Es scheint, dass wir mit unserem Aufruf den Nerv der Zeit getroffen haben. Innerhalb weniger Tage fand er die Unterstützung mehrerer Dutzend prominenter Erstunterzeichner*innen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, deren Zugänge zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) sehr verschieden sind. Zuvor hatten in Deutschland fast eine Million Menschen diverse Petitionen für die Einführung bedingungsloser Zahlungen unterzeichnet. Selbst wenn man davon ausgeht, dass manche mehr als eine Petition unterschrieben haben, bleibt das eine beeindruckende Zahl. Es ist offenbar höchste Zeit für eine ernsthafte Debatte über die Einführung des Grundeinkommens.
Die Forderungen der einzelnen Petent*innen sind unterschiedlich: Einige wollen bloß eine Notfallzahlung für Menschen, die von der Krise besonders stark betroffen sind, andere zielen auf ein vollumfängliches Grundeinkommen gemäß der breit akzeptierten Definition, dass die Zahlung an alle erfolgen soll, unabhängig vom Erwerbsstatus und Einkommen, ohne Gegenleistung und hoch genug, um Existenz und gesellschaftliche Teilhabe zu sichern. Wie die Zahl der Unterstützer*innen, aber auch der Personen, die Petitionen verfasst haben, uns zeigt, findet die Forderung weit über die herkömmliche Szene der Grundeinkommens-Befürworter*innen hinaus Zustimmung.
Eine der Petentinnen, die unabhängige Modedesignerin Tonia Merz, argumentiert, es werde von „Billionenkrediten für die Wirtschaft“ gesprochen, Deutschland sei also ein reiches Land, das sich so etwas leisten könne. Was es aber auch brauche, seien „Menschen, die weiterhin Geld ausgeben“. Das scheint mitten in der Krise vielen einzuleuchten. Selten haben wir, als wir um Unterstützung für unsere Initiative warben, die Ansicht gehört, die extrem hohen Ausgaben für direkte wirtschaftliche Stützungsmaßnahmen ließen sich mit der Finanzierung eines BGE nicht vereinbaren oder würden sie doch erschweren. Wirtschaftswissenschaftliche Gründe sprechen dagegen: Ökonom*innen der Modern Monetary Theory argumentieren, dass es den Zentralbanken möglich sei, Staaten praktisch unbegrenzt mit Geld zu versorgen, ohne dass daraus Schuldenprobleme entständen. Zumindest einige interpretierten schon die Aufkäufe von Unternehmenspapieren durch EZB und Fed so, dass auch die Unternehmen unbegrenzt mit Geld versorgt werden könnten. Sie dürften sich durch die aktuellen und für die nahe Zukunft diskutierten massiven Krisenhilfen auch für Großkonzerne darin bestätigt sehen. Man muss der genannten ökonomischen Theorie keineswegs folgen. Aber man kann fragen, ob die direkten Hilfszahlung an Individuen, wie Einmalzahlungen an kleine und Soloselbstständige, nicht als Hinweis darauf verstanden werden könnten, dass eine solche Ausstattung mit Geld auch für Individuen möglich wäre. So sehen sich Grundeinkommensbefürworter*innen darin bestätigt, dass die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) nicht an der Finanzierung scheitert, sondern am politischen Willen.
Überlebenshilfen nicht immer aus menschenfreundlichen Motiven
Die Plausibilität der Grundeinkommensforderung war vielleicht noch nie so hoch wie jetzt in der Krise. Sehen wir uns einmal an, was die Staaten zur Unterstützung Betroffener unternehmen. Längst nicht überall bekommen diejenigen etwas ab, die es am meisten bräuchten. Gerade in den arm gemachten Staaten des Südens, aber auch in so manchem Industrie- und Schwellenland, bekommen die Armen nichts. Im Gegenteil, Hunderte von Millionen Menschen weltweit lebten bisher davon, von anderen, oft ebenfalls Prekären, ein wenig Geld abzuzweigen. Sie taten das durch mehr oder weniger sinnvolle Dienstleistungen, den Verkauf zweifelhafter Produkte und auch durch direkte Entwendung. Nun steigt die Zahl derer noch, die auf solche Einkommensquellen angewiesen sind, weil sie ihre prekäre formelle Arbeit verloren haben. Damit, aber auch durch den ausbleibenden Tourismus, sinkt gleichzeitig die Zahl derer, deren Geld man bekommen könnte. Und dorthin, wo sich die Geldbesitzer*innen aufhalten, darf man ohnehin nicht mehr gehen. Wer es trotzdem tut, wird nicht selten von der Staatsmacht vertrieben, direkt angegriffen, in den Knast gesperrt oder gar getötet.
