A–Z Sequels Wenn sich ein paar Figuren als populär erwiesen haben, kommt, unabhängig von der Story, garantiert ein Sequel. Wie bei "21 Jump Steet" oder aktuell bei "Blade Runner“
Akademie Ein beliebtes Rezept aus der Sequel-Küche ist es, Serien zu Kinofilmen zu verwursteln. Jetzt sind die Neunziger zurück, und so wurde es Zeit, 21 Jump Street auf die große Leinwand zu hieven. Die Vorabend-Serie, mit der dem damals unbekannten Johnny Depp der Durchbruch gelang, handelt von Absolventen der Polizei-Akademie, die qua jugendlichem Aussehen undercover an High Schools eingesetzt werden. Der pädagogische Tenor der Serie weist Drogen oder soziale Benachteiligung als Ursachen für Straftaten auf und bietet Lösungsansätze. Das Sequel setzt inhaltlich auf Slapstick à la American Pie und darstellerisch auf die bewährte Dick und Doof-Kombination. Johnny, wo bist du? Sophia Hoffmann
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Belle toujours Luis Buñuels Belle de jour (1967)
du? Sophia HoffmannBBelle toujours Luis Buñuels Belle de jour (1967) mit Catherine Deneuve in einer Haupttrolle ist ein Klassiker. An die „Schöne des Tages“, die Bürgersfrau, die tagsüber in einem SM-Bordell arbeitet und von Tagträumen getrieben wird, knüpft der portugiesische Regisseur Manoel de Oliveira nach Jahrzehnten mit Belle toujours (2006) an. Nach 38 Jahren trifft Séverine Serizy jenen Henri Husson wieder, der damals drohte, ihrem Mann von ihrer Sexarbeiterinnen-Nebentätigkeit zu erzählen. Beide, nun in ihren Siebzigern, erkennen sich bei einem Konzert wieder. Henri (in beiden Filmen: Michel Piccoli), wie eh und je von Séverine (Sequel: Bulle Ogier) fasziniert, überredet diese zu Abendessen und Gespräch. Wieder obsiegt die Macht des Unterbewussten, werden alte Obsessionen wach. Wie sein Vorgänger fokussiert Belle toujours auf Vergangenheit und Erinnerung: Henri schwelgt in Träumen vom Gestern, und Séverine will davon nichts wissen. Der damals 99-jährige Manoel de Oliveira setzte seinem Zeitgenossen Buñuel ein würdiges Denkmal. Tobias PrüwerDie Bourne-Trilogie Viel Überredungskunst einer Freundin war nötig, bis ich die Bourne Trilogie vor Kurzem angesehen habe, Romanverfilmungen sind nicht meine Sache. Ich war begeistert, und nicht nur von Teil eins, in dem mich Franka Potente mit dem etwas wirren Plot versöhnte. Die Weiterentwicklung der Geschichte war glaubhaft, spannend und gut umgesetzt. Als der dritte Teil offen endete, war klar, dass das Kapitel Jason Bourne noch nicht abgeschlossen ist. Wird er womöglich ein zweiter James Bond? Die Rechte an der Figur haben sich die Verantwortlichen längst gesichert. Der für dieses Jahr angekündigte Ableger, Das Bourne Vermächtnis, wird aber ohne Matt Damon/Jason Bourne auskommen müssen. Mal sehen, wie sich der neu eingeführte Charakter schlägt. An weiteren Buchvorlagen fehlt es jedenfalls nicht. Jutta ZeiseCCyberpunk Große Aufregung in der Blade-Runner-Gemeinde vor einigen Wochen: Ridley Scott verriet eine Szene aus der geplanten Fortsetzung. Der alte und neue Regisseur des Sci-Fi-Cyberpunk-Spektakels malte eine riesige, endlose Ebene in die Köpfe seiner Fans, Ackerland, aber voller Dreck, an dessen Ende ein Mähdrescher zu sehen ist. Auch der ist gigantisch, so groß wie mehrere Häuser, und hat seine Scheinwerfer eingeschaltet. Dann ist früher Morgen. Im Vordergrund fährt ein Auto vorbei, das von einem Hund gejagt wird. Soweit die Preview, mehr wollte der Meister nicht verraten –, außer dass die Hauptfigur weiblich sein soll.Im ersten Teil jagte noch Harrison Ford 1982 als Rick Deckard eine Gruppe