Wie lange braucht es, damit aus einer blühenden Stadt eine Wüste, aus einer Wüste eine blühende Stadt wird? Die Zerstörung Trojas durch die Griechen beanspruchte Jahre, aber doch weniger Zeit, als Vergils Held Aeneas brauchte, um an die Gestade des antiken Latium zu gelangen, wo er Alba Longa, die Vorgängerstadt Roms gründete, das wiederum hundert Jahre später erstand. Städte, das erkennt man, zeugen sich fort, nicht immer geht ihre Geschichte dort weiter, wo sie gerade durch Menschenhand beendet worden ist. Das gilt auch für das zweieinhalbtausend Jahre später von Briten zerbombte Alexandrien, nachdem sich dort Orabi Pasha dem Ansinnen der Europäer, den Eingang zum gerade ausgehobenen Suezkanal allein zu bestimmen, widersetzte. Auf die Schiffskanonaden folgt eine brutale Invasion, der Reichtum der Stadt wird in wenigen Tagen geplündert. Dem Dichter Konstantinos Kavafis gelingt mitsamt seiner Familie die Flucht, das Ende der Stadt signiert das Ende seiner Kindheit. Immer wieder wird er auf diesen Moment zurückkommen: „Geh festen Schritts zum Fenster /.../ und verabschiede Dich von Alexandrien, das Du verlierst vor Deinen Augen“.
Verlust ebenso wie die Verinnerlichung der Städte gehören zur Epoche forcierter Geopolitik, zu anschließenden ethnischen Säuberungen und Umsiedlungsprogrammen. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Städte Dresden oder Hiroshima sind dagegen für ihre überlebenden Bewohner jeweils wieder aufgebaut worden, was angesichts zeitgenössischer Fotografien unvorstellbar erscheint. Der Fluss, in dem die lebenden Fackeln nicht erlöschen, der auf der Treppe eingebrannte Schatten – die genannten Städte sind Synonyme für apokalyptische Visionen geworden, die einige Jahrzehnte danach musealisiert wurden. Und doch bleibt diesen Städten ihr durch den Tourismus nur verschattetes Trauma eingeschrieben.
Von den zerstörten Städten kommt man selten los. Nicht einmal Aeneas gelang dies. Und mitunter ist unwesentlich, wodurch die Katastrophe eintrat. Menschen, deren gesamtes Lebensumfeld durch ein Erdbeben kollabiert ist, suchen nicht das Weite, sondern fordern staatliche Wohnungsprogramme, um in der Nähe ihres Unglücks ausharren zu dürfen. „Say goodbye to Alexandria lost“, diese Umschrift von Kavafis’ Gedicht in Leonard Cohens Liebeslied wird in ihren Köpfen nicht gespielt. Oft genug wollen diese Menschen bei ihren Toten bleiben, oft kommen sie aber auch darüber nicht hinweg, dass das Unglück sie ausgespart hat. Sie rächen sich an ihm, indem sie ihm nicht den Rücken kehren.
Grosny, Aleppo, Mariupol
Welche Zukunft nun wird die ukrainischen Städte erwarten? Von Mariupol gingen in den letzten Wochen Bilder um die Welt, die zerstörte Häuserfronten, ausgebrannte Autos, zerbombte Infrastruktur zeigten. Schwarzer Rauch steht über einer Markthalle, die schon lange nicht mehr genutzt wurde, leere, furchtvergessene Gesichter schauen aus Textil- und Papierhaufen, der Zivilschutz mahnt die Leute zur Eile. Im Bauch des neoklassizistischen Stadttheaters hatten sich mehr als Tausend Frauen und Kinder vor den russischen Angriffen sicher geglaubt, so sicher, dass sie es die Piloten wissen ließen – auch das Theater ist nun pulverisiert, die Hälfte der Schutzsuchenden mutmaßlich tot. Dass dies eine Stadt gewesen sei, gleichermaßen von Russen und Ukrainern bewohnt (sodass ihre Bombardierung nur mehr belegt, wie wenig man in Moskau die eigene Volksgruppe zu schonen geneigt ist), mit einer halben Million Einwohner, einer für die Schwarzmeerregion typischen, mehr als 200 Jahre alten multiethnischen Geschichte (nebst muslimischer Moschee), sieht man den Bildern nicht an. Die Bomben haben das Besondere getilgt und den Ort ins Archiv der Zerstörung geschoben, wo eine Wüste der anderen gleicht. Große Teile der Zivilbevölkerung warten darauf, die Bunker und Krater verlassen zu können, mit Kranken und Alten auf dem Rücken, wie einst Aeneas, fortzuziehen. Angesichts der russischen Taktik, die Städte, in die einzudringen offenbar das Heer nicht ausgebildet ist, ringartig einzuschließen, zu beschießen und auszuhungern, wird man sagen, dass ein Kriegsmittel Moskaus im „Urbizid“ besteht. Dafür braucht es weder großen Mut noch technische Präzision, nur grausame Geduld und ausreichend Munition. In Grosny und Aleppo hat man dafür geübt.
