Falsche Mythen

NS-Erbe Richard von Weizsäcker spielte die Täterschaft seiner Familie herunter – und wurde so zum Vorbild deutscher Selbstentlastung
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 19/2020

Mitte Mai vor 75 Jahren lieferte sich der Gesandte des Dritten Reichs in der Slowakei, Hanns Elard Ludin, nach kurzer Flucht den amerikanischen Besatzern aus. Während seiner Amtszeit von 1941 bis 1945 wurden 70.000 slowakische Juden deportiert und fast alle später in KZs ermordet. Der „Botschafter im Braunhemd“ kam in Bratislava vor Gericht. Er strickte dort an seiner Legende von der Unschuld, die er auch seiner Frau vermittelte: „Dass ich kein Verbrecher bin, weißt Du ... (mein Herz ist) weder eines unmenschlichen Gefühls, noch einer unmenschlichen Handlung fähig.“ Das Gericht sah das anders: Ende 1947 wurde er als Kriegsverbrecher gehenkt.

Hanns Ludin war mein Großvater. Seine älteste Tochter brachte mich 14 Jahre nach seinem Tod