von „Replikanten“, künstlichen Übermenschen, die von ihrer Kolonie im All auf die Erde geflohen sind. Am Ende blieb offen, ob Deckard nicht selbst ein Replikant ist. An den Kinokassen war Blade Runner damals übrigens ein ziemlicher Flop. Erst durch den Director’s Cut 1992 wurde er richtig Kult. Mark StöhrEEis am Stiel Generationen von Teenagern sahen sich, meist heimlich, diese Filme an. Fast könnte man Eis am Stiel als die Mutter aller Sequels bezeichnen, führte doch der Erfolg des 1977 erschienenen ersten Teils zur Realisierung sieben weiterer. Die Handlung ist immer diese: Der sensible Benny, der dickliche Johnny und der schöne Bobby sind, mal mehr, mal weniger erfolgreich, hinter den Mädels her. Das Ganze spielt in der Rock’n’Roll-Ära der Fünfziger (Soundtrack) in Tel Aviv (Exotik-Faktor), und es ist Sommer.Der große Erfolg trotz der dümmlichen Dialoge und der spärlichen Handlung ist wohl mit den unverwechselbaren Charakteren und der recht freizügigen Handlung zu begründen. Elf Jahre Sex-Klamauk. Im deutschen Trailer zum ersten Teil prophezeit uns die Stimme aus dem Off: „Ein Film, bei dem Sie lachen, lachen und weinen werden!“ Ob vor Freude oder aus Verzweiflung, sei dahingestellt. SHFFänger Eine der interessantesten und am häufigsten durchanalysierten Figuren der neueren Literatur ist der jugendliche Holden Caulfield aus J. D. Salingers Fänger im Roggen. Dieser bis heute wegweisende Coming-of-Age-Roman umspannt den knappen Zeitraum von nur drei Tagen. Will man wissen, wie es mit Holden weitergeht? Ja, fand Fredrik Colting. Unter dem Namen David California veröffentlichte er im Jahr 2009 sein Buch 60 Years Later: Coming Through The Rye. Die Story ist diese: Mit 76 Jahren flüchtet Holden Caulfield aus einem Altenheim. Dass er dabei im selben Maße einschneidende menschliche Erfahrungen macht wie sein adoleszentes Alter Ego, das ist eher nicht zu erwarten.Auch J. D. Salinger, der mit Argusaugen über sein literarisches Erbe wachte, war not amused und ließ den Vertrieb des Buches in den USA verbieten. Im Internet kann es bestellt werden. Beim Online-Buchversender unseres Vertrauens sind bisher aber noch keine Rezensionen zu finden. Sebastian TrieschHHighlander Es ist eine Fortsetzung, die es eigentlich nicht gibt – zumindest für Leute, denen etwas an der Highlander-Saga liegt. Für sie hat das Fantasyabenteuer um den unsterblichen Schotten MacLeod, das 1986 ins Kino kam, nur einen standesgemäßen Nachfolger: die 1992 gestartete Fernsehserie. Was jedoch 1990 als Highlander 2 – Die Rückkehr erschien, war eine vielfach umgeschnittene, in mehreren Fassungen existierende Zumutung.Es geht um die zerstörte Ozonschicht, um einen UV-Schutzschild, den MacLeod daraufhin baut, und einen General aus dem All. Schon die Produktion ließ nichts Gutes erahnen. Regisseur Russel Mulcahy wurde von den Geldgebern gefeuert, Christopher Lambert wollte hinschmeißen. Nur Sean Connery hatte Spaß: Er bekam für neun Drehtage dreieinhalb Millionen Dollar. MSLLinke Der Titel einer Fortsetzung bezieht sich in der Regel auf Bekanntes aus der Vorgeschichte, damit der Zuschauer oder Leser sich leicht erinnern kann. In der Realität geht es manchmal um das Gegenteil. Zum Beispiel, als 2007 die Linkspartei PDS beim Zusammenschluss mit der WASG (Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative) in „Die Linke“ umbenannt wurde. Es war höchste Zeit, die Episode des ostdeutschen Vorgängers SED vergessen zu machen. Am besten mit einem Namen, der genügend Spielraum für Fortsetzungen lässt, ohne sich zu verbrauchen. Denn die Namenshistorie von