Als Kriminologin hält Jo Phoenix nicht viel von gemischtgeschlechtlichen Gefängnissen. Schließlich seien Frauen dort weniger geschützt vor schwerkriminellen Sexualstraftätern, die überwiegend männlich sind. Phoenix versteht sich selbst als „genderkritische“ Feministin und hat kürzlich ihre Professur an der britischen Open University aufgegeben. Nicht nur Studierende, auch Kollegen und sogar ihre eigene Gewerkschaft warfen ihr „Transphobie“ vor. Im Gespräch mit dem Freitag verteidigt sich Phoenix gegen diese Vorwürfe.
der Freitag: Frau Phoenix, Sie sind Kriminologin und verklagen Ihren ehemaligen Arbeitgeber, die Open University. Wieso?
Jo Phoenix: Im Rahmen meiner Forschung hatte ich die Vorstellung hinterfragt, dass geschlechtliche Selbstbestimmung von trans Menschen in Gefängnissen unproblematisch sei. Das bescherte mir den Zorn von trans Aktivisten. Außerdem gründete ich nach dem Fall von Maya Forstater ...
... eine britische Wissenschaftlerin, die 2020 nach Transphobie-Vorwürfen ihren Job verlor.
Genau, auf jeden Fall gründete ich danach zusammen mit einigen Kolleginnen ein genderkritisches Forschungsnetzwerk an der Open University. Daraufhin begannen die Schikanen, denen ich zwei Jahre lang an meiner eigenen Universität ausgesetzt war. Das wurde immer heftiger und endete mit einem offenen Brief, der von 360 Kolleginnen und Kollegen unterzeichnet wurde und in dem wir der „Transphobie“ beschuldigt wurden. Eine andere Forschungsgruppe stellte eine Erklärung online, in der behauptet wurde, wir seien Teil einer „Anti-Trans-Agenda“ und trügen zur Gewalt gegen trans Menschen bei – auch gegen jene, die in den USA ermordet werden! Meine eigene Hochschulgewerkschaft verschickte eine E-Mail an all ihre Mitglieder, in der diese Lügen wiederholt wurden. Es war ein regelrechter Sturm, der sich einige Wochen über uns entlud.
Im Oktober reichten Sie beim Arbeitsgericht eine Klage gegen die Open University ein.
Ja, ich will die Universität auf dem Rechtsweg zur Verantwortung ziehen. Die Richter werden entscheiden, ob ich rechtmäßig belästigt und diskriminiert wurde – oder ob das zu Unrecht geschah. Die Universität und zwei namentlich genannte Beklagte werden sich verteidigen müssen.
Das, was Sie erlebt haben, ist auch vielen anderen Frauen in Großbritannien widerfahren. Siehe die Philosophin Kathleen Stock, die nach jahrelanger Drangsalierung wegen ihrer genderkritischen Überzeugungen ihre Professur in Sussex aufgab.
Ja, wenn man da mittendrin sitzt, hat man das Gefühl, dass einem der Kopf abgehauen wird, wenn man darauf hinweist, dass Frauen eine geschlechtliche Gruppe sind. Das erzeugt eine echte Kultur der Angst. Universitäten sind fast schon ein Foucault’sches Panoptikum, wo man sich ständig beobachtet fühlt. Seitdem ich mich als „genderkritisch“ geoutet habe, haben mir viele Menschen gesagt: „Wissen Sie, ich unterstütze Sie wirklich, aber ich habe Angst, das laut zu sagen.“ Frage ich zurück: „Vor wem haben Sie denn Angst?“, verweisen sie nicht auf irgendwelche Aktivisten – sondern auf ihre unmittelbaren Kollegen. Sie haben Angst, vor denen meinen Namen auszusprechen und Solidarität mit mir zu zeigen. Weil sie fürchten, selbst in Bedrängnis zu geraten.
Entspricht der akademische Betrieb eigentlich noch wissenschaftlichen Standards? Oder geht’s hier um Ideologie?
Die akademische Kultur hat aus den Augen verloren, was ihre wirklichen Arbeitsgrundlagen sind: Es geht um die ethische Produktion von Wissen. Heutzutage denken viele, dass Arbeitsethik dasselbe wie Risikomanagement ist: Universitäten handeln risikoscheu und wollen sich nicht der Gefahr aussetzen, als „transphob“ bezeichnet zu werden. Selbstredend sind diejenigen, die nun all diesen Hass abbekommen, Lesben. Denn die haben in der Regel ja verstanden, was es bedeutet, einer geschlechtlichen Klasse anzugehören.
