A
Alkohol Einen Hot Toddy gegen Erkältung? Mit dem Cocktail aus Whisky, Honig, Zitrone und heißem Wasser (oder ergänzt mit Tee) wappnet man sich in Irland und Schottland seit Jahrhunderten gegen nasskalte, lange Winter. Doch die Wirkung des Zaubertrunks beruht wohl eher darauf, dass man danach komatös ins Bett fällt und nicht mehr anders kann, als sich ordentlich auszukurieren.
Auch wenn viele Erkältungsarzneien Alkohol enthalten – weil der hilft, pflanzliche Stoffe (➝ Vitamine) zu lösen –, sollte man keinen Kurzen kippen. Schnaps setzt dem Körper bei Erkältung zu, da Alkohol das Immunsystem schwächt. Was ist nun an Omas Tipp mit dem warmen Bier dran? Wenn auf 40 Grad erhitzt (nicht darüber), wirken die Bitterstoffe und ätherischen Bestandteile des Hopfen antibakteriell und schlaffördernd. Gegen den bitteren Geschmack hilft ein Löffel Zucker oder Honig im Bier. Helena Neumann
B
Brühe Es ist nicht die antibiotikareiche Ernährung, die das Huhn in gekochtem Zustand zu einem tatsächlich wirkungsvollen Heilmittel bei Erkältungen macht. Auch ein glückliches Landhuhn kann Darniederliegenden etwas Glück durch Linderung verschaffen. Eine üppige Hühnerbrühe blockiert Neutrophile, bestimmte weiße, für Entzündungsprozesse verantwortliche Blutkörperchen, die bei grippalen Infekten und Virusinfektionen in großen Mengen freigesetzt werden. In der Brühe ist Cystein enthalten, eine Aminosäure, die entzündungshemmend und abschwellend auf die Schleimhäute wirkt. Dazu werden große Mengen Zink in der Hühnersuppe an den Eiweißbaustein Histidin gebunden, was den bei Infekten hilfreichen Mineralstoff gut resorbierbar macht. Mit gekochtem Ingwer, einer Chilischote und einer Handvoll schwarzen Bohnen können die Effekte noch gesteigert werden. Dazu Sellerie, Karotten und Zwiebeln. Fast sehne ich mir die ersten Symptome herbei, um das Süppchen auslöffeln zu dürfen. Marc Ottiker
E
Essig Kaum waren beim Enkel die ersten Anflüge einer Erkältung oder gar Grippe auszumachen, holte mein Großmutter mit der ganzen Entschiedenheit ihrer fürsorglichen Vehemenz eine Rolle Frischhaltefolie aus dem Küchenschrank, legte zwei Geschirrtücher bereit und setzte einen Topf mit Wasser auf. Was sie in dem Topf zum Kochen brachte, ist ein Rätsel, das sie mit ins Grab genommen hat. Sicher ist, dass es in der Wohnung, wo ich die Jahre bis zur Einschulung verbrachte, schon bald nach Essig roch.
Mindestens eine Flasche Tafelessig muss sie da reingeschüttet haben. War der Sud abgekühlt, kam sie mit dem Topf zum Krankenlager, tauchte die Geschirrtücher hinein und wickelte die dann um je eine meiner Waden. Mit Frischhaltefolie wurde das Ganze wasserdicht verpackt. Nun musste ich die ganze Nacht mit kalten Wadenwickeln im Bett liegen. Eine nasse Kälte (➝ Nässe) kroch wie eine glitschige Kröte vom Fußende hinauf in meine Eingeweide und wurde da in jeden Winkel meines kleinen Körpers getragen. Allein nach der Prozedur wieder in einem trockenen Schlafanzug zu stecken, war wohltuend. Ein Placeboeffekt, der durch das vorübergehende Erschaffen einer wirklich misslichen Lage nach Beheben derselben erzielt wird. Marc Ottiker
H
Händeschütteln „Sorry, lieber nicht, bin erkältet“ – es ist klug, auf den in westlichen Gefilden üblichen (➝ Regionales) Begrüßungshandschlag zu verzichten, wenn man infiziert ist. Laut der Weltgesundheitsorganisation werden 80 Prozent aller Infektionskrankheiten über die Hände übertragen. Weil wir mit unseren Händen nahezu alles anfassen, sind es, virologisch betrachtet, die schmutzigsten zwei Körperteile. Daher wäre es theoretisch sinnvoll, die Hände vor dem Toilettengang zu waschen. Theoretisch.
