Freiheitliche Stimmung

Wahlen in Wien Das Ergebnis schaut besser aus, als es ist. Die Freude darüber, dass die rechte FPÖ lediglich um fünf Prozent zugelegt hat, sollte sich in Grenzen halten
Ausgabe 42/2015
Michael Häupl (SPÖ) und Heinz-Christian Strache (FPÖ)
Michael Häupl (SPÖ) und Heinz-Christian Strache (FPÖ)

Bild: Eibner Europa/Imago

Verloren haben viele – SPÖ, ÖVP, Grüne –, doch das größte Fiasko erlebte wohl die Meinungsforschung, die noch bis 17.59 Uhr von einem Wahlkrimi sprach und nur einen minimalen Vorsprung der Sozialdemokraten vor den Freiheitlichen konstatierte. Dann, nach der ersten Hochrechnung um 18 Uhr, war aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen auf einmal ein Vorsprung von mehr als acht Prozent für die SPÖ geworden. Seltsam. Freilich hatten viele ein Interesse an diesem Duell: SPÖ und FPÖ sowieso, aber auch Medien und Demoskopie. Acht Wochen High Noon. Alles andere ging dabei unter.

Mit einer taktischen Meisterleistung gelang es dem amtierenden Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), die Verluste in Grenzen zu halten und Wähler zu mobilisieren, die er gar nicht hatte. Deren einziges Ziel: Heinz-Christian Strache (FPÖ) zu verhindern. Knapp vor dem Wahltag erschienen noch Inserate, deren Tenor ungefähr so lautete: Wir sind gegen Häupl und die SPÖ, wählen sie diesmal aber trotzdem. Nicht wenige haben das getan. Formal ist Stimme zwar gleich Stimme, doch inhaltlich ist dem nicht so. Die Differenz betreffend das Wahlmotiv sollte man nicht klein reden, auch nicht behaupten, 70 Prozent hätten gegen Fremdenfeindlichkeit votiert. Das greift zu kurz. Die Stimmung ist freiheitlicher als das Ergebnis, die Fronten sind fließender, als das Duell vermuten lässt.

Die SPÖ konnte übrigens mehr in fremden Sektoren, bei Liberalen und Grünen punkten, während ihre Stammwähler aussterben. Vor allem in ihren einstigen Hochburgen reüssierte die FPÖ. Die Verluste in Arbeiterbezirken wie Favoriten und Floridsdorf sprechen eine klare Sprache. Simmering erhält nun gar erstmals einen freiheitlichen Bezirkschef.

Natürlich hätte es noch schlimmer kommen können. Indes, das Ergebnis schaut besser aus, als es ist. Die Freude darüber, dass die FPÖ nunmehr lediglich um fünf auf nun 31 Prozentpunkte zugelegt hat, sollte sich in Grenzen halten. SPÖ und ÖVP haben abermals gemeinsam über zehn Prozent eingebüßt. Es ist nicht absehbar, wie diese Entwicklung gebremst, geschweige denn umgekehrt werden soll. Die Freiheitlichen, die zwar diesmal weniger erreicht haben als anvisiert, sind alles andere als geschlagen. Auf Bundesebene würde Heinz-Christain Strache zur Zeit wohl als Erster durchs Ziel laufen.

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