Er tauchte im Herbst 1989 buchstäblich aus dem Nichts auf. Er sei Historiker, meldeten die Medien. Sein exotischer Vorname schien ihn zu einem Menschen zu machen, der nicht aus der Welt des Gewohnten stammte. Der herrschenden Funktionäre überdrüssig bis zum Erbrechen, war man bereit, neuen Gesichtern eine Chance zu geben. Ibrahim Böhme saß in Parteipräsidien, stand auf Tribünen, mit elegantem Schwung eine Rede haltend wie die Zigarette im abgespreizten Finger. Ein sogenannter Hoffungsträger der SDP, dann SPD. Mit deren Wahlniederlage begann im Frühjahr 1990 Böhmes Absturz, zeitgleich mit der Lichtfigur der ostdeutschen Konservativen, Wolfgang Schnur. Beides Waisenkinder, beide groß geworden an der Hand der Übermutter Stasi. Die Landung für Ibrahim Manfred Böhme war überhart. Seine Matratzengruft im Prenzlauer Berg schützte den zu Fall gekommenen IM nicht. Ein Luzifer, der sich selbst gern als Gutes schaffenden Mephisto sah. Genosse Judas wurde er genannt, eine monströse Metapher, an welcher der aus kleinen Verhältnissen stammende Spitzel, der die in der DDR herrschende gesellschaftliche Schizophrenie extensiv auslebte, endgültig zerbrach. Am vergangenen Sonntag ist Böhme, 55jährig, in Neustrelitz nach schwerer Krankheit verstorben.
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