Fußballfusionen

Sportplatz Kolumne

Es ist ja nicht selten, dass die vernünftigsten und erfolgversprechendsten Ideen torpediert werden durch irrationale Quertreiberei, gerade im durch Unvorhersehbarkeit geprägten und eben dafür geliebten Fußball. So scheint es hierzulande, heutzutage nur schwer durchführbar, zwei oder gar drei Fußballvereine zu fusionieren. Da stehen zuallererst die Funktionäre im Wege, mit ihrer penetranten Eitelkeit und ihren festgezimmerten Traumschlössern vom selbstgemachten Aufstieg "bis ganz nach oben". Und dann quatschen auch noch die Fans rein; sie reden ständig von Traditionen, die man nicht brechen dürfe; greinen, kaum dass solche Vereinigungsideen auftauchen, von einem seelenlosen Klonklub, vom feststehenden Aufstieg in die erste Liga ihres nie und nimmer mit irgendjemand anderem zu vereinigenden Vereins in spätestens drei Jahren. Und dass es auf jeden Fall besser sei, in der Verbandsliga zu versauern, als mit den fiesen Hooligans vom Dorf zwei Kilometer weiter zusammenzugehen.

Dietmar Hopp, Mitbegründer des Softwareriesen SAP und Milliardär, will auch in die erste Liga - mit der wahrhaftig nicht anders als traditionslos zu bezeichnenden TSG Hoffenheim. Zu diesem Zweck schob er dem Club, für den er einst selbst erfolglos kickte, seit 1992 etliche Millionen Euro zu und hievte ihn binnen weniger Jahre aus den Niederungen des Kreisligafußballs hinauf in die dritte Liga. Und kam dann, als die Hoffenheimer wieder und wieder nicht in die zweite Liga aufsteigen wollten, auf die Idee, aus drei Vereinen einen zu machen: Die TSG sollte zum Beginn dieser Saison mit zwei Balltretertruppen aus der Nachbarschaft, dem Viertligisten SV Sandhausen und dem Fünftligisten Astoria Walldorf, fusionieren - zur Übermannschaft aus dem Kraichgau namens 1. FC Kurpfalz. Oder, so man den Himmelstürmern dort die Baugenehmigung für ihr geplantes Bundesligastadion geben würde, auch 1. FCH Heidelberg 06. Der Plan sah keine regelrechte Verschmelzung der einzelnen Vereine vor, der SVS und Astoria sollten weiter bestehen und als "Farmteams" fungieren, als unterklassige Mannschaften, die der zum 1. FC Wasauchimmer mutierten TSG Hoffenheim bei Bedarf ihre besten Spieler abtreten würden.

Aber der große Traditionsverein aus Sandhausen (zweimaliger Deutscher Amateurmeister, neunmaliger Badischer Pokalsieger, einmaliger Sieger im DFB-Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart) scherte aus. Unerwarteterweise spielte der SVS in der letzten Saison richtig gut, stand kurz vor dem Aufstieg in die dritte Liga, während die TSG dort wieder mal nicht rauskam. Die Sandhausener und ihre plötzlich äußerst traditionsbewussten Funktionäre bekundeten, dahin zu wollen, wo der imaginierte Fusionsclub auch nur hätte stehen können. Das war jedoch in Hopps Konzept nicht vorgesehen, also blies er die Fusion ab. Vorerst, wie man so schön sagt.

Anderswo, genau genommen in Dänemark, scheint das alles nicht so kompliziert zu sein. Seit der elefantösen Vereinigung des (immer noch amtierenden) Rekordmeisters KB 1876 Kopenhagen mit dem siebenmaligen Meister B 1903 Kopenhagen im Jahr 1992, der Geburt des FC Kopenhagen, wird dort munter fusioniert. Nicht nur zwei oder drei Fusionspartner gibt es, sondern auch mal wie beim AC Horsens neun. Da schließen sich Dorfvereine zusammen oder aber ruhmumkränzte Ex-Meister mit ruhmumkränzten Pokalsiegern wie im Fall des erst im vorigen Jahr aus zwei Odenser Clubs entstandenen FC Fyn. Auch erst im letzten Jahr: der Gewinn des Pokals durch eine aus sechs Vereinen zusammengewürfelte Elf - der fürderhin Traditionsmannschaft zu nennende Randers FC. Derzeit spielen in der ersten dänischen Liga fünf Fusionsclubs; in Deutschland gibt es ebenfalls fünf - die nach 1992 aus Fusionen hervorgingen, von denen aber bis auf die SpVgg Greuther Fürth alle drittklassig spielen (Wuppertaler SV Borussia, Rot-Weiß Ahlen, FC Ingolstadt 04, SV Wilhelmshaven).

Traditionen, Eitelkeiten, Rivalitäten und all der irrationale Firlefanz um den Fußball spielen in diesem merkwürdigen Land im Norden offensichtlich keine Rolle.

Hopp und seine TSG sollten vielleicht nach Dänemark auswandern, kooperations- und fusionswillige Partner finden sie dort allemal. Bloß in die Bundesliga schaffen sie es dann nicht mehr. Die erste Liga in Dänemark heißt SAS Ligaen.


der Freitag digital zum Vorteilspreis

6 Monate mit 25% Rabatt lesen

Geschrieben von

Der Freitag im Oster-Abo Schenken Sie mutigen Qualitätsjournalismus!

Print

Entdecken Sie unsere Osterangebote für die Printzeitung mit Wunschprämie.

Jetzt sichern

Digital

Schenken Sie einen unserer Geschenkgutscheine für ein Digital-Abo.

Jetzt sichern

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden