Amnesty international (ai) hegt keinerlei Zweifel - vor Jahresfrist gab es in Kuba eine "groß angelegte Säuberungsaktion". Auch für die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) ist die Lage klar: "Vor einem Jahr verwandelte sich Kuba in das weltweit größte Gefängnis für Journalisten". RSF streitet zuweilen sogar gewaltbereit für die "Pressefreiheit in Kuba", seit Ende März 2003 etwa 80 Regierungsgegner und Mitarbeiter "unabhängiger Pressebüros" in einer landesweiten Aktion kubanischer Sicherheitskräfte festgenommen und 75 von ihnen wenig später zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch das Urteil des 1981 in den USA gegründeten Komitees für den Schutz von Journalisten (CPJ), das alljährlich zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai einen Index der gefährlichsten Orte für Journalisten veröffentlicht. Auf Rang Eins wurde im Vorjahr der Irak gesetzt - auf den zweiten Kuba, in Anbetracht der Tatsache, dass 2003 beispielsweise in Kolumbien 15 Journalisten ermordet wurden, ein aufschlussreiches Ranking. Damit befand sich der CPJ - nach eigener Darstellung "von Auslandskorrespondenten US-amerikanischer Medien ins Leben gerufen" - voll und ganz im Sog der Bush-Regierung. Schließlich hatte die Kuba noch vor Beginn des Irak-Krieges auf die Liste der "Schurkenstaaten" gesetzt und der Inselrepublik wiederholt mit militärischen Schlägen gedroht. Für den US-Botschafter in der Dominikanischen Republik ging vom Angriff auf den Irak ein "sehr positives Signal" aus. Die Invasion sei ein "gutes Beispiel für Kuba, wo das Castro-Regime gerade erst Dissidenten wegen ihrer Ideen verhaften ließ". Ein Urteil, das mancher Castro-Kritiker vorbehaltlos teilt, auch wenn dabei vieles ausgeblendet wird.
Ein Großteil der Berichte aus den "unabhängigen Pressebüros" in Havanna etwa fand bei dem anticastristischen Internetportal Nueva Prensa Cubana Absatz. Gegründet wurde die Nachrichtenseite von Nancy Pérez Crespo in Miami, der Hochburg eines militanten kubanischen Exils in den USA. Ein exemplarischer Fall, denn Pérez Crespo ist seit Jahren für den Radiosender Radio Martí tätig, der - von der US-Regierung ko-finanziert - regierungsfeindliche Programme nach Kuba ausstrahlt. Die Journalistin arbeitet zudem für den anti-castristischen Sender Radio Mambí, dessen Geschäftsführer, Armándo Pérez Roura, zugleich Präsident der Dachorganisation Unidad Cubana ist, in der nachweislich paramilitärische Gruppen wie Alpha 66 aktiv sind.
Diese Verbindungen spielten auch in den Verfahren gegen die kubanischen Oppositionellen vor einem Jahr eine Rolle. Die Staatsanwaltschaft berief sich dabei auf einen Artikel der Strafgesetzordnung, der "Handlungen gegen die Unabhängigkeit oder die nationale Integrität" des Landes unter Strafe stellt und aus dem Jahre 1936 stammt.
Kritiker Kubas ignorieren in der Regel, wie die USA versuchen, neben der äußeren Bedrohung das politische System des Landes systematisch zu unterminieren. So verabschiedete der EU-Ministerrat am 5. Juni 2003 eine Erklärung, in der "die fortgesetzten eklatanten Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten gegenüber Mitgliedern der kubanischen Opposition sowie gegenüber unabhängigen Journalisten" kritisiert wurden, um damit eine Diplomatie der verschlossenen Tür gegenüber Havanna begründen und die Förderung anti-castristischer Gruppierungen rechtfertigen zu können. Die Regierung in Havanna fror daraufhin ihrerseits die Beziehungen ein. Man werde diese Position erst aufgeben, so hieß es, sollte auch die Europäische Union einen Sinneswandel erkennen lassen. Der scheint nicht absehbar, nachdem Irland in den Monaten seiner EU-Ratspräsidentschaft bislang für keinerlei Entspannung im Verhältnis zwischen Havanna und Brüssel zu sorgen vermochte.
Ob sich daran mit der neuen PSOE-Regierung in Spanien etwas ändert, lässt sich nicht vorher sagen. Hatte die rechtskonservative Vorgängerregierung unter José Maria Aznar die Isolierung Kubas auf EU-Ebene noch nach Kräften gefördert, erklärte Luis Rodríguez Zapatero schon in der Wahlnacht, die Beziehungen mit Lateinamerika würden "eine von drei Säulen" seiner künftigen Außenpolitik sein.
"Der Unterschied besteht darin, dass Aznars Wahlkampagne einst von antikubanischen Gruppen aus den USA unterstützt wurde", meint Pedro Marset Campos, Europaabgeordneter der Vereinigten Linken (IU) Spaniens. Aznar habe folglich mit seiner Kuba-Politik so etwas wie Schulden beglichen. Der neuen PSOE-Regierung hingegen bleibe mehr Spielraum. Campos startete mit anderen Parlamentariern der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke unlängst eine Initiative, um eine Annäherung zwischen Kuba und der EU zu bewirken. Die künftige Regierung Spaniens sei aufgefordert, so Campos, die Kuba-Position der EU aus dem Jahr 1996 zu korrigieren. "Damit wurde ein Land kriminalisiert und bilaterale Politik massiv beeinträchtigt."
Kuba könnte für die neue Regierung Spaniens (neben dem Thema Irak) ein Anlass sein, wieder auf mehr Abstand gegenüber der Regierung Bush zu achten. Ein entsprechendes Signal aus Madrid wäre umso wichtiger, als das Thema Kuba mit den Präsidentschaftswahlen in den USA erneut an Bedeutung gewinnen wird.
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