Für das Interview schlägt Salomé Balthus ein Café am Paul-Lincke-Ufer in Berlin-Kreuzberg vor. Mittags sei dort wenig los, dann habe man seine Ruhe. Sie will über die Themen Escort und Sexarbeit sprechen. Und über ihre Agentur Hetæra, die sich durch ein solidarisches und kollektiv verwaltetes Konzept auszeichnet.
der Freitag: Frau Balthus, wieso heißt Ihre Agentur Hetæra?
Salomé Balthus: Der Begriff Hetäre kommt aus der Antike und spielt auf eine Epoche an, in der unsere Tätigkeit Achtung fand. In der klassischen Antike unterteilte sich das Milieu der Prostituierten in mehrere Kategorien. Es gab zum Beispiel Straßenmädchen und Bordellprostituierte, die Sklavinnen waren. Und dann gab es die Hetären, die sich freigekauft hatten und selbstständig waren. Im Gegensatz zu anderen genossen die Hetären mehr Freiheiten und konnten sich frei in der Öffentlichkeit bewegen.
Und wie unterscheidet sich Ihre Agentur konkret von anderen?
Die meisten Agenturen verlangen eine Provision von 30 Prozent, obwohl sie vielleicht nur einen Anruf entgegennehmen – dabei sind es die Frauen, die die Leistung erbringen. Wenn eine ganze Nacht 3.000 Euro kostet, verdient die Agentur daran 1.000. Wofür eigentlich? Ich finde es besser, die Kosten für die Website und Organisatorisches zu teilen, alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam zu treffen und keine Provision zu verlangen. Es ist mir wichtig, dass wir auf einer Augenhöhe agieren, schließlich arbeite ich genauso als Escort wie die anderen. Wir sind Kolleginnen, wir machen das gemeinsam. Ich bin wie der Typ in dem besetzten Haus, der halt den Abwasch macht, obwohl ihm das Geschirr nicht gehört. Irgendjemand muss sich immer um den Abwasch kümmern.
Zur Person
Salomé Balthus heißt eigentlich anders. Sie arbeitet seit fünf Jahren als Escort. 2016 hat sie sich mit ihrer Agentur Hetæra selbstständig gemacht. Sie studierte in Berlin Philosophie und Literatur und schloss als Magistra ab
Foto: Studio Forty Four
Gibt es denn bestimmte Voraussetzungen für eine Bewerbung? Ihre Kolleginnen entsprechen in meinen Augen schon einem sehr bestimmten Bild von Schönheit.
Ich kenne Agenturen, die eine bestimmte Körpergröße oder ein Höchstgewicht verlangen – da sind wir anders. Es geht in erster Linie darum, dass die Frauen ein eigener Typ sind. Ich treffe mich mit jeder Frau einzeln und lerne sie kennen. Sie dürfen nicht ängstlich wirken oder eingeschüchtert, sondern stark und frei. Wir unterscheiden uns von anderen Agenturen, weil wir Frauen annehmen, die Individualistinnen sind. Frauen, für die das nicht ein heimlicher Nebenjob ist, sondern ein Lebensstil. Sie bringen eine gewisse Stärke gegenüber den Kunden mit, weil es für sie auch etwas ist, worüber sie sich identifizieren. Es gibt so viele verschiedene schöne Frauen. Ein Ausschlusskriterium gibt es für mich jedoch: künstliche Brüste.
Wieso das?
Wenn eine Frau ihren Körper künstlich manipuliert durch das Hinzufügen von Plastik-Fremdkörpern, weil sie sich sonst nicht schön findet, dann finde ich das so falsch, dass ich sagen würde: Du bist bei uns nicht richtig.
Es hört sich so an, als würde man für einen Abend in eine andere Welt tauchen. Das erinnert mich an eine Performance im Theater. Lässt sich das vergleichen?