Weitere Faust- beziehungsweise Handregeln für die Erkältungssaison: Wenn möglich, nicht in die Hand niesen (➝ Taschentuch). Der Ellenbogen ist ein Freund bei Infekten. Mit ihm kann man sicher Türklinken klinken und ihn schützend vors Gesicht halten. In jedem Fall: Regelmäßig Hände waschen. Besser noch: Desinfizieren. Konstantin Nowotny
I
Impfen Lange Zeit war es mir ein Rätsel, warum Menschen sich gegen Grippe impfen lassen: Es gibt doch viel zu viele verschiedene Erreger, dachte ich, das kann doch nichts bringen. Nach der ersten Grippe-Saison mit Kita-Kind und fünf fiesen Erkältungen in drei Monaten habe ich noch mal recherchiert: Anscheinend werden Geimpfte tatsächlich seltener krank. Wenngleich die Impfung nicht sicher immunisiert:Mich zumindest gegen einige Viren zu wappnen, bevor sie mich niederstrecken, werde ich diesen Herbst ausprobieren. Sophie Elmenthaler
M
Männer Entwarnung! Die Männergrippe ist kein erfundenes Leiden des vermeintlich stärkeren Geschlechts. Forschungen zeigten, dass das weibliche Hormon Östrogen die Vermehrung der körpereigenen Immunzellen unterstützt, die die Krankheitserreger bekämpfen. Das männliche Hormon Testosteron hingegen wirkt sich genau gegenteilig aus. Außerdem liegen auf dem X-Chromosom vermutlich bestimmte microRNA, die sich positiv auf die Immunkompetenz auswirken – und davon haben Frauen nun mal zwei und Männer nur eins. Genetik allein bestimmt aber nicht über das Schniefen. Denn eine gesunde Ernährung stärkt das Immunsystem – und auf die legen Männer statistisch gesehen weniger Wert als Frauen. Sarah Beudt
N
Nässe Tradiertes Wissen kann irren. So lösen nasse Haare, nasskalte Füße oder klamme Kleidung keine Erkältung aus – das ist die gute Nachricht. Wissenschaftler konnten keinen direkten Zusammenhang zwischen Nässe und Erkrankung feststellen. Die angebliche Großelternweisheit ist folglich Humbug. Allerdings befördert Nässe in Haaren, an Füßen und in der Kleidung das Auskühlen des Körpers. Und das ist keine so gute Nachricht.
Dadurch werden die Schleimhäute der Atemwege weniger durchblutet, was sie als Teil des Immunsystems schwächt. Die umherschwebenden Erkältungsviren haben eine größere Chance, die lokale Abwehr zu überwinden und den Körper zu befallen. Wer ohne Mütze rausgeht, erlebt denselben Effekt, ganz ohne Nässe. Darum erkälten sich Winter- und Regenjogger nicht, weil sie die Körpertemperatur hoch halten. Und: Trockenheit ist schlecht. Gerade die trockene Luft (➝ Zugluft) der im Winter beheizten Räume schadet den Schleimhäuten in ganz ähnlicher Weise. Tobias Prüwer
R
Regionales Die Spanische Grippe, die 1918 Millionen Opfer weltweit forderte, kam nicht aus Spanien, wissen Experten. Aber dort sei zum ersten Mal über sie berichtet worden. Der Virus, der zum Auslöser der Pandemie wurde, stamme vermutlich aus dem Mittleren Westen der USA. Die Asiatische Grippe von 1957 hingegen habe ihren Ursprung wahrscheinlich in China, aber auch das sei nicht sicher. Regionale Zuschreibungen erfolgen schnell, und manchmal sorgen sie für Probleme und Diskriminierung. Einige Forscher erklärten bereits, alle Grippeviren seien aus Asien gekommen.