Eine neue Form der Misogynie?
Nein, Frauenfeindlichkeit ist uralt. Sie hat sich einfach zeitgemäßere Klamotten übergestülpt.
Ein Versuch, genderkritische Argumente abzuwehren, besteht in dem Vorwurf, genderkritische Feministinnen skandalisierten den Fall von Karen White. Das ist ein verurteilter Sexualstraftäter, der sich während der Haft zur Frau erklärte, in ein Frauengefängnis überstellt wurde und dort andere Inhaftierte drangsalierte.
Der Vorwurf ist ein Ablenkungsmanöver. Karen White steht für das schlimmstmögliche Szenario und ist eine Erinnerung daran, warum wir geschlechtergetrennte Haftanstalten brauchen – nach 200 Jahren kriminologischer Forschung kennen wir jene Art von männlicher Gewalt, die sich gegen Frauen richtet. Geschlechtergetrennte Gefängnisse existieren zudem, um ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden – bei gemischter Unterbringung wäre weiblichen Einsitzenden die Pille auszuhändigen. Die Geschlechtertrennung wird zum Schutz von Frauen aufrechterhalten, nicht zur Diskriminierung von trans Menschen.
Zur Person
Jo Phoenix, geboren 1964, ist seit 2022 Professorin für Kriminologie an der University of Reading. Mit dem Philosophen Jon Spike hat sie im Juni 2021 das „Gender Critical Research Network“ gegründet, um das biologische Geschlecht als Forschungsgegenstand nicht aus dem Blick zu verlieren
Was folgt daraus?
Dass geschlechtliche Selbstbestimmung eine komplexe Angelegenheit in Gefängnissen ist. Die Männer dort sind schließlich keine gewöhnlichen Männer – sondern Straftäter. Und 18 Prozent von ihnen sitzen wegen Sexualdelikten ein. Sollten sich Gelegenheiten auftun, um Frauen im Vollzug zu missbrauchen, ist davon auszugehen, dass manche von ihnen solche Sicherheitslücken ausnutzen werden. Sicher, es ließe sich argumentieren, dass diese Menschen ein Recht darauf haben, sich geschlechtlich so zu verstehen, wie sie möchten. Wir wissen aus der Psychologie und der Soziologie, dass Identität etwas Veränderbares ist. Damit arbeiten wir auch in der Kriminologie, um Menschen von ihrer „kriminellen Identität“ wegzubekommen. Doch nirgends in der Strafjustiz organisieren wir komplexe soziale Einrichtungen gemäß einer selbstgewählten Identität. Eben weil sich diese laufend ändert und Menschen in der Haft viel daran arbeiten.
Was heißt das für die geschlechtliche Selbstbestimmung in Haftanstalten?
Dass es schlichtweg keine gute Idee ist, Gefängnisse so zu reorganisieren, denn für alle Einsitzenden trägt der Staat die Verantwortung. Wir verfügen über genügend empirische Daten, anhand derer sich drohende Probleme ermessen lassen, wenn geschlechtliche Selbstbestimmung darüber entscheidet, wer wo untergebracht wird. Die britischen Organisationen „Fair Play for Women“ und „Keep Prisons Single Sex“ haben Daten zu ungefähr 150 sich als trans identifizierenden, männlich geborenen Strafgefangenen zusammengetragen, von denen 52 Prozent wegen Sexualverbrechen an Mädchen und Frauen einsitzen. Diese Zahl fällt im Vergleich zum Rest der männlichen Population überproportional aus. Hier nach geschlechtlicher Selbstbestimmung vorzugehen, hätte für weibliche Inhaftierte fatale Folgen!
Welche?
Nun, in einer Haftanstalt können Sie nicht einfach vor jemandem weglaufen, in dessen Nähe Sie sich unsicher fühlen. Oder einfach eine andere Toilette benutzen. Es ist deshalb von besonderer Dringlichkeit, dass der Staat für Bedingungen sorgt, die die Gefahr drohender männlicher Gewalt mindert.
