Er ist wieder da

Hoeneß Die Re-Inthronisierung als Bayern-Chef zeigt den Eliten vor allem eines: So schlimm ist das gar nicht, wenn es mich ereilt
Ausgabe 48/2016
Aus dem Vollzug ins Scheinwerferlicht
Aus dem Vollzug ins Scheinwerferlicht

Foto: ActionPictures/Imago

Noch einmal Hoeneß? Warum das? Weil es grad so weitergeht, wie es vorher war. Kaum hockt Hoeneß wieder auf seinem Platz unter Promis im Allianz-Stadion, da gewinnt der FC Bayern sein Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen wegen eines Schiedsrichterfehlers! Bayern-Dusel nennt man das. Man darf jetzt als gesichert ansehen, dass der mit der Person des obersten Bayernmachers verbunden ist. Jetzt, wo er wieder da ist, können die Münchner auch wieder die Champions League gewinnen.

Das ist ein ganz neuer Aspekt, um noch einmal die Frage aufzuwerfen: Darf der das denn überhaupt? Es ist aber diese Frage sehr knapp und eindeutig zu beantworten: Ja, er darf das. Uli Hoeneß hat seine Strafe verbüßt, Urteil und Haft sind Vergangenheit und der Weg zurück auf den Platz, an dem er jahrzehntelang gearbeitet hat – hervorragend gearbeitet hat –, darf ihm nicht verschlossen sein. Das ist eben doch anders als bei jener hannoverschen Bischöfin, die alle ihre Ämter niederlegte, nachdem sie von der Polizei mit Alkohol am Steuer erwischt worden war. Der Spott, mit dem sie fortan von allen Seiten immer wieder überschüttet worden wäre, hätte ihre weitere Amtsführung zu sehr belastet.

Und die Vorbildfunktion? Hier könnte man einwenden, dass der frühere Nationalspieler und übermächtige Bayern-Boss heute für mehr Jugendliche ein bewundertes Vorbild ist als eine Bischöfin aus Hannover. Indes: Die Fälle sind mehr noch aus einem zweiten Grund nicht vergleichbar. Im Umfeld des europäischen Fußballs wäre ein Spitzenfunktionär eher dann schwer im Amt zu halten, wenn herauskäme, dass er in Wirklichkeit Antialkoholiker ist und sich bei allfälligen Runden sein Glas mit Apfelschorle füllen lässt.

Hoeneß macht weiter. Aber es hat sich schon gezeigt, dass er geläutert ist. In einer ersten Aufwallung alter Kampfeswut, wohl inspiriert von der Freude über die neue alte Rolle, bezeichnete er den derzeitigen Spitzenreiter der Bundesligatabelle RB Leipzig als „Feind“. Das nahm er dann doch zerknirscht zurück: Feinde gebe es nur im Krieg. Die Leipziger seien „Rivalen“ im Kampf um die Deutsche Fußballmeisterschaft. Der Mann, der in München an der Säbener Straße für die Abteilung Attacke zuständig war, will diesem Ruf ungebrochen auch zukünftig gerecht werden, wenn auch sprachlich sensibler. Und da sage noch einer, das Gefängnis mache die Gefangenen kaum besser.

Deutschlands Fußball-Chefs, das ergab eine Umfrage, freuen sich über die Rückkehr des Kollegen. Die Mitglieder des FC Bayern bescherten ihm bei der Wiederwahl mit 97,7 Prozent der Stimmen ein Ostblock-Ergebnis. Kollegen im Aufsichtsrat wie der abgedankte VW-Boss Martin Winterkorn dürfen sich sagen: So schlimm ist das gar nicht, wenn es mich ereilt.

Der Autor und Journalist Jürgen Busche schreibt in seiner Kolumne Unter der Woche regelmäßig über Politik und Gesellschaft

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