Übrigens sorgen Wissenschaftler selbst für überregionale Verbreitung, wie vor zehn Jahren, als sie Grippeviren aus den USA irrtümlich weltweit an andere Labore verschickten. Gut, dass wenigstens der Ursprung der „Wiesengrippe“ genau verortet werden kann. Die tritt regelmäßig nach dem Oktoberfest auf, weil Enge und Gedrängtheit in den Zelten ein prima Klima für den Virus ergeben, egal wo er herkommt. Gemütlichkeit ist nicht immer gesund. Magda Geisler
T
Taschentuch Die Höflichkeit verlangt den Griff zum Taschentuch, die Medizin ist sich nicht ganz sicher. Wer zu stark ins Taschentuch schnäuzt, riskiert, dass Keime in die Nasennebenhöhlen gelangen und dort eine Entzündung auslösen. Allerdings geht eine Sinusitis oft mit einem Schnupfen einher, da den Viren durch die verstopfte Nase ein idealer Lebensraum geboten wird: Sie siedeln sich in der Nebenhöhlenschleimhaut an, vermehren sich und evozieren eine Entzündung. Andererseits kann durch den ausgelösten Druck über die Ohrtrompete der Schleim der entzündeten Nasenschleimhaut vom Nasenrachen ins Mittelohr gepresst werden, wodurch es wiederum dort zu einer Entzündung kommen kann.
Das Schniefen ist auch nicht folgenfrei: Schleim, der runtergeschluckt wird, könnte möglicherweise in die Atemwege gelangen und dort eine Bronchitis auslösen. Daher ein Pro fürs Taschentuch: Putzt man sich die Nase, entsteht ein Luftwirbel im Rachen, der verhindert, dass die Keime in Bronchien und Luftröhre gelangen. Wie man’s macht, macht man’s falsch?! Nicht ganz. Wer nicht zu heftig ins Taschentuch schnäuzt und jedes Nasenloch einzeln putzt (da sie sonst aufgrund unterschiedlicher Schwellung nicht gleichmäßig sauber werden) macht nicht viel falsch. Im Endeffekt ist aber beides nutzlos. Denn Atembeschwerden bei einem Schnupfen kommen hauptsächlich von den geschwollenen Schleimhäuten – und das können weder das Taschentuch noch die eigene Schniefkraft ändern. Sarah Beudt
V
Vitamine „An apple a day keeps the doctor away!“ – Ein Apfel am Tag, und der Arzt fernbleiben mag! Sicher, Obst ist gesund, und Vitamine sind für den Menschen in vielerlei Hinsicht essenziell. Vor einer Erkältung schützen soll vor allem das sehr verehrte Vitamin C. Das tut es aber nicht.
Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass die vorbeugende Einnahme von hochdosiertem Vitamin C die Krankheitsdauer etwas abkürzt – um bis zu einen Tag. Ist die Erkältung eingetreten, hilft die bitterste Grapefruit nicht mehr. Ebenso hilflos ist das beliebte Hausmittel heiße Zitrone, zumal der Vitamingehalt nicht sehr hoch ist. Hier wirkt eher die Hitze lindernd. Lädierte Schleimhäute mögen warme Getränke (➝ Brühe). Besser, man kombiniert das Vitamin C mit Zink, wie es als Pulver zum Aufgießen in Apotheken angeboten wird. Oder hört auf einen chinesischen Tipp und trinkt Ingwertee. Der enthält zwar auch Vitamin C, aber zudem ätherische Öle, die tatsächlich gegen eine Erkältung helfen. Tobias Prüwer
Z
Zugluft Kann man sich durch Zugluft erkälten? Eine Studie aus Johannesburg ergibt ein klares Nein als Antwort. Probanden, die nach einem warmen Bad 30 Minuten im Badeanzug in einem zugigen Flur stehen mussten, erkälteten sich nicht häufiger als Probanden ohne Zugluft-Zufuhr. Auch mit Viren infizierte Frierende auf dem Flur wurden nicht öfter krank als Infizierte, denen das Bibbern erspart blieb. Als Ursprung für den Zugluft-Mythos wird ein alter babylonischer Aberglaube vermutet, der im Windhauch Dämonen wähnte. Zugluft beschert einen steifen Nacken und einen trockenen Nasen-Rachen-Raum, wenn die Luft trocken ist. Das begünstigt zwar Erkältungen, ist aber keine Ursache. Sophie Elmenthaler
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