Flüchtlingsheim kritisieren, aber richtig

Asylbewerber In Berlin-Hellersdorf geht es um mehr als einen Streit zwischen Linken und Rechten. Politiker und Behörden verhindern die Integration von Flüchtlingen
Ausgabe 35/2013

Nein, es war kein wütender deutscher Mob, der in Berlin-Hellersdorf gegen das neue Flüchtlingsheim demonstriert hat. Ein paar Anwohner mögen dabei gewesen sein, aber vor allem waren es die organisierten Mitglieder der NPD, die auf Wahlkampftour sind.

Aber wer die Vorkommnisse in Berlin-Hellersdorf nur als Streit zwischen Linken und Rechten abtut, macht es sich zu leicht. Es geht auch um das geltende Asylrecht. Und es geht um das Verhalten von Behörden, die die Integration von Flüchtlingen verhindern. Man muss kein Rechter sein, um die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber zu kritisieren. Bis zu 200 Flüchtlinge sollen hier demnächst untergebracht werden, ein kleines Getto.

Vorgeschobene Argumente

Besser wäre es, den Asylbewerbern eigene Wohnungen anzubieten. Aber dagegen sträuben sich die Beamten, übrigens nicht nur in Berlin. Dort hat die zuständige Senats-verwaltung erklärt: „Viele Asylbewerber wollen das nicht, weil das den Kontakt zu anderen Flüchtlingen erschwert. Außerdem sind oft in der Nähe von Gemeinschaftsunterkünften schon Angebote wie der Kitabesuch organisiert.“ Das sind aber bloß vorgeschobene Argumente: Als ob sich woanders keine Kitaplätze organisieren ließen. Als ob es unter Flüchtlingen, die auf engem Raum zusammenleben müssen, keine Konflikte gäbe.

Für Politik und Behörden sind Gemeinschaftsunterkünfte eine praktische Sache. Der Aufwand ist geringer, die Flüchtlinge lassen sich besser kontrollieren. Wenn sie abgeschoben werden sollen, gibt es keine deutschen Nachbarn, die sich empören oder gar rechtlich dagegen vorgehen. Wer in einem Flüchtlingsheim lebt, lässt sich leichter abschieben.

Mindestens ebenso problematisch sind aber auch Äußerungen von Politikern, die Menschen empfänglich machen für die Hetze der NPD. Nach den Protesten in Hellersdorf war in einer Mitteilung des Bezirksamts von „nachvollziehbaren Fragen, Sorgen und Einwänden“ der Anwohner die Rede – wobei unklar blieb, welche das sind. So wird der Eindruck erweckt, Flüchtlinge seien womöglich doch krimineller als die Deutschen.

Die Ausfälle von Innenminister Hans-Peter Friedrich, CSU, befeuern ausländerfeindliche Ressentiments noch. Der Anstieg der Zahl der Asylanträge sei nicht so „schlimm“ (!) wie in den neunziger Jahren, ist so ein Satz. Und den Flüchtlingen aus Mazedonien oder Serbien unterstellte er, sie würden dort gar nicht verfolgt. Mit anderen Worten: Sie wollen uns nur ausnutzen. Das sagt auch die NPD.

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