Auf jeden Fall. Wenn der Kunde sich die Website ansieht, dann hat er den Wunsch, einem Wesen aus einer anderen Welt zu begegnen. Meistens fängt man auf diese Weise an und öffnet sich dann mehr und mehr. Es ist nicht so, dass man dem Mann komplett was vorspielt, es ist eine Art Spiel mit Identitäten, ein bisschen so wie Theater. Es ist der Spaß am Spiel, aber ohne den Zwang, das wirklich durchzuziehen.
Fällt es manchmal schwer, in der Rolle zu bleiben?
Ja, natürlich. Ich habe viel Spaß an dieser Tätigkeit. Zumal es immer wieder lustige Situationen gibt. Einmal hatte ich zum Beispiel einen Kunden, der vor Aufregung einen Schluckauf bekam und ihn nicht mehr loswurde. Jedes Mal, wenn ich angefangen habe, ihn anzufassen, ging es wieder los. Am Ende haben wir die ganze Zeit lachend auf dem Bett verbracht.
Das klingt nach einem Abend, der nicht zwangsläufig auf Sex hinausläuft. Ist Escort trotzdem eine Form von Sexarbeit?
Die Tätigkeiten, die vom Staat unter dem Namen Prostitution zusammengefasst wurden, sind sehr verschieden. Die Arbeit einer Domina ist völlig anders als die von einer Frau im Bordell. Wenn der Staat sagt, ich bin Prostituierte, genau wie die Frauen auf dem Straßenstrich, dann ist das keine Interpretation mit Rücksicht auf meine individuelle Befindlichkeit, sondern ein machtpolitisches Faktum. Aber genau das vereinigt uns Prostituierte über alle sozialen Unterschiede hinweg und fordert unsere Solidarität. Wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen!
Würden Sie den Begriff Prostitution dennoch benutzen?
Wenn die Gesellschaft sagt, dass ich eine Prostituierte bin, und die anderen werden diskriminiert, dann sage ich natürlich, dass ich Prostituierte bin. Ich würde auch sagen, ich wäre Jüdin, wenn ich merke, Juden werden diskriminiert. Das ist eine Frage der Haltung. Falsch und geradezu ein Unwort finde ich aber den Begriff „Zwangsprostituierte“. Frauen, die zum Sex genötigt werden, sind keine Prostituierten. Frauen, die zum Sex genötigt werden, werden vergewaltigt. Es ist eine Unverschämtheit, diese Frauen Prostituierte zu nennen. Zwangsprostitution ist ein schrecklicher Euphemismus, der dazu führt, dass diese Frauen sich noch mehr schämen und zögern, sich Hilfe zu holen.
Ab dem 1. Juli 2017 müssen sich Prostituierte unter anderem persönlich in einer Datenbank registrieren lassen. Bietet das neue Gesetz mehr Sicherheit?
Ein Escort kann nie absolute Sicherheit haben, so wenig wie ein Taxifahrer absolute Sicherheit haben kann, wenn er nachts allein auf der Straße mit dem Taxi unterwegs ist. Es ist verständlich, dass ein Gewerbe Regeln haben muss, aber es gibt eben auch Regeln, die so absurd sind, dass sie es praktisch unmöglich machen. Ich denke, viele Sexarbeiterinnen haben Angst, weil die Ausführungsbestimmungen bei dem Gesetz so unsicher sind. Im Gesetz steht, dass eine besondere Vorsicht zu wahren ist mit den Daten, aber es ist völlig unklar, wie das geschehen soll. Ich finde es richtig, dass es etwa denjenigen an den Kragen geht, die Sex ohne Kondom anbieten. Ich finde es auch richtig, dass Frauen offiziell das Recht haben, Honorare einzuklagen.
Kann man sich aus dieser Datenbank wieder löschen lassen?
Eben nein, und wenn man zum Beispiel Lehrerin werden möchte oder Betreuerin, dann kann es vielleicht dazu führen, dass man später diesen Beruf nicht ausüben kann. Da kommen viel Dinge auf uns zu, die wir nicht abschätzen können. Was passiert, wenn es den Hurenausweis gibt? Hat auch der Vermieter das Recht auf Einsicht in diese Datenbank?