Als Michael Moorcock 1963 den Begriff des „Urbizids“, des Stadtmords, kreierte, wollten er und andere Stadtsoziologen ihn eigentlich für die Gewalt der Umstrukturierung und Ghettoisierung in westlichen Metropolen reservieren. Also für Eingriffe, die häufig aus der Perspektive der administrativen Eliten angeordnet werden und die die subkutane Verflechtung, den Lebensnerv eines Ortes – oft genug kennt man ihn nicht, bevor man ihn durchschneidet – zerstören. Verkehrsknotenpunkte, Plätze, Boulevards, aber auch Schulen, Krankenhäuser, Parks machen aus einer Stadt mehr als eine Siedlung, sie verleihen ihr historische und räumliche Perspektive, und sie vermitteln zwischen der Intimsphäre des Einzelnen, seinem Selbstbild, seinen Wünschen – und dem Raum, in den er sie hineinträgt. Urbizide sind Angriffe auf das Leben selbst, auf seine Möglichkeit, sich zu regenerieren. Sie sind Früchte des Hasses nicht weniger als des Weltverlusts: dort, wo Eliten oder Militärs an Modellen operieren, die das Wirkliche nur vertreten.
Städte seien, so der Kolumbianer Eduardo Mendieta, „lebende Gebilde“, deren Werden und Vergehen sich rationaler Planung entziehen. Dennoch scheint es verwundbare Zonen zu geben, an denen man eine Stadt so treffen kann, dass sie danach „tot“ ist, ihre Wiederbelebung künstlich erscheint, man eine Art zweiter Stadt um die tote zu errichten hat. Urbizide sind also auch Historisierungsmaschinen, in einem Eroberungskrieg bereiten sie die Kolonialisierung der kollektiven Erinnerung an der Stelle vor, wo die spätere Macht sich ansiedeln wird. Dem Urbizid zu entgehen, das vermögen indes die Menschen, die die gemordete Stadt in sich an einen anderen Ort tragen und dort wiedererstehen lassen. So könnte es sein, dass man sich aus ihrer Umklammerung und sie aus der Umklammerung ihrer Zerstörer befreit. Die klassische und die moderne griechische Literatur stehen dafür ein. In Mariupol, heißt es, lebten zuletzt 10.000 Griechen.
Das Beispiel Sarajevo
Eine Stadt, deren Schicksal als beispielhaft für „Urbizid“ gilt, ist Sarajevo. Auch hier handelt es sich um eine multiethnische Stadt, in der Serben und vor allem muslimische Slawen zusammenlebten. Sarajevo ist in Europa zum Inbegriff für das 20. Jahrhundert geworden, dessen Anfang hier mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs – ausgebrochen wegen des tödlichen Schusses auf den österreichischen Thronfolger – und dessen Ende mit der Renationalisierung der jugoslawischen Teilrepubliken eingeläutet wurde. Die dabei mobilisierten Kategorien von Nationalstaat, Einflusssphären, Geopolitik verdeutlichen, dass trotz aller Verflechtungsbemühen die global wirksamsten Kräfte in der Fragmentierung stecken, kurz: dass sich das 19. Jahrhundert mit den Waffen des 21. Geltung zu schaffen versucht.
Am Morgen, als die Invasion in die Ukraine begann, besuchte ich zufällig das Viertel San Giovanni am Stadtrand von Triest. Es besitzt eine gewisse Berühmtheit aufgrund eines Therapiedorfes, das die psychiatrischen Anstalten in Italien ablöste. An der Schwelle von West- und Osteuropa entwickelte sich hier vor vierzig Jahren ein Modell demokratischer Partizipation und institutionalisierter Empathie. Sinnbild dafür war ein ausgemustertes Pferd, das in Prozessionen durch die Stadt geführt wurde. Heute gibt es in diesem Therapiedorf eine Art Wartehäuschen, in unschuldigstem Weiß und schmerzhaft glühendem Rot, auf dessen Innenwänden zwei Gedichte – eines von Abdulah Sidran, eines von Marko Vešović – über und mit Sarajevo sprechen. Die Installation erinnert an die traumatisierten Flüchtlinge, die in San Giovanni behandelt wurden, zugleich daran, dass es wichtig ist, sich durch Rituale kleine Schutzhütten zu bauen, wenn man ansonsten kaum Boden unter die Füße bekommt. Ein Gedicht kann ein solches Ritual sein.
