf des Vertrages eine eigene selbstvermarktete Rennserie zu gründen. Ecclestone antwortete auf diese Drohung, indem er mit Ferrari, der ältesten und werbeträchtigsten Formel 1-Mannschaft, im Januar diesen Jahres einen neuen "Concorde"-Vertrag bis 2012 unterzeichnete, was den Italienern zur Belohnung einen Extra-Bonus von 100 Millionen Euro einbrachte. Ohne Ferrari können die anderen Teams kaum eine neue Serie gründen. Ecclestone scheint also wieder einmal gewonnen zu haben. Selbst wenn er künftig, wie er selbst sagt, "ein paar Dollar mehr" wird abgeben müssen, bleibt er letztlich der alleinige Chef der Formel 1.

Und Michael Schumacher? Der wird vielleicht schon beim nächsten Rennen am 3. April in Bahrein mit einem neuen ferrari-roten Rennwagen an den Start gehen. Und wenn er dann wieder gewinnen sollte, bliebe auch auf der Rennstrecke alles beim Alten.


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