Einige Feministinnen plädieren für ein Verbot der Prostitution.
Dass die Öffentlichkeit darüber streitet, was eine Frau tun darf, bin ich gewohnt – nicht nur als Hure, auch als Frau. Margarete Stokowski schreibt in ihrem bemerkenswerten Buch,dass Schönsein Arbeit ist, die von Frauen einfach erwartet wird. Dabei kostet es Zeit und Geld. Da kann man sich als emanzipierte Frau entweder von diesen Zwängen frei machen – was eine coole Haltung ist. Oder man sagt: Ich erfülle die Erwartungen, aber dafür müsst ihr zahlen. Der Punkt von Alice Schwarzer ist ja, dass wir eine bloße Ware seien, was mit der Menschenwürde unvereinbar sei. Doch ich bin nicht die Ware, sondern ich erbringe eine Dienstleistung. Das ist der Unterschied zwischen Ware und Produktionsmittel. Schwarzer fehlen die Denkmittel der marxistischen Dialektik. Die Frage ist, ob Frauen, die anderen Frauen sagen, was sie mit ihrem Körper machen sollen, sich Feministinnen nennen dürfen.
Wie gehen Sie mit Ihrer Arbeit privat um?
Ich erzähle es meinen engsten Freunden. Auch ich habe das Bedürfnis, für das gemocht zu werden, was ich bin. Manchmal bin ich überrascht, wenn ich es Menschen erzähle, die ich lang kenne und merke, dass es zu viel war. Das ist dann enttäuschend, aber ich würde es nicht rückgängig machen wollen. Ich wünsche mir eine gesellschaftliche Debatte. Sexarbeiterinnen sollten als denkende Menschen ernst genommen werden.
Kommentare 16
Hetaera La Ola.
Mir fiel bei der Lektüre folgender Spruch ein: Verziert die Peitschen nicht mit Veilchen.
Als erstes werden mal ordentlich Hierarchien aufgemacht. Man kann es auch gleich Preisklassen nennen.
Es gab zum Beispiel Straßenmädchen und Bordellprostituierte, die Sklavinnen waren. Und dann gab es die Hetären, die sich freigekauft hatten und selbstständig waren. Im Gegensatz zu anderen genossen die Hetären mehr Freiheiten und konnten sich frei in der Öffentlichkeit bewegen.
Jaja, wir sind sehr weit oben.
Sie dürfen nicht ängstlich wirken oder eingeschüchtert, sondern stark und frei.
Aha, so sollen sie wirken. Na, das kann man lernen. Man muss es deshalb nicht sein, wenn man Geld verdienen will.
Wenn der Staat sagt, ich bin Prostituierte, genau wie die Frauen auf dem Straßenstrich, dann ist das keine Interpretation mit Rücksicht auf meine individuelle Befindlichkeit, sondern ein machtpolitisches Faktum. Aber genau das vereinigt uns Prostituierte über alle sozialen Unterschiede hinweg und fordert unsere Solidarität. Wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen!
Der böse Staat erzwingt mit seinen gemeinen Zuschreibungen eine Solidarisierung, über die die Edel-Prostituierte in der S-(Escort)-Klasse eigentlich ziemlich sauer ist. Sie fühlt sich ja den Prostituierten in der Unterschicht, dort so auf der Straße reichlich überlegen. Das ist schon ein schöner Scheiß.
Wenn die Gesellschaft sagt, dass ich eine Prostituierte bin, und die anderen werden diskriminiert, dann sage ich natürlich, dass ich Prostituierte bin. Ich würde auch sagen, ich wäre Jüdin, wenn ich merke, Juden werden diskriminiert. Das ist eine Frage der Haltung.
Dazu sage ich nur: Das ist schon ziemlicher haarspalterischer ...pfiff.