Man kann es wie eine Maske aufsetzen, um wie Marko Vešović gleichsam von außen die eigene Ohnmacht zu betrachten: „Aber zu wissen, wer Du bist, wenn überhaupt / ist das Privileg des Opfers. Zu wissen, wie viel Du / erträgst, ohne zu Bruch / zu gehen ... / Diese Erfahrung ist das Schwert, das wir nicht häufig / aus der Scheide ziehen. Ich wenigstens, werde meine Hand / an seinem Griff halten.“
Nur bleibt die Frage, ob diese Selbsterkenntnis den Kriegen ein Ende setzen kann.
Kommentare 20
die zerstörung fremder habitate, die pulverisierung/verwüstung der unmittelbaren umwelt
von "feinden" , die keine waffe tragen, war in früheren zeiten die vor-stufe zur sklaven-nahme.
heute ist diese krieg-führung vor-spiel einer austreibung von bevölkerung,
die nicht benötigt wird, außer zur belastung eines noch nicht besiegten kriegs-gegners.
"Ici fut Fleury". Das habe ich irgendwie in Erinnerung.
Und wärs eine Stadt irgendwo im sich abgespalten habenden Osten der Ukraine gewesen, wir würden höchstens mit einem "Sic semper tyrannis" beschallt werden. So ist es eben jene Stadt, in die sich die Helden des ASOW-Bataillons zurückziehen mußten. Ein "Sie starben für die Freiheit" ist ihnen sicher.
Ich wäre pro-russisch? Im Gegenteil, die Russen sind für mich nur Mittel zum Zeck. Ich bin nämlich "pro-Zonger". Ich fürchte jenes System, das sich an die russischen Rohstoffe heranmachen will, das die Ukraine zu immer neuem unfreundlichem Verhalten angestiftet hat, nur um in dieser Weltgegend Unfrieden zu stiften und unter dem Titel "Besitzstandswahrung" ausbeuten will. So wie man es bei uns tut und, gelänge es, noch viel mehr tun würde. Ich fürchte um die Reste von sozialer Sicherheit, Reste von Hoffnung gebender Zukunftsperspektive. Ich wünsche daher allen Selenskyj-Freunden denn bald aus Konkurrenzgründen erforderlichen chinesischen Mindestlohn nach Reinheitsgebot: eine Handvoll Reis - und sonst nix.
Die Asow-Militärs hatten sich im Mariupol verschanzt, der Bevölkerung die Flucht verboten und die Menschen als Schutzschilde benutzt. Hätte man erwähnen können. Und Städte können wieder aufgebaut werden. Wie man in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg sehen konnten. Übrigens: Von der Zerstörung von Städten verstand (oder versteht?) Deutschland etwas. Im gesamten ehemals von der deutschen Wehrmacht besetzten Russland blieb beim Rückzug der Wehrmacht kein einziges Haus stehen. Kein einziges. Auch keine Brücke, keine benutzbaren Gleise, nichts. Und heute bekommt das Asow-Militär Geld aus Deutschland, und Waffen. Aber klar, so ganz allgemein über Zerstörungen zu philosophieren hat auch etwas.
Wer sich hier alles in Sklavenhaltung auskennt.
Auch hier gilt: Quellenangaben erwünscht.
Nicht jeder sitzt 24 Stunden am Tag an der Tastatur.
Sie bekommen mein ehrenwort ! schlafen Sie weiter !
es passiert in den nächsten jahren nichts, was ein auf-wecken Ihrer werten person
rechtfertigen könnte ! ährlich !
und Ihre äußerungen zur lage: sind durchaus entbehrlich....
melden Sie sich als zeuge beim internationalen gerichts-hof !
und wenn einer im bett erschossen wird: das kommt sogar im frieden vor...
@Linksman: Ihr Kommentar ist eine einzige Beleidigung, Ihr Name auch - diese Denkweise ist nicht "links", sondern nur noch zynisch, und selbst ihr Avatar ist eine Beleidugung für alle Katzen.