Lassen Sie uns noch einmal auf das Thema Forschungsfreiheit zurückkommen. Was, denken Sie, muss zu deren Wahrung getan werden?
Wir brauchen diese Gerichtsverhandlung vor dem Arbeitsgericht, weil sie klären wird, was akademischer Diskurs und was ordinäre Belästigung ist. Beziehungsweise wo Forschungsfreiheit aufhört und gesetzeswidrige Rede anfängt. Es gibt Hoffnungsschimmer: Etwa, dass ich gerade einen neuen Job an der University of Reading angetreten habe. Trotz des öffentlichen Konflikts mit meinem vormaligen Arbeitgeber, trotz allem, was dort über mich gesagt wurde. Das zeigt, dass auch Individuen, deren Reputation durch den Dreck gezogen wurde, eine Zukunft haben können. Wer solide akademische Forschung vorzuweisen hat – wer sich also die Produktion von Wissen und nicht von Parolen auf die Fahne schreibt –, der kann im akademischen Bereich mit einer Anstellung rechnen. Zudem müssen wir mehr über diese Konflikte schreiben und sprechen. Wir müssen zeigen, dass es nicht um trans Menschen geht oder gar darum, deren Rechte zu beschneiden.
Sondern?
Es geht darum, die Komplexität dessen zu verstehen, was es bedeutet, in einer Zeit zu leben, in der wir unseren Körper auf eine Weise verändern können wie noch nie zuvor. Menschen können zwar nicht mit ihrer DNA spielen, wohl aber Geschlechtsmerkmale ändern. Und das hat zu Forderungen geführt, in offiziellen Datenerhebungen Geschlechtsidentität statt Biologie zu verzeichnen. Wir müssen herausfinden, wie wir mit diesen Veränderungen so umgehen können, dass diejenigen, die ihren Körper entsprechend ihrer Identität verändern wollen, auch ihr Leben so gestalten können – aber nicht auf Kosten anderer. Rauszufinden, wie das gelingen kann, ist mein Job als Kriminologin.
Erfordert das eine neue Ethik, was akademische Verantwortung anbelangt?
Wir müssen zu den Grundprinzipien unserer Arbeit zurückkehren. Vor allem in Großbritannien hat sich der Schwerpunkt der akademischen Arbeit von der Wissensproduktion auf das Streben nach Einfluss verschoben. Das liegt zum Teil an der Art und Weise, wie die hiesigen Universitäten verwaltet werden: Jungen Akademikerinnen und Akademikern wird eingeredet, sie seien dann erfolgreich, wenn sie als Aktivisten und politische Akteurinnen auftreten.
Was raten Sie Individuen, die sich in einem ähnlichen ideologischen Umfeld befinden und an ihrer Universität drangsaliert werden?
Kämpft weiter! Und lasst euch von denen, die ihre Macht missbrauchen, nicht unterkriegen.
Kommentare 25
Als wir noch eine Demokratie hatten (das ist anscheinend doch länger her, als man gemeinhin glaubt, weshalb wohl ihre Werte um so aggressiver am Hindukusch, in der Ostukraine, im chinesischen Meer und auch sonst überall auf der Welt, wo wir nichts verloren haben verteidigt werden müssen), gab es einerseits die Freiheit der Forschung, andererseits galt in wissenschaftlichen, philosophischen und (etwas eingeschränkt) politischen Auseinandersetzungen die Macht des besseren Arguments. Das ist nun vorbei. Jetzt werden wieder einmal wissenschaftliche Thesen einfach verboten, wie es zum Beispiel in der stalinistischen Sowjetunion eine schöne Tradition war. Der Fall Lyssenko, der eine so verblüffende Ähnlichkeit mit solchen Kampagnen hat, und seine katastrophalen Folgen müsste eigentlich zu denken geben –, wenn denn diese Aktivisten des universell Guten von irgendetwas wissen würden, was vor Netflix, bestenfalls vor den Zeiten des Internets vorgefallen ist. Müssen sie ja auch nicht, denn sie haben die Macht. Und die anderen haben Angst. Alles wie gehabt.
Wie heißt es so schön: Der Weg in die Hölle ist mit guten Absichten gepflastert. Oder auch: Gut gemeint ist nicht gut gemacht.
