Feine Sache: ein Preis für die Übersetzer

Buchmesse Nie wurde so viel übersetzt, nie so fix, nie so gewissenhaft. Ja, Übersetzen ist sogar anspruchsvoller, als selbst etwas zu schreiben. In Leipzig weiß man das zu würdigen
Ausgabe 11/2015
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Foto: Peter Macdiarmid/Getty Images

„Um die harte Arbeit der Arbeitnehmer Schön dagegen schätzen, werfen ein warmes Licht auf die subtilen Service Kräfte der Globalisierung, Zeichnung einen Handel ohne Goldhintergrund: Übersetzer Preise sind gut.“ Ein schäbiger Trick, ja: Ich habe meinen Einstieg für diesen Text dem Google-Übersetzer vorgelegt, einmal ins Französische und retour, und so sieht er dann aus. Ins Französische, weil ich dieser Tage in Paris beschäftigt und dabei unentwegt den Wonnen des Übersetzens hingegeben, wenn nicht auf sie angewiesen bin. Über den Google-Übersetzer will ich nicht maulen, ich finde, er macht seine Sache ziemlich gut. Und wie ich ihn kenne, wird er immer besser. Zu fürchten brauchen wir ihn trotzdem nicht.

Michael Ebmeyer übersetzt, zurzeit vor allem für den Freitag. Er ist auch Buchautor und Mitglied des Musikensembles Fön

Ursprünglich lautete mein Einstieg: „Sie würdigen die Fleißarbeiter des Schöngeists, werfen ein warmes Schlaglicht auf die feinsinnigen Servicekräfte der Globalisierung, zeichnen ein Kunsthandwerk ohne goldenen Boden aus: Übersetzerpreise sind eine feine Sache.“

Und noch besser ist es, wenn Übersetzerpreise sich bei den Literaturpreisen einreihen dürfen. Das macht den Preis der Leipziger Buchmesse so höflich im Auftritt. Da steht nämlich Übersetzung wie eine gleichberechtigte Kategorie neben Belletristik und Sachbuch/Essayistik. Andererseits ist es, wenn man das Anliegen der Gleichberechtigung gendermäßig weiterverfolgt, mit der Höflichkeit auch schnell wieder vorbei. Frauen unter den für Leipzig Nominierten: insgesamt vier von 15. Beim Sachbuch: null von fünf. Letztgenanntes ist dermaßen seltsam, dass die Jury – vier Männer, drei Frauen – sich vielleicht besser erst einmal zwecks Abgleichs mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit auflösen sollte. Aber nein; uns soll es ja hier nicht ums Fordern gehen, sondern ums Vermitteln. Also ums Übersetzen. Wobei man gerade in der Kategorie Übersetzung dem Gender-GAU locker hätte entgegenwirken können, zumal das literarische Übersetzen im deutschen Sprachraum nach wie vor zu gut zwei Dritteln Frauenwerk ist (beim Sachbuchschreiben mag das etwas anders aussehen, aber sicher nicht komplett anders). Warum dennoch auch beim Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse drei von fünf Kandidaten Männer sind, das weiß der Kuckuck.

Doch wie gesagt, es ist schon formidabel, dass der Leipziger Preis die geschmeidige Kunst des Übersetzens so öffentlichkeitswirksam mitberücksichtigt. Gefeiert und prämiert sei diese Kunst, denn nie war sie so wertvoll wie heute: Nie wurde so viel übersetzt (angefangen damit, dass jede Fluggesellschaft ihre Homepage in zig Sprachen anbietet), nie so fix (wenn J. K. Rowling ein neues Buch schreibt, sind die Übersetzer schneller fertig als sie selbst!) und nie so gewissenhaft (nicht nur der ganze Fjodor Michailowitsch Dostojewski, auch Nils Holgersson wird neu eingedeutscht, weil die Alten halt schlampig gearbeitet haben).

Und anders als die Schreibalgorithmen, deren unerhörten Fortschritt uns gerade wieder das Sonntagsquiz der New York Times vorführte – voilà, acht Texthäppchen: Hinter welchen steckt der Mensch, hinter welchen der Computer? –, spucken Google-Übersetzer und Kollegen ja noch längst keine quiztauglichen Resultate aus. Womit bewiesen wäre, dass Übersetzen sogar anspruchsvoller ist, als selbst etwas zu schreiben.

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