Zu Alice Schwarzer und dem Marxismus. Sicherlich stimmt, dass nicht die Frauen eine Ware sind, sondern ihre Dienstleistung eine ist, die sie aber weitgehend mit ihrem Körper erbringen.
Apropos Ware. Auf der Website ist die Rede von Kunden. Ich würde das ändern in "Gönner", das verschleiert besser. Bei den Russen heißen die "Sponsoren".
Vor allem aber muss man überhaupt nicht die zum Feindbild aufgeblasene Alice Schwarzer bemühen. Es gibt eine Menge andere Aktivistinnen, die ein Verbot für richtig halten.
Ich bin nicht dagegen, dass Frauen sich so betätigen. Ich sehe ja auch, Verbote bringen da in der Tat nichts. Aber ich habe schon was dagegen, diesen Job auch noch zu beschönigen und zu "veredeln".
Das schöne Manifest auf der Website hat mich erheitert: Da steht was von Frauen, die nach den "Früchten der Freiheit" greifen. Ich denke, sie greifen nach dem Geld, das man damit verdienen kann. Aber, in einem Werbetext kann man das so einfach nicht sagen.
Ich schlage vor: "Freiheit ist erotische Freizeitgestaltung nach Katalog".
Auch der nostalgische Blick in die Geschichte, in eine Welt, die es so nicht mehr gibt, ist nur der Zucker auf sehr viel Bitternis.
Das alles aber ist für die Kundschaft verfasst, soll die Preise erklären und vielleicht die Scheu nehmen. Aber - es ist ein Scheißjob, der sehr hart ist.
Ich wünsche mir eine gesellschaftliche Debatte. Sexarbeiterinnen sollten als denkende Menschen ernst genommen werden.
Ich bin sehr dafür, dass man Sexarbeiterinnen als denkende Menschen ernst nehmen sollte, aber Sie sollten auch ihre Umwelt als denkende Menschen ernst nehmen.
Z. B. so eine merkwürdige Anmache auf der Website: Und wann wären Frauen je freier gewesen als heute – in Berlin – als als freischaffende, selbstständige Luxus-Hetären? Doch Vorsicht: wenn Ihnen Ihre Konventionen lieb sind, machen Sie einen Bogen um uns. Verbringen Sie den Abend allein im Hotelzimmer. Beschränken Sie sich auf das Ihnen vertraglich verbundene Ehe-Gegenstück. Denn Freigeist ist ansteckend!
Reichlich "old fashioned" ein solcher Ausfall. Denn die "Ehe-Gegenstücke" heutzutage sind auch emanzipiert und verdienen diese blöde Anmache nicht. Und haben manchmal auch Männer, die sich so einen Abend gar nicht leisten wollen viele auch gar nicht können. Die können sich Ihren ansteckenden Freigeist gar nicht leisten.
Das Ganze also ist ein , kunstvoller PR-Beitrag für die Agentur Hetaera.
Ich empfehle folgendes Mantra: Es ist ein Spiel, es ist ein Spiel, es kann zum Schluckauf aber auch zum Sex führen und es bringt Geld, Geld, Geld....
Ihr Beitrag gefällt mir besser als der Ursprungstext. Eine Frau, die nahezu ausschließlich Kopf ist, bereitet mir einfach nur Angst. Hört sich alles sehr romantisch und lustbetont an, was sie uns da erzählt.
geschäfts-idee: markt-und bedarfs-orientiert,
neben schnäppchen-und economy-sex der holz-klasse
gibts wellness-dienste über der business-class.
in den wolken dünkt sich manche saft-schubbserin:
als purserette...
sexuelles begehren gibts genug, es kömmt darauf an,
die zahlungs-kräftige sahne abzuschöpfen...