Die Absichten zur Sicherung der Rechte von Transgendern mögen in allen Fällen gut gemeint sein; die Art, wie versucht wird, sie umzusetzen, gleicht allzuhäufig dem sprichwörtlichen Elefanten im Porzelanladen. Dass in Sozialwissenschaften Wissenschaft zunehmend durch Ideologie ersetzt wird, wird der Menschheit noch viel Freude bereiten (Vorsicht: das war ironisch gemeint). Ich kann Menschen wie Jo Phoenix nur wünschen, dass sie standhaft bleiben und ein Umdenken bewirken.
Die Gegenkräfte sind eindeutig im Aufwind. Die Inquisistion wird aus den Lehranstallten vertrieben werden.
beiläufig zu Ihrer beiläufigen einleitung Ihres kommentars:
waren Sie DDR-bürger ?
Zitat: "Dass in Sozialwissenschaften Wissenschaft zunehmend durch Ideologie ersetzt wird ..."
Dass gilt aber auch und vor allem für die Wirtschaftswissenschaften. Viele "Ökonomen" tun gerade so, als ob die Wirtschaftswissenschaften zu den Naturwissenschaften gehören und die Wirtschaft physikalischen Gesetzen folgen würde.
In den Wirtschaftswissenschaften wurde die Wissenschaft schon seit Jahren durch eine Ideologie ersetzt, nämlich durch den Glauben an die Unfehlbarkeit des Marktes. Die "freie" Marktwirtschaft ist heilig. Wer die freie Marktwirtschaft aka Kapitalismus kritisiert, ist ein Ketzer. Zum Glück werden Ketzer heute nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder etwa doch?
Und was sagt der neue konservative Bundeswirtschaftsminister Habeck dazu?
Hinsichtlich der Wirtschaftswissenschaften hege ich schon seit langem Zweifel, ob es sich dabei wirklich um Wissenschaft handelt. Immerhin sind es noch Zweifel, anders als bei Gender-Ideologien, die in der gleichen Weise "Wissenschaft" sind wie Intelligent Design in den USA.
Ketzer werden immer noch auf Scheiterhaufen verbrannt; nur sind heutige Scheiterhaufen andere als die historischen.
Hätte das für die Bewertung dessen, was ich schrieb, irgendeine Bedeutung?
man kann die qualität unserer demokratischen praxis
an diversen maß-stäben messen:
an zeiten von adenauer, brandt oder honnecker...
Gewiss. Man kann auch die Zeiten Bismarcks oder die Friedrichs II. als Maßstab nehmen. Man kann die Maßstäbe auch woanders hernehmen. Was ist mit Binsenweisheiten dieser Art gesagt?
es war doch Ihre binsen-blödheit, von gehabter demokratie zu reden,*
ohne einen vergleichs-maß-stab anzugeben.
*oder wollten Sie nur den quer-denkern Ihre referenz erweisen ?
Haben Sie auch Argumente zum Kommentar von Welsbach oder werfen Sie Ihm einfach seine Herkunft vor?
Haha, es ist noch Hoffnung, die dFC-Macker springen einer offensiven Feministin bei.
Und dz8 verteidigt seine exorbitante DDR-Kompetenz. Lustig.
- bitte, wo rühme ich mich meiner kompetenz ?
- daß ich gelegentlich meine sicht verteidige,
argumentativ stütze, kommt daher,
daß ich mich angreifbar mache/exponiere.
- und, worüber jemand lacht/weint, ist sehr verschieden...
- und woher das "haha" Deines ersten satzes kommt,
ist mir auch nicht klar...
ich werfe niemand seine herkunft vor, gelegentlich nur,
daß er diese nicht reflektiert.
im obigen fall hab ich nur nach der basis der be-/ver-urteilung
gefragt.
Sie sind im Irrtum. Ich habe die Kriterien, auf deren Grundlage ich diese Aussage getroffen habe, sehr klar benannt. Vielleicht lesen Sie noch mal nach. Ich wiederhole mich so ungern.
(Was dies alles mit der Frage nach meiner Herkunft – die Sie im übrigen nichts angeht – zu tun haben soll, ist mir übrigens nach wie vor nicht klar.)
damit ich Sie nicht zu un-gewollten wiederholungen dränge:
bitte, wann und wodurch ist die demokratie hierzulande
abhanden gekommen ?
