Fluss ohne Brücke

Wasserscheide Warum der Kongo-Strom bis heute nicht nur zwei Staaten, sondern auch Völker und politische Kulturen teilt
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 08/2017
Die Rotnasen- heißt auch Nacktgesicht-Grüntaube und ist weder auf Brazzaville noch Kinshasa festgelegt
Die Rotnasen- heißt auch Nacktgesicht-Grüntaube und ist weder auf Brazzaville noch Kinshasa festgelegt

Foto: Per-Anders Pettersson/Getty Images

Es ist Sonntagmorgen, und die Menschen drängen in Scharen zu den zahlreichen Kirchen am westlichen Stadtrand von Kinshasa. Das heißt, sie betreten scheunenartige Hallen, um zu hören, wie die Priester das Wort Gottes verkünden. Auf der Terrasse des Chez Tintin, eines der bekanntesten Restaurants der Stadt, schlagen zu dieser Stunde nur ein paar Fischer und Touristen die Zeit tot. Jenseits der Plastiktische des Etablissements fließt hinter einer niedrigen Ziegelmauer der Kongo. Bis Kinshasa hat der Strom bereits 4.500 Kilometer zurückgelegt, ist an dieser Stelle knapp 1.000 Meter breit und drängt mit enormer Wucht durch sein Flussbett.

Dieser Wasserlauf ist der Grund dafür, dass hier zwei Hauptstädte so eng beieinanderliegen wie nirgendwo sonst auf