Mal wieder ein schlagendes Beispiel dafür, dass die Emanzipation nach Freitag-Art ein Upperclass-Problem ist. Die Mondpreise, welche die Agentur für die angebotenen Dienstleistungen veranschlagt, kommen von vornherein nur für diejenigen in Betracht, die in der neoliberalen Fresskette ganz oben stehen. Sicher gibt es das und muß es das geben – ähnlich wie sündhaft teure Designermode oder andere Luxusgegenstände. So lange die Umverteilungsmaschinerie von unten nach oben läuft, ist das alles nicht mehr als folgerichtig – inklusive dem künstlich aufgebauten exklusiven Ambiente sowie den sonstigen Attributen der Markenpflege, welche um diese Form Dienstleistung herumgebaut sind.
Frage nur: Warum muß der Freitag dieses Geschäftsmodell propagieren? Eigentlich kann sich doch jedes Kind an den fünf Fingern abzählen, dass dieses Modell Emanzipation nicht einmal in zartesten Ansätzen für eine breitere Anzahl von Frauen in Betracht kommt. Schon allein wegen Angebot und Nachfrage. Wenn es nur 50.000 Frauen gibt, die an die aristokratische Pracht Hand anlegen wollen, sinken die Preise und der Graf respektive der Vorstandsvorsitzende sehen sich nach was neuem Exklusivem um. Frage also: Was ist los? Will der Freitag durch die Blume vermitteln, dass nur der fortschrittlich und liberal sein kann, der über richtig ordentlich Schotter verfügt? Daher an der Stelle noch ein paar Themen, die es fortschrittlich-emanzipativ ins rechte Licht zu rücken gilt: Jeans für 690 Euro, Luxusurlaub via gecharterter Privatjacht oder, wirkt total diskret, ein Ring für lockere 26.000.
Alles andere ist eh nur Pöbel. Und entweder AfD-affin oder Gesocks, dass diesen Schulz anbetet.
Das trifft doch für relativ viele Bereiche der heutigen Linken zu. Hier ist es halt die Beschäftigung mit einem kleinen Teil Des "Marktes", der schön, freiwillig und teuer ist. Das verschafft dann ein gutes Gewissen. In der Praxis haben wir dann einen Umschlagplatz für menschliche Ware, da die Wahrung der Freiheiten mal wieder gewisse "Nebenwirkungen" mit sich bringt. Notfalls bringt man halt das Argument der schlimmen Folgen der Kriminallisierung.
Eigentlich weiß man nicht, wo man mit der Kritik an diesem Tendenzartikel anfangen soll. Es geht ja bereits bei der Überschrift los, wo einleitend gleich zwei positiv besetzte Catchwords des aktuellen Genderdiskurses untergebracht sind: »Identitäten« (wichtig: mehrere, weil nach der Butler’schen Lehre unendlich viele davon zur Verfügung stehen) und »Spiel« (was signalisieren Soll: alles easy).
So ist von Anfang an die positive Ausrichtung gesetzt. Im gleichen Lobhudelei-Stil werden bereits im ersten Absatz grundlegende Essentials journalistischen Arbeitens über Bord geschmissen zugunsten unverhohlener Bewerbung – indem die Luxus-Dienstleistung von Balthus’ Firma en passant mit linken, fortschrittlichen Begrifflichkeiten aufgerüstet wird: »solidarisch« und »kollektiv« (sogar der Vergleich mit Hausbesetzern darf bei der Beschreibung des abgehobenen Luxussegments, dass Frau Balthus und ihre angestellten Freelancerinnen bedienen, nicht fehlen). Selbst gesetzt der Fall, man sieht in dieser Form Broterwerb irgendwas Fortschrittliches: Wie überprüft man das? Und wie ist es um den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen bestellt?