der Fraktion Deutscher Hof der Frankfurter Nationalversammlung bis heute illustriert, dass trotz des neuen, perfekten Namens wohl immer offen bleiben wird, was genau eigentlich „links“ bedeutet. Ulrike BewerMMütter-Trilogie Enttäuschung nach 27 Jahren: Lange angekündigt, vollendete der italienische Regisseur Dario Argento 2007 seine Mütter-Trilogie. Ist sein Film Suspiria (1977) um eine Ballettschulen-Hexe in Freiburg/Breisgau ebenso Legende wie Inferno (1980), das sich um Alchemie in New York dreht, so griff Argento mit The Mother of Tears ins Klo. Hat ihn seine eigene Ankündigung, sich nach einem Vierteljahrhundert noch mal als Meister seines Horror-Faches zu beweisen, nervös gemacht? Das Sequel ist unfreiwillig komisch und kann nicht die visuelle Kraft seiner Vorgänger entfalten. So jagen ein Riese und ein Äffchen eine Frau durch Rom, pflastern Leichen ihren Weg, und der Zuschauer reibt sich bloß die Augen. TPPPerspektivwechsel Uwe Johnson hat es treffend formuliert: Friedrich Dürrenmatt sei in manchem so etwas wie die opposite number zu Max Frisch. Jemand mit einer ganz anderen, aber notwendigen Perspektive. Als Frisch 1958 mit der Aufnahme des Stückes Biedermann und die Brandstifter in der Schweiz nicht zufrieden ist, gibt es für die deutsche Premiere eine Fortsetzung: Nachspiel, die später wieder gestrichen wird.Der mit Dürrenmatt entworfene Die Brandstifter zweiter Teil bleibt von Anfang an ein bloßer Stoff. Die parallele Handlung ergänzt den ersten Teil um eine unerwartete Perspektive, die die eigene moralische Gefühlslage infrage stellt, weil man plötzlich die ganze Wahrheit kennt. Eine wirklich notwendige Fortsetzung, um dem Standardwerk das überinterpretierte Gewicht zu nehmen. ubeSSupernasen Als Papas Kino tot war und der wichtigste Sohn auch – Fassbinder starb 1982 –, schlug die Stunde der Supernasen. Thomas Gottschalk und Mike Krüger begleiteten den Start der Kohl-Ära mit einer Serie von vier Filmen, die von vielen Zuschauern geliebt und von der Kritik gehasst wurden. Zitat aus dem Lexikon Filme im Fernsehen: „Das Blödelduo Gottschalk/Krüger ist sich für keine Plattheit zu schade, die das Drehbuch ihm einbrockt; filmischer Absturz ins Kintopp der Adenauer-Ära.“Das Erfolgsgeheimnis der beiden Ulk–nudeln „Tommy“ und „Mike“ war wahrscheinlich gerade die gnadenlose Hölzernheit ihres Schauspiels und ihrer Gags. Ob in Piratensender Powerplay, Die Supernasen, Zwei Nasen tanken Super oder in Die Einsteiger – es gab Verwechslungen, Verkleidungen und Sketche im Minutentakt. Es ging also um eine vierfache Variation des Rudi-Carrell-Films Tante Trude aus Buxtehude, nur schlechter. MSZZumutung Eigentlich sollte es ein Scoop werden, aber für Star-Wars-Fans wurde George Lucas’ vorgeschobene „Episode ...“-Trilogie zur Sequel-Prequel-Misere. Außer Tricktechnik nichts gewesen: Inhaltlich arm und narrativ dünn wird erzählt, wie es zum Krieg der Sterne überhaupt kommen konnte. Schon in der ersten Vorgeschichte irritiert etwa Jar Jar Binks, eine zur Lächerlichkeit aufgeblasene Kreuzung aus Esel, Lama und Kaiman, der jedem Ernst der Story den Wind aus den Segeln nimmt. Noch bescheuerter aber war Lucas’ Idee, nun zu erklären, was es mit der Macht – jene unergründliche Kraft, die mit den Jedi-Rittern ist und das Universum zusammenhält – auf sich hat. Kleinstlebewesen namens Midi-Chlorianer besiedeln menschliche wie extraterrestrische Körper und ermöglichen so die Kommunikation mit der magieähnlichen Macht. Solcherlei Biopolitik lässt alle Sci-Fi-Fantasie sterben. TP
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