Wie kommen Sie darauf, dass ich diese Frage beantworten kann oder will?
Egal. Die Fütterung ist beendet.
fragen darf man zurückweisen,
nicht nur als angeklagter.
schon gar, wenn man intellektueller in der
DDR (auch im plattenbau) war und sich nicht als spießer empfand.
und piep-mätze füttern ist schon gar keine pflicht...
und: seit wann ist man gezwungen, sich mit "hiesiger demokratie"
anzufreunden ?
3 punkte für Sie !
Ich weiß ja nicht, welche Kommentare Du gelesen hast. Ich wüsste jedenfalls nicht, wer hier als "Macker" eingestuft werden könnte oder welcher Kommentar Phoenix "beispringt". Naja, das ist halt Deine Standardreaktion, wenn's hier irgendwie um's Geschlecht geht und die ersten Kommentare da sind. Ja, wenn die Welt mal noch so einfach wäre und es Feministin vs. Maskulist hieße. Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass es wirklich so schlimm werden kann. Im Hochschulumfeld u.ä. Bereichen ist dieser neue Konformitätsdruck längst angekommen. Du magst noch zu Scherzen aufgelegt sein. Mir vergehen sie mittlerweile.
"Ja, wenn die Welt mal noch so einfach wäre und es Feministin vs. Maskulist hieße." - Ich hab (auch in der einen oder anderen Kommentarantwort an dich) auf das Thema der inner-feministischen Streits, die z.B. den Vorgängen um Jo Phoenix, aber auch anderen wie die im Gespräch erwähnte Kathleen Stock, zugrundeliegen, hingewiesen. Der "Freitag" thematisiert diesen Streit, den man seehr vereinfacht als "Biologistinnen vs. Kulturalistinnen" nennen könnte, leider auch hauptsächlich nur, um die Chimäre "cancel culture" zu illustrieren. Aber sogar Jo Phoenix als "Opfer" weist ausdrücklich darauf hin, dass sie zwar von der einen Uni unter Druck gegangen ist, aber an einer anderen willkommen war.
Die sachlichen Argumente, besser der sachliche Gehalt der leider auch oft in unsachlicher Form erscheinenden Argumente, sind sehr interesant und sich damit mal zu beschäftigen, wäre ganz hilfreich zu verstehen, dass hier im Kern wichtige Auseinandersetzungen geführt werden. Aber das genau interessiert ja niemanden, solange Mann hier seine Weltsichten pflegen kann.
Der Interviewer hier - Vojin Saša Vukadinović - tut das übrigens. Sich mittels sachlichem Hinterfragen mit den Hintergründen solcher Kontroversen auseinanderzusetzen, meine ich. Er steht deutlich auf der Seite der sog. "Genderkritik". Hab mir letzten Sommer einen Vortrag von ihm angehört. Zustimmung einiger Feministinnen im Publikum, vor der Tür wütende Sprechchöre der örtlichen LGBTQI-Gemeinde.
Aber du musst mir ja "Standartreaktion" zuschreiben. Mir scheint dann die Antwort immer auch einen unanfechtbaren Standart zu beinhalten: Desinteresse am Hinterfragen von Problemen und Diskursen, Unlust auf Argumente einzugehen.
PS. Du kannst dieses mein Posting weiter vorn in diesem thread gern eine sarkastische Motzerei nennen. Das war es. Hat Spaß gemacht. Und mehr - scheint mir leider - lohnt hier auch nicht mehr.
"Der "Freitag" thematisiert diesen Streit, den man seehr vereinfacht als "Biologistinnen vs. Kulturalistinnen" nennen könnte, leider auch hauptsächlich nur, um die Chimäre "cancel culture" zu illustrieren. Aber sogar Jo Phoenix als "Opfer" weist ausdrücklich darauf hin, dass sie zwar von der einen Uni unter Druck gegangen ist, aber an einer anderen willkommen war."