Der schlimmste Klops ist natürlich, dass Luxus-Escort dieser Güteklasse als eine besonders vorbildliche Form fraulicher Emanzipation hingestellt wird. Wie weiter oben von Magda bereits angemerkt: Da stimmt gar nichts. Weder wird kritisch hinterfragt, welche psychischen Verrenkungen in dieser speziellen Form Business anfallen noch, wie breitenwirksam dieses Nischenmodell (gesetzt der Fall, es sei erstrebenswert) überhaupt sein kann. Um die Probleme rund um den Themenkomplex Prostitution beziehungsweise die Probleme von Sexworkerinnen scheint es ebenfalls nur am Rand zu gehen. Das ganze Interview vermittelt durchgängig den Subtext, dass – genügend Pfiffigkeit, »Easy Going« und robuste Ellbogen vorausgesetzt – in den oberen Rängen der Gesellschaft durchaus Spielräume für Emanzipation bestehen.
Insofern ist der Artikel nicht nur ein plumpdreister Werbetext für eine Luxus-Dienstleistung. Bereits die Gesprächpartner-Auswahl vermittelt, dass für den Freitag lediglich die Frauen ganz oben an der Spitze Adressat sind – beziehungsweise der Nabel, um den die Welt sich zu drehen hat. Für ein Medium, dass sich nach wie vor mit dem Etikett »links« schmückt, ist ein derartiger Artikel eine Katastrophe. Die andersherum nur Sinn macht, wenn man sowieso fleißig an der Agenda arbeitet, den Begriff derart umzupolen, dass er von jeglichem sozialen Gehalt entkleidet ist und tatsächlich nur noch für einen abgehobenen Schickimicki-Livestyle steht, wie ihn Frau Balthus sowie die akklamierende Artikelschreiberin praktizieren.
Liegt an der Praxis. Mich wundert immer wieder die Forderung nach dem Durchbruch der gläsernen Decken in den Vorständen, oder auch der Ruf nach mehr Weltoffenheit. Ich erinnere mich noch an einen alten Artikel zu Milleu in dem sich der alte Pegidaanführer Lutz Bachmann bewegte, sein alter Facebookverlauf als Grundlage Ich finde es leider nicht mehr. Jedenfalls ist bei der Beschreibung stark anzumerken gewesen, wie unbekannt dem Autor die kleinbürgerlichen Attitüden der Lebenswelt gewesen sind: der Erfahrungsbericht aus dem Kongo.
Wir haben in Deutschland ziemlich starke Klassenschranken. Man muss nicht von Willkommen und Weltoffenheit sprechen, wenn dem Bürgerlichen schon der deutsche Prolet ein exotisches Tier ist, auf den er in Nomralfall weder im Viertel, noch in der Schule, noch im Beruf trifft.
Daraus resultieren dann Forderungen und Vorstellungen von der Gesellschaft, die unfreiwillige Komik in sich haben. Leider ist Komik gesellschaftlich umgesetzt nur als Tragikomödie oder Groteske zu haben.
Man opfert Basisrechte für die Erfüllung von Luxuswünschen. In dem konkreten Fall ist es die faktische Legalisierung von Zwangsprostitution. Neblige Versprechen nach Kontrollen und Freiheitspathos, aber Hauptsache das Töchterchen darf im Anschluss ganz mutig von Fördergeldern sexistische Werbung in der Fußgängerzone bekämpfen.
Ich warte auf den Artikel zu dem coolen Trend der Leihmutterschaft, mit dem kleinen Zusatz, dass man es endlich auf den Import von ausländischen Wa...ehe..Neugeborenen ausweiten sollte.
Da ist mit die gute alte Ignoranz um Längen lieber gewesen. Man betreute sich wenigstens nicht so häufig die Welt zu retten, total gebildet und weltoffen zu sein.
Keine Ahnung warum der Freitag ein wenig Licht in diese exklusive Branche brachte. Vielleicht um zu zeigen, dass auch im horizontalen Gewerbe Hierarchien existieren, wie wir sie anderswo auch schon kennen und sie wie normale Bedienstete ihre Rechte haben wollen.
Aber in den Kommentaren spüre ich eine Menge kleinbürgerlichen Mief.
