Familienaufstellung

Serien Unsere Kolumnistin sorgt sich um die Verwandten von Batman
Ausgabe 06/2020
Die Rote Fledermaus (Lasiurus borealis) ist eine Fledermausart aus der Familie der Glattnasen
Die Rote Fledermaus (Lasiurus borealis) ist eine Fledermausart aus der Familie der Glattnasen

Foto: Imago Images/Prod.DB

Man hatte sich ja schon immer ein bisschen um Batmans Familie gesorgt. Denn die stand vor allem für Traumata – seine Eltern starben, als er noch ein Kind war, das Geld machte ihn nicht glücklich, und dass der düstere Capeträger die einzige verlässliche Beziehung im Leben zu seinem Butler Alfred aufbaute, hatte, wenn man so will, ein klein wenig etwas von den Geschichten über einsame Frauen mit Katzen.

Aber die Kanes müssen auch ein paar einigermaßen durchwachsene Familienfeiern hingelegt haben. Batman hat nämlich eine Cousine namens Kate (Rube Bee), Tochter von Jacob Kane (Dougray Scott), und ihrerseits ausreichend traumatisiert für eine ganze Spin-off-Serienstaffel: Kates Mutter sowie Kates zweieiige Zwillingsschwester Beth (Rachel Skarsten) kamen vermeintlich beide bei einem Autounfall ums Leben, bei dem, und das erhöht die Trauma-Anzahl in der Kane’schen Familiensaga noch mal, Batman sogar eingeschritten war, um alle zu retten – allein, er hatte nicht mit der Autoblech-Materialermüdung gerechnet und sich zu früh vom Acker gemacht. Kates Schwester und Mutter ertranken, nachdem der von Batman eigentlich gesicherte Wagen von einer Brücke fiel, Kate konnte sich als Einzige retten, Beths Körper wurde nie gefunden. Und da Batman gegenüber der eigenen Familie nie sein Doppelleben preisgab, musste er fortan mit einem weiteren Tiefschlag leben.

Diese Prämisse gäbe eine prächtige Familienaufstellung ab – wer gibt wem welche Schuld an welchem Ereignis, und so weiter. Serienmacherin und Vampire-Diaries-Autorin Caroline Dries hat sich bei ihrer Adaption der Comicvorlage jedoch für Action entschieden und legt zudem ihren Fokus auf die vielen verwirrenden psychologischen Aspekte. Und das hört nicht bei den Blutsverwandten auf: Zusätzlich problematisch ist, dass Kate nach einer mehrjährigen Superheldenausbildungsreise (die natürlich nicht so heißt) nach Gotham zurückkehrt, weil ihre Exfreundin Sophie (Meagan Tandy) entführt worden ist. Was wiederum nur passieren konnte, weil Batman Gotham seit drei Jahren den Rücken gekehrt hat. So schwierig es ist, die Exfreundin zu retten – dass diese auch noch in der Zwischenzeit geheiratet hat, einen Mann übrigens, macht es nicht leichter. Das letzte Kaninchen, das, und wir sind immer noch ganz am Anfang der Staffel, aus dem Hut gezogen wird, ist, dass Beth gar nicht wirklich tot ist! Sie lebt – und terrorisiert mit weißer Perücke, abgeknibbeltem Nagellack und einer maskierten Massakriererbande namens Wonderland Gotham! OMG. Vielleicht sollte der systemische Familientherapeut sich den Auftrag noch mal überlegen.

Gothams neue Hoffnung Batwoman (wie zu erwarten war, schnappt und schneidert Kate schnell den ollen Gummianzug ihres absenten Cousins um und bezieht seinen Herrensalon) wirkt also ein wenig wie ein „Love Child“ zwischen einer figuren- und einer actionbestimmten Serie. Mal geht es um Kates Gefühle und ihre Enttäuschung darüber, dass ihre Freundin sie auf der Militärakademie verließ, anstatt zur lesbischen Liebe zu stehen. Und mal prügelt sich Kate elegant durch dunkle Straßenfluchten und saust an der eingebauten Bat-Seilbahn in den Nachthimmel. Über der gesamten Story schwebt wie ein Menetekel der Aschenputtel-Appeal – denn auch mit der Stiefschwester, die nur auf den ersten Blick nach tussiger Influencerin riecht, und der Stiefmutter bahnt sich etwas an.

Schade ist, dass all diese rechtschaffen unglaubwürdigen (schließlich sind wir im DC-Arrowverse und nicht in der Realität!) Ideen, Figuren und Plots, all diese selbstbewusste Diversität in sämtlichen Bereichen, all diese kundigen Schauspieler*innen (zuvorderst die konsequent ironische Ruby Rose und der schön ambivalente Dougray Scott) nicht interessant inszeniert, nicht spannend zusammengesetzt werden. Stattdessen gerät der psychologische Handlungsstrang oft albern, der actiongeladene routiniert, aber wenig überraschend. Da hatte sogar der große Schweiger Batman persönlich mehr zu bieten – Humor in den frühen Verfilmungen, psychologische Abgründe in den späteren. Und dass Gotham gar nicht mehr aussieht wie der dystopische Moloch Gotham, sondern – neue*r Bürgermeister*in? Gentrifizierung? Bombenkrieg mit blitzschnellem Wiederaufbau? – wie jede nordamerikanische Großstadt, ist eine städtebauliche Enttäuschung. Wir sind hier doch nicht in Seattle, Kate.

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