Er ist Gottes Wille

USA Präsident Trump gerät juristisch immer stärker unter Druck. Seine Anhänger scharen sich nur enger um ihn
Ausgabe 11/2019
Angeblich versuchen verschiedene Behörden schon lang, Donald Trump abzusägen. Beeindruckt hat ihn das bisher nicht
Angeblich versuchen verschiedene Behörden schon lang, Donald Trump abzusägen. Beeindruckt hat ihn das bisher nicht

Foto: Jim Watson/AFP

Juristisch gesehen können schwere Zeiten zukommen auf das Weiße Haus. Demokratische Politiker und Untersuchungsausschüsse empören Donald Trump mit Fragen über Schweigegelder und einen Immobiliendeal in Moskau. Sie wollen wissen, warum Schwiegersohn und Berater Jared Kushner trotz der Bedenken im Sicherheitsapparat Zugang zu höchsten Geheimnissen bekam. Die Opposition hofft auf einen scharfen (und öffentlichen) Abschlussbericht von Sonderermittler Robert Mueller – vielleicht sogar Anklagen.

Aber trotz aller Angaben über Trumps nicht eben hohe Beliebtheitsquote (derzeit um die 40 Prozent) und des angeblichen Chaos im Weißen Haus geht es dem Präsidenten politisch gesehen gar nicht so schlecht. Er hat bisher geschafft, was einem Amtsvorgänger wie Richard Nixon nicht gelang, als diesem beim Watergate-Skandal die Decke auf den Kopf fiel. Nixons Umfragewerte lagen vor seinem Rücktritt 1974 bei rund 25 Prozent. Die Republikaner im Kongress gingen auf Distanz. Heute halten sie zu Trump. Die Ursachen sind vielfältig: Wirtschaftlich gesehen hat die Politik des Präsidenten keineswegs die von manchen Kritikern prophezeiten Einbrüche gebracht. Die Steuerpolitik zur Entlastung der Gutverdiener und der Verzicht auf Vorschriften im Umweltbereich erfüllten lange gehegte republikanische Wünsche. Folglich ist die politische Dynamik eine andere als zu Zeiten von Richard Nixon.

Trump war kein Wunschkandidat des republikanischen Establishments. Er hat vielmehr weiße Bevölkerungsgruppen aus der Mittelklasse und Arbeiterschicht mobilisiert mit Feindbildern und der Zusage, er werde aufräumen in Washington. Heute ist Trump nicht so sehr auf republikanische Größen angewiesen, eher umgekehrt. Das Magazin US News and World Report zitiert einen Analysten: Dieser Präsident möge unbeliebt sein bei vielen Amerikanern, an der Parteibasis sei er beliebt. Deshalb wollten republikanische Politiker nicht als Gegner auftreten. „Am sichersten ist es, wenn man auf seiner Seite steht“, dann drohe bei Vorwahlen weniger Konkurrenz.

Alternative Fakten regieren

Gut drei Viertel der Republikaner sind laut Umfragen mit Trump zufrieden. Harter Kern sind weiße Evangelikale, die etwa ein Viertel der US-Wähler ausmachen. Diese angeblich „Familienwerte“ vertretenden Gläubigen lassen sich nicht stören von Trumps Lebenswandel. Gott könne auch so jemanden wie Donald Trump nutzen. Pressesprecherin Sarah Sanders sprach vielen aus dem Herzen, als sie im Fernsehkanal Christian Broadcasting Network jüngst erklärte: Gott habe gewollt, dass „Donald Trump Präsident wird“.

Als besonders positiv bewerten es Evanglikale, dass Trump konservative Bundesrichter ernannt hat. Sie hoffen, dass der Oberste Gerichtshof bald sein Urteil von 1973 zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und das zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen von 2015 revidiert. Und wenn der Präsident eine Grenzmauer will, passt das ins Weltbild von Amerikanern, die sich als Opfer fühlen in einer Welt, die ihren Status in Frage stellt.

Kurz nach Trumps Amtsantritt Anfang 2017 hatte dessen Beraterin Kellyanne Conway von „alternativen Fakten“ gesprochen, um Falschaussagen zu rechtfertigten. Das sorgte für Hohn, doch „alternative Fakten“ haben sich durchgesetzt. Anklagen prallen ab, auch dank Fox News, dem meist gesehenen Nachrichtensender. Dort sprechen die Moderatoren vom „deep state“, einem tiefen Staat von Gemeindiensten, Sicherheitsorganen und Bürokraten, die allesamt Trump absägen wollten. Zu Watergate-Zeiten dagegen lebten Nixons Freunde und Feinde mit mehr oder weniger identischen Fakten.

Die Wortführer von Trumps Anhängerschaft geben sich optimistisch mit Verweis auf das US-Wahlsystem, bei dem keine nationale Mehrheit erlangt werden muss, sondern nur die Mehrheit in Bundesstaaten mit der ausreichenden Zahl von Wahlmännern. Die konservative Webseite townhall.com hat jüngst vorgerechnet: Trump habe 2016 bei einem Beliebtheitswert von 45 Prozent in 30 der 50 Bundesstaaten gewonnen. In mehr als der Hälfte dieser Staaten liege seine Quote heute bei über 50 Prozent.

Die Demokraten ringen mit der Frage, wie sie darauf reagieren. Da Trump von rechts regiert, soll man von links kommen? Oder die Mitte suchen? Die innerparteiliche Debatte der letzten Wochen offenbart tiefe Meinungsverschiedenheiten. Bei den Republikanern ist der Kurs klar: Weiter mit Trump. Mit wem sonst?

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