Ich sehe keinen Unterschied in einem kleinen Angestellten, der sich gesundheitlich kaputtmacht und seine Familie zerstört, weil er für eine bessere Stellung im Unternehmen mehr arbeitet als für ihn und seine Nächsten gut ist und einer Escort-Dienstleistung. – Es ist sind doch bloß andere Körperteile die beansprucht werden.
Daraus gleich Klassenkampf abzuleiten ist ungefähr das Gleiche, wie den Wunsch des erwähnten Angestellten nach einem besseren Leben mit Verrat an der Arbeiterklasse gleichzusetzen.
Fällt es manchmal schwer, in der Rolle zu bleiben?
Ja, natürlich. Ich habe viel Spaß an dieser Tätigkeit. Zumal es immer wieder lustige Situationen gibt. Einmal hatte ich zum Beispiel einen Kunden, der vor Aufregung einen Schluckauf bekam und ihn nicht mehr loswurde. Jedes Mal, wenn ich angefangen habe, ihn anzufassen, ging es wieder los. Am Ende haben wir die ganze Zeit lachend auf dem Bett verbracht.
Was die Damen wollen ist verständlich und nachvollziehbar.
In der Rolle aus der Rolle...
Sie wollen das Geld der Freier!
Wenn Männer das Spiel mitmachen ist das deren Sache.
Aber genau das vereinigt uns Prostituierte über alle sozialen Unterschiede hinweg und fordert unsere Solidarität. Wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen!
Dieses Solidaritätsgerede ist ein Feigenblatt.
Geben gut verdienende Schauspieler ihren oft Arbeitslosen Kollegen etwas ab. Oder hat der Verdienst der Einen mit dem der anderen etwas zu tun?
Dieses Luxus. und Augenhöhegetue ist eine ergolgreiche und lukrative Masche.
Es geht ums Geld!
Sind es Kunden oder Freier. Sind es Honorare oder Hurenlöhne?
Es ist Geld!
👍👍👍
Da fühlt sich wohl jemand unterbezahlt und von der Welt schlecht behandelt. Zeit für einen Jobwechsel, meine Liebe ;-)
Eine gelernte Barista im Café König sieht sich auch als wertvollere Arbeitskraft, als die Aushilfe, die nen Kaffee-Vollautomaten bedient. Ebenso wird eine Hotelfachfrau aus dem Adlon wohl mehr Zuspruch und Beachtung geschenkt, als ihrer Kollegin, die im Stundenhotel an der Rezeption sitzt.
Und das ist auch richtig so! Trotz Sozialstaat haben wir eine sich größtenteils selbst regulierende Marktwirtschaft, die verschiedene Gesellschaftsschichten hervorbringt. Das ist jedoch eine Diskussion, die völlig am Thema vorbei geht!
Oh ja, es ist wirklich eine Schandtat, wie jeder Mensch auf der Welt (mehr) Geld verdienen zu wollen! Das sagt immer noch nichts über das tatsächliche Vergnügen am Beruf aus oder gibt’s keine Top-Verdiener, die Spaß an ihrer Arbeit haben?
Jeder Mensch will und muss seinen Lebensunterhalt verdienen.
Bitte verlasse deine gedankliche Wohlfühlzone und denk nach anstatt hier deinem (ich zitiere G.A.) “kleinbürgerlichen Mief“ Luft zu machen!
Oh ja, es ist wirklich eine Schandtat, wie jeder Mensch auf der Welt (mehr) Geld verdienen zu wollen! Das sagt immer noch nichts über das tatsächliche Vergnügen am Beruf aus oder gibt’s keine Top-Verdiener, die Spaß an ihrer Arbeit haben?
Jeder Mensch will und muss seinen Lebensunterhalt verdienen.
Bitte verlasse deine gedankliche Wohlfühlzone und denk nach anstatt hier deinem (ich zitiere G.A.) “kleinbürgerlichen Mief“ Luft zu machen!