Mit dieser Denkweise könnte man auch über Mylai hinwegsehen, was zur Abwechslung einmal die USA anrichteten, oder auch über die Terrormorde von Hanau oder durch Breivik in Oslo hinwegsehen. Die geschahen zwar im Frieden, aber auch "nur" mit zweistelligen Opferzahlen.
was ist eigentlich ihr eigentliches Problem, Linksman? Mag Sie eigentlich irgendwer so als Mensch, so privat? Bitte verbreiten Sie ihre zynischen Kommentare woanders.
linxmän hat sich schlafen gelegt, es gab ja nix, was sein wach-sein erforderet hätte...
ulrich heyden hat darüber berichtet. er ist im donbass.https://www.nachdenkseiten.de/?p=82601
tja wer zerstört die städte. die kriegsparteien, wozu im weitesten sinne auch die liebe brd gehört (aktuell sollen ja panzer geliefert werden). dass die freiheit am hindukusch, pardon aktuell ist es ja die ukraine, verteidigt werden soll- das glaube ich nun leider nicht. ulrich heyden, siehe link oben, berichtet, dass die ukraine armee nach abzug, infrastruktur zerstört. tja wir nazis (leider hänge ich in der geschichte dieses landes drin und ich stelle da immer noch eine haftung fest) haben einen hang zum totalen. wenn wir nicht gewinnen, dann sollen auch die anderen verlieren. die politik der verbrannten erde halt. dazu haben auch unsere leithammel einen hang. annalena: russland ruinieren ist anscheinend ihre mission (bitte englisch ausprechen). mir ist noch so erinnerlich, dass ihre grossmutter vom russen (bitte den generalis verwenden und ausblenden, was zuvor der deutsche in ru anrichtete) angegangen wurde. da gibts wohl familiär ein huhn zu rupfen, nur leider fehl am platze in der weltpolitik, auch wenn man gelernte völkerrechtlerin oder vom völkerrecht herkommt. emotionalisierung der politik- das finden nur leute toll, die keine inhalte brauchen.
Auch die wahrlich nicht rechtsgerichtete taz berichtet entsetzt von den Massakern: https://taz.de/Russische-Massaker-in-der-Ukraine/!5843136/
Zunächst ist natürlich unabhängige Aufklärung durch die UNO angesagt. Deren Menschenrechts-Kommissarin vermutet auch die Täter auf russischer Seite.
Bei der Aufklärung sollte bitte auch geprüft werden, ob diese Massaker mehr oder weniger der regulären Leitlinie der russischen Kriegsführung folgen, oder ob hier sich einzelne Kommandeure eigenmächtiges Handeln herausnahmen. Entsprechendes wird ja auch bei anderen Armeen verfolgt, siehe etwa Misshandlungen in Abu-Ghreb.
Gezielte Massaker an Zivilbevölkerung können eigentlich der offiziellen Linie einer Kriegsführung entsprechen, weil dann jeder Verteidigende bis zum Äußersten kämpft, sich nie ergeben wird und vorher noch möglichst viele in den Tod "mitnimmt". Ähnlich wirkten sich ja auch die Gräueltaten der deutschen SS in den besetzten Gebieten aus.
Durchaus denkbar halte ich aber, dass solche "einzelnen Verfehlungen" mit der Anwerbung möglichst brutaler Söldner bewusst in Kauf genommen werden.
Die taz war einmal eine wichtige Zeitung im linken Spektrum. Inzwischen ist sie wie andere Medien auf Nato-Linie. Leider. Übrigens: Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die USA (Geheimdienste/Satellitenbilder/Augenzeugen/etc) "eindeutige" Beweise präsentieren, die "eindeutig" die Schuld Russlands beweisen. Die USA sind immer noch die Nr. 1 im Informationskrieg, dass Russland im UN-Sicherheitsrat eine UN-Untersuchung fordert, wird in diesem Krieg ein schnell vergessenes Randereignis sein.
der ganze putin-krieg trägt züge eines "erweiterten selbst-mords"(amok)
das monströse ist, daß der kerl atom-waffen im sprengstoff-gürtel hat...
Der Schweizer Militärexperte Jacques Baud schreibt in seinem jüngsten Artikel "The Military Situation In The Ukraine" über die Ursachen und den Verlauf des Krieges. Dabei geht er auch auf die Struktur der ukrainischen Armee ein. Zum obigen Thema sollte man folgendes aus dem Text wissen und bei der Beurteilung der Zerstörungen beachten:
"Im Jahr 2022 waren die ukrainischen Streitkräfte, die gegen die russische Offensive kämpften, folgendermaßen organisiert.
Das Heer, das dem Verteidigungsministerium unterstellt ist:
Es ist in 3 Armeekorps gegliedert und besteht aus Manövrierverbänden (Panzer, schwere Artillerie, Raketen usw.).