Das ist doch längst keine "Chimäre" mehr; es geht bei Weitem nicht mehr nur um einen ästhetischen oder allein akademischen Streit von ein paar Versprengten. Die Problematik ist längst nicht mehr randständig. Das sieht im Übrigen auch Vukadinovic so und findet dafür auch entsprechend deutliche Formulierungen; etwa hier. Phoenix spricht von "Hoffnungsschimmern". Das heißt alles andere, als dass alles gut sei. Sie spricht davon, dass Leute, die solchen öffentlichen Ärger hatten oder haben aber auch eine Reputation, noch Chancen haben. Sie weißt aber auch auf das Klima einer Angst hin. Angst, die vor allem auf die wirkt, die vielleicht noch etwas werden wollen mit ihrem Studium. Diese verblödete Ideologisierung, die dahinter steht und die "Identität", gefühltes Gender, Diskriminierungserfahrung oder eine Unterprivilegierung (Armut und Klasse natürlich ausgenommen) als Qualitätsmerkmal von Menschen per se hinstellt, ist dabei längst auch nicht mehr auf den umzirkelten Raum der Universitäten oder social media begrenzt.
"Aber du musst mir ja "Standartreaktion" zuschreiben. [...] Und mehr - scheint mir leider - lohnt hier auch nicht mehr."
Du kannst ja auch selbst einmal inhaltlich eröffnen, anstatt Dich sogleich immer nur einige Stufen höher zu setzen und herunterzurufen: Mit euch zu diskutieren lohnt eh nicht, ich fange gar nicht erst an.
Wieder ignorierst du meinen Punkt und willst mich also gar nicht verstehen. Und da soll ich noch einen Sinn darin sehen, was zu sagen? Steck' dein Stöckchen wieder ein. Ich spring nicht drüber.
Sie haben aber schon gesehen, dass die Dame über einen Vorgang in UK berichtet und nicht in Deutschland?
Schon die Einführung des Kapitalismus in der BRD nach Kriegsende folgte einem ideologischen Grundgedanken. Die „Soziale“Marktwirtschaft, möge sie in Frieden ruhen, war eine Waffe gegen den Kommunismus. Solange der Kapitalismus amerikanischer Prägung sich gegen diesen Gegner im Wettbewerb befand, musste der Anschein erhalten bleiben. Das hinderte niemanden daran, Generationen von Volkswirten und Ökonomen auszubilden, die den gleichen Unsinn gebetsmühlenartig verteidigen, der so offensichtlich nicht funktioniert. Kaum war der ideologische Gegner über die eigenen Füße gestolpert, krochen die fundamentalen Lehren aus den 50 und 60 Jahren hervor. Deren Vertreter leiten heute die Wirtschaftsinstitute und besetzen die Lehrstühle. Kein Wunder, dass dieses Land da steht, wo es eben steht…
Ich finde den Umgang mit Prof. Phoenix ebenfalls nicht korrekt. Es sollte stets der Grundgedanke aller wissenschaftlichen Arbeit sein, um die besten Ideen und die vorrangige Meinung mit Argumenten, schlüssigen Thesen und stichhaltigen Beweisen zu ringen. Ihr Artikel ist aber auch ein schlechtes Beispiel für die vergiftete Diskussionskultur in England wie in Deutschland. Warum wird nur die Perspektive von Prof. Phoenix wiedergegeben? Sie hat gute und schlüssige Argumente. Es gibt aber auch auf der Gegenseite solche Argumente. Hier mal etwa lesenswertes aus der anderen Perspektive:
https://www.buzzfeed.de/recherchen/isoliert-beleidigt-vergewaltigt-was-transgender-frauen-in-gefaengnissen-erleiden-90134525.html
Stellen Sie sich vor wie es ist, wenn man äußerlich einer Frau gleicht. Lange Haare. Brüste. Häufig bereits kein Penis mehr, sondern eine Neovagina. Häufig durch die Hormontherapie und den daraus resultierenden Muskelabbau, auch körperlich deutlich schwächer als ein durchschnittlicher Mann. Und nun steckt man Sie in ein Gefängnis, in dem es die Wachmannschaft nicht einmal schafft, die männlichen Strafgefangenen vor Vergewaltigungen zu schützen. Kein schöner Gedanke, oder?
Die Lösung ist es nicht, jede Transfrau in ein Frauengefängnis und jeden Transmann in ein Männergefängnis zu stecken. Da muss man sich schon bisschen mehr Gedanken machen. Komplexe Probleme kann an nicht mit einfachen und ideologisch diktierten Lösungen erledigen.