Nur um euch einen kleinen Einblick zu geben:
Durch die höher angesiedelten Preise hat man es mit solventeren, aber auch ebenso anspruchsvolleren Kunden zu tun (unabhängig vom Job). Dementsprechend muss man sich den optischen und intellektuellen Ansprüchen der Kundschaft anpassen und ist dadurch nicht mehr in einer untergeordneten Position gegenüber dem jeweiligen Kunden.
Besonders in der Prostitution sind die Unterschiede zwischen Straßen- & Bordellarbeit und der von Magda so schön betitelten S-Klasse enorm groß. Während die günstigen Damen sich mit ungepflegten, teils gewalttätigen und allgemein unangenehmen Menschen herumärgern müssen, filtern die hochpreisigen Damen die Spreu vom Weizen. Es mag zwar umstritten sein, doch meiner Meinung nach geht es hierbei nicht mehr nur um Sex. Man besucht gemeinsam Kulturveranstaltungen oder geht ins Restaurant - manchmal reist man auch mit einem Kunden zu den schönsten Orten der Welt.
Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen unterscheiden sich derart drastisch, dass eure Stigmatisierung vom Beruf der Prostituierten nicht einmal im Ansatz als zutreffend bezeichnet werden kann.
Für jemanden der nie damit in Berührung kam, scheint es eine gar unmögliche Vorstellung zu sein, einen solchen Beruf mit Freude auszuüben. Doch wir werden von unseren Gästen ausgeführt. Wir werden gut behandelt, gar auf Händen getragen und beschenkt. Wir fühlen uns von unseren Kunden wertgeschätzt, respektiert und angemessen vergütet. Erlebt ihr in eurem Job etwas, dass dieser Schilderung auch nur Nahe kommt?
Der Artikel kam zum richtigen Thema zur richtigen Zeit. Der Beruf der Prostituierten wird von Meinungsmacher-Medien als nie enden wollender Alptraum beschrieben, dabei arbeiten an die 50% der Prostituierten auf selbstbestimmter Basis. Es gibt nicht nur uns “hochnäsigen S-Klasse Prostituierten“. Es gibt auch x-Tausend “normale Escorts“ für 200€ die Stunde. Es gibt Dominas, Callboys, Independent Escorts, Damen in Edel-Bordellen, Hausfrauen mit Extraverdienst, frivole Paare mit Drang zum bezahlen Swinger-Erlebnis, und, und, und… Und ALLE wählen ihre Preise und ihr Umfeld selbst aus.
Durch das damalige Gesetz der Legalisierung der Prostitution sollten Missstände wie Zuhälterei und Zwangsprostution ausgemärzt werden, was natürlich nicht geklappt hat. Daher hat uns Vater Staat nun ein “kleines“ Add-On-Gesetz verpasst und dieser Artikel soll nicht nur die freundliche Arbeitsatmosphäre der Damen bei High Class Agenturen wie Hetaera widerspiegeln, sondern die breite Masse mit der Wahrheit konfrontieren: Prostitution ist nicht gleich Prostitution. Pauschalisierungen sind total daneben (bis auf in diesem Satz)! ;-)
Liebe Salomé, weiter so! Und ein dickes Kompliment an eurer Geschäftmodell.
Grüße aus Frankfurt.
Wer als Escort Girl 1.000 € verdient, kann sicherlich leicht in der Doppelfunktion als Agentur-Chefin auf die üblichen Provisionen von 30% verzichten. Wer, wie ich auch, im Escort-Bereich aber einigermaßen verlässlich verdienen möchte, bietet seine Dienstleistungen eher günstiger an bei einem auf mehr Kunden angelegten Escort Service. Entscheidend ist, wie gut die Betreuung durch eine Agentur ist und wie sehr sich diese gegenüber der Konkurrenz behaupten kann, insbesondere bei Google. In den Hauptstädten dominieren dort eher, ganz im Sinne des Klischees, östliche Anbieter das Feld mit sehr massiven Maßnahmen.
Wer als Escort Girl mindestens 1.000 € pro Date verdient ...