Die Nationalgarde, die dem Innenministerium untersteht und in 5 territoriale Kommandos unterteilt ist:
Die Nationalgarde ist also eine territoriale Verteidigungskraft, die nicht Teil der ukrainischen Armee ist. Sie umfasst paramilitärische Milizen, die als "Freiwilligenbataillone" (добровольчі батальйоні) bezeichnet werden, auch unter dem vielsagenden Namen "Vergeltungsbataillone" bekannt sind und aus Infanterie bestehen. Sie wurden in erster Linie für den Stadtkampf ausgebildet und verteidigen heute Städte wie Charkow, Mariupol, Odessa, Kiew usw."
Jeder, der die Zerstörung von Mariupol und das Leid der Zivilbevölkerung undifferenziert beklagt, sollte eine Vorstellung von der Motivation und der Zielstellung der Nationalgarde haben.
Baud schreibt weiter:
"Die EU ist dabei, die katastrophalen Erfahrungen des Dritten Reiches in den letzten Stunden der Schlacht um Berlin zu wiederholen. Der Krieg muss dem Militär überlassen werden, und wenn eine Seite verloren hat, muss das zugegeben werden. Und wenn es Widerstand geben soll, dann muss er geführt und strukturiert werden. Aber wir tun genau das Gegenteil - wir drängen die Bürger, in den Kampf zu ziehen, und gleichzeitig genehmigt Facebook Aufrufe zum Mord an russischen Soldaten und Führern. So viel zu den Werten, die uns inspirieren."
Im Augenblick sprechen viele Anzeichen für Massaker seitens der russischen Armee an Zivilbevölkerungen sowohl in Maripul als im Großraum Kiew. Ich spreche hier bewusst von Vermutungen - die aber von der UNO-Menschenrechtsbeauftragten ebenfalls getragen werden.
Dass es möglicherweise eigenmächtige Aktionen verschiedener örtlicher Kommandeure sind, mag sein. Dafür spricht, dass auch Putin eine Untersuchung durch die UN fordert. Dagegen sprechen offizielle russische Kommentare, die der Ukraine jegliche Existenzrechte absprechen und die Häufung dieser Geschehen.
Sinnvoll ist auf jeden Fall eine umgehende und umfassende Untersuchung durch unabhängige Organisationen wie der UNO.
Unter den jetzigen Rahmenbedingungen ist es nur sehr verständlich, dass die Bevölkerung in der Ukraine bis zum Äußersten kämpft. Fliehen ist nicht unbedingt ein Ausweg, weil die Fluchtkonvois beschossen werden. Wehren sie sich gegen die Besatzer, haben sie eine gewisse Chance, zu überleben. Ergeben sie sich, ist es wahrscheinlich, dass sie ermordet oder nach Russland verschleppt werden.
Unter diesen Umständen sehe ich auch Waffenlieferungen an die Ukraine als geboten an, damit sich die Bevölkerung gegen ihre Ermordung oder im günstigsten Fall Verschleppung nach Russland wehren kann. Das ist nicht NATO-Doktrin, das würde ich bei jedem Land in ähnlicher Situation so sehen.
Wir erleben in den letzten Jahrzehnten die Auswirkungen einer asymmetrischen Kriegsführung. Die Washington Post berichtet u.a., dass die Ukraine schwere Waffen in Wohngebieten platziert. In Aleppo haben sich die Islamisten in Wohngebieten zwischen Zivilisten verschanzt. In Mossul das gleiche.
Hier werden von beiden Seiten Zivilisten bewusst verheizt. Diejenigen, die sie als menschliche Schutzschilde misbrauchen sind ebenso verachtenswert wie diejenigen, die auf die Zivilisten keine Rücksicht nehmen.
Wir müssen bei allem aber auch bedenken, dass ebenso seit dem ersten Irak-Krieg die Medien immer stärker in den Fokus rücken. Mit leidenden Menschen und insbesondere leidenden Kindern wird auch reichlich Propaganda betrieben. Das nützt wiederum denjenigen, die die menschlichen Schutzschilde aufziehen.
Insgesamt eine schreckliche Situation zu der asoziale Militärs jeglicher Couleur beitragen.
Wer kennt noch "Wag the Dog"? Und heute sind die Möglichkeiten um ein Vielfaches besser. Traue keinem Bild, traue keinem Video. Im (Medien-)Krieg lügen alle - siehe KZs im Kosovo, Brutkästen in Kuwait, Giftgas in Douma, ...