Finger weg vom Korn, ihr Spekulanten!

Hunger Die DZ Bank will nicht mehr mit Nahrungsmitteln spekulieren. Das ist eine Folge des gesellschaftlichen Drucks. Doch die Ankündigung ist mit Vorsicht zu genießen
Ausgabe 22/2013
Finger weg vom Korn, ihr Spekulanten!

Foto: Sam Pamthaky/ AFP/ Getty Images

Solche Ankündigungen sind mit Vorsicht zu genießen: Die DZ Bank, das Zentralinstitut der rund 900 deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, will nicht mehr mit Nahrungsmitteln spekulieren, heißt es in einem Brief an die Organisation Foodwatch. Das Institut reagiert damit auf öffentlichen Druck: Man will sich nicht vorwerfen lassen, mit dem Hunger von Millionen Menschen in Asien und Afrika Geld zu verdienen.

Die DZ Bank steht mit dieser Entscheidung nicht alleine da. Zuvor hatten bereits die Dekabank der Sparkassen, die Commerzbank und die Landesbank Baden-Württemberg ihren Verzicht erklärt. Andererseits können solche Erklärungen auch schnell widerrufen werden, das zeigt das Beispiel der Deutschen Bank. Unter dem Eindruck massiver Kritik hatte Deutschlands größtes Institut die Spekulation mit Nahrungsmitteln 2012 zunächst infrage gestellt, um Anfang diesen Jahres doch wieder einzusteigen.

Geschäfte mit Essen sind nicht verwerflich

Die schwankende Haltung der Banken erklärt sich aus der Art der Geschäfte, um die es hier geht. Börsenhandel mit Schweinen, Rindern, Weizen, Mais oder Soja ist grundsätzlich weder Hexerei noch Spekulation auf Kosten der Armen und seit Langem üblich. Indem Landwirte heute Preise für die Zukunft vereinbaren, sichern sie beispielsweise den Verkauf ihrer Ernte ab. Sie wissen dann, mit welchen Einnahmen sie in einem oder zwei Jahren rechnen können. Mit demselben Mechanismus verschaffen sich Nahrungsmittelproduzenten Sicherheit für den Einkauf ihrer Vorprodukte. Banken vermitteln solche Geschäfte und verdienen mit dieser Dienstleistung Geld.

Problematisch wird die Sache, wenn mehrere Milliarden Euro zusätzlich an die Rohstoffbörsen fließen. Wenn sich dort Investoren engagieren, Hedgefonds beispielsweise, die vom reinen Profitinteresse getrieben sind und nicht vom Anliegen, die Erzeugung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln abzusichern. Wenn durch komplizierte Finanzprodukte Weizen zu einem Spekulationsobjekt wird, mit dem die milliardenschweren Fonds Wetten veranstalten – nach dem Motto: „Steigt der Preis dieses Papieres in drei Monaten um 20 Prozent, verdienen wir 100 Millionen.“

Preiserhöhungen bis zu 30 Prozent

José Graziano da Silva, der Chef der Welternährungsorganisation, sagte unlängst, dass der Handel mit Derivaten die Preise für Lebensmittel in die Höhe treiben könne. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass solche Spekulationen die Agrarpreise immer stärker beeinflussen. Berechnen und nachweisen lassen sich Preiserhöhungen von 20 oder gar 30 Prozent.

Natürlich sind derartige Gewinnaussichten für Investoren und Banken interessant. Davon leben sie schließlich. Nur ungerne lassen sie die Finger von Produkten, die potenziell hohe Profite versprechen. Wenn sie es dennoch tun, spielen externe Einflüsse eine wichtige Rolle – etwa die Überlegung, dass ein schlechter Ruf Geschäftspartner abschrecken und so Verluste verursachen kann.

Wenn ein Institut wie die DZ Bank auf Spekulationen mit Agrarprodukten verzichten will, reagiert es auf Kritik, auf veränderte Stimmungen der Gesellschaft. Dieser Druck der Öffentlichkeit ist notwendig. Sonst gleiten die Banken und Investoren wieder ab und wetten auf den Hunger.

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