Fischers Fehler

Kommentar Aufstand im Auswärtigen Amt

Der Minister des Auswärtigen, Joseph Fischer, hat einen Fehler begangen. Er hat nicht angeordnet, dass ehemaliger Angehöriger des DDR-Außenministeriums bei ihrem Ableben nicht gedacht werden darf, besonders dann nicht, wenn sie der SED angehörten. Das konnte er schon deshalb nicht, weil nur schwerlich ein DDR-Diplomat gefunden werden kann, der in die Dienste Gesamtdeutschlands übernommen wurde.

Fischers Fehler war vielmehr, dass er anordnete, Mitgliedern des Auswärtigen Amtes (AA), die ableben, solle künftig nicht mehr ehrend gedacht werden, wenn sie schon seinem Vorgänger von Ribbentrop dienten und Mitglieder der NSDAP waren. Davon aber gibt es viel zu viele, als dass dies abgehen konnte ohne einen "Aufstand der Mumien" - wie sie der Spiegel nennt. Der Mumien aber nicht nur, sondern nahezu des ganzen Apparates im AA, den sie aufbauten und von dem sie Emigranten und andere Leute fernhielten, die sich nicht unter Hitler bewährt hatten.

Denn dieser Staat ist nicht ein wiedervereinigtes Deutschland, sondern zuallererst der Nachfolgestaat des Dritten Reiches. Ein Staat, der sich die DDR, die das nicht sein wollte, angeschlossen hat. Das zu demonstrieren haben sich die mehr als 100 Spitzendiplomaten zu einem "ehrenden Andenken" gegen den Minister erhoben. Sie haben in der dafür zuständigen Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Deutschland eine "In Memoriam"-Anzeige zu Ehren eines Mannes veröffentlicht, der dem Dritten Reich wie auch der Bundesrepublik Deutschland treu gedient hat und dem Joseph Fischer die Ehre des Nachrufs verwehrt: Botschafter Franz Krapf vertrat Deutschland nicht nur von 1940 bis 1945 als Legationssekretär, sondern auch von 1966 bis 1971 als Botschafter in Japan (danach wurde er ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland beim NATO-Rat in Brüssel). Er war dazu befähigt, weil er schon 1933 der SS und 1936 der NSDAP beigetreten war; vor allem qualifizierte ihn seine "ehrenamtliche" Mitarbeit beim SD im Reichssicherheitshauptamt, dem "berüchtigten", wie der Spiegel schreibt, der ebenfalls Ressortleiter von Heydrich bezog.

Dass des Botschafters Krapf nicht gedacht werden soll, empfinden "viele Angehörige des Hauses als nachträgliche Entwertung der oft jahrzehntelangen Tätigkeit im Auswärtigen Dienst" (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung). Fischer aber hat mit seiner geschichtslosen Anweisung, Nazis im AA nicht länger zu ehren, nicht nur gegen den Geist seines Hauses verstoßen. Er hat damit auch seine eigene Amtsführung entwertet. Wir dürfen nicht vergessen, dass er es war, der 1999, gleich nach Amtsantritt, die Politik seines Vorgängers von Ribbentrop von 1941 fortsetzte, als er wieder Bomben auf Belgrad werfen ließ. Und dies mit dem Spruch verband: "Nie wieder Auschwitz". Er war damit auch der erste deutsche Außenminister seit 1945, der wieder Krieg, Angriffskrieg, führte. Nein, nie soll ihm das vergessen sein.


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