Nun gibt es reiche Länder, die auch den ärmeren Bevölkerungsteilen Überlebenshilfen angedeihen lassen; doch sind sie keineswegs immer von menschenfreundlichen Motiven angetrieben. „Die Wirtschaft“ kann im Kapitalismus nicht erfolgreich betrieben werden, wenn da keine Käufer*innen sind. Schon jetzt aber bestehen die „Hilfen“ in Deutschland überwiegend aus Krediten, die zurückgezahlt werden müssen. Worauf die Industriestaaten nach der Krise setzen werden, darf man getrost voraussagen: Marktprozesse würden das alles regeln. Das wird gigantische Profite für wenige bedeuten, Pleiten für zahlreiche kleine, vielleicht auch einige große Unternehmen und Verarmung, ja Verelendung großer Teile der Bevölkerung. Regierungen, Parteien, Wirtschaftsführer*innen und Wissenschaftler*innen werden dennoch erklären, dass diesmal gelingen werde, was noch nie im Neoliberalismus gelang – die Verringerung der Armut der Vielen durch den wachsenden Reichtum der Wenigen.
Neben diesem absehbaren Szenario sehen wir eine zweite Gefahr. Auch aus staatlicher Sicht wird ein (neoliberales) Grundeinkommen in der Krise plausibler. Milton Friedman, auf den viele neoliberale Grundeinkommensmodelle zurückgehen, hatte den Gedanken geradezu paradigmatisch entwickelt. Er wollte Menschen ohne Einkommen bis zu einem Viertel des steuerlich freigestellten Betrages als negative Einkommenssteuer auszahlen und ansonsten jegliche öffentliche Unterstützung einstellen. Mit diesem Minimalbetrag wären die (meisten) Betroffenen nicht verhungert, aber sie wären gezwungen gewesen, jeden noch so üblen Job zu allen noch so miesen Bedingungen anzunehmen. Und der Staat hätte kräftig dabei gespart. Wir haben in unserem Aufruf deshalb betont, dass wir „ein Grundeinkommen als ein bedingungslos gewährtes Einkommen, das allen Menschen die Existenz sichert und die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht“, verstehen. Nur dann wäre es ein sozialer und humanitärer Fortschritt.
Welches Grundeinkommen, muss eine Debatte klären
Auf weitere Konkretisierungen eines BGE haben wir bewusst verzichtet. Es gibt bekanntermaßen höchst unterschiedliche Vorstellungen davon, was ein Grundeinkommen sein und was es leisten soll. So ist es zum Beispiel ein großer Unterschied, ob man es als sozialpolitische Maßnahme konzipiert, die vor allem Armut verhindert (da wären vielleicht auch ganz andere Maßnahmen sinnvoll), oder ob man eher einen „Kulturimpuls“ will, der es Menschen ermöglicht, zu tun, was sie besonders gut können und besonders gern möchten. Letzteres wiederum kann so ausgestaltet sein, dass es vor allem die freie Tätigkeit der Einzelnen fördert, aber in der Finanzierung die Unternehmen entlastet, oder so, dass es mit einer großen finanziellen Umverteilung von Reich zu Arm verbunden ist.
Diese Differenzen sind keineswegs banal und erschweren immer wieder die Zusammenarbeit einzelner Teile der Grundeinkommensszene mit anderen. In einer ernsthaften Debatte um die Einführung des BGE, wie wir sie mit dem Aufruf fordern, müssen all diese Themen angesprochen werden. Es ist nicht zuerst die Aufgabe der Bewegung, sich auf ein einheitliches Modell zu verständigen. Denn wir haben es mit einem Anliegen von allgemeiner Bedeutung zu tun. Es bedarf eben einer gesamtgesellschaftlichen Debatte, was für ein Grundeinkommen wir wollen. Welche Probleme wir mit einem BGE lösen, welche Fragen wir beantworten wollen, muss demokratisch entschieden werden. Sollen eher die Bedürfnisse der Ärmsten oder doch die der Wirtschaft im Vordergrund stehen? Wollen wir nur Staatsbürger*innen gut absichern oder jedem Menschen, gleichgültig welcher Herkunft und welchen Status', zusagen, dass für ihn gesorgt, dass er als Bereicherung angenommen ist? Wollen wir die bestehenden Sozialsysteme zu einem universellen System mit BGE ausbauen oder wollen wir sie zugunsten eines BGE abschaffen? Soll es nur in Deutschland eingeführt werden (und wie geht dann die Abgrenzung nach außen?) oder in der gesamten EU (und wie wird dann der Armutsausgleich zwischen deren Mitgliedstaaten organsiert?), oder muss ein BGE angesichts der Tatsache der Migration gar ein globales Projekt sein?
Uns ging es bei dem Aufruf darum, dass die gegensätzlichen Bedürfnisse und Interessen in der Grundeinkommensbewegung vertreten sind. Dabei haben wir nicht nur gesellschaftliche Sektoren im Blick gehabt, bei denen zu erwarten war, dass sie die Forderung begrüßen, wie Freiberufler*innen, Kreative, Soloselbstständige oder Erwerbslose, sondern auch solche, die mit einem BGE eher fremdeln wie Gewerkschaften oder Unternehmer*innen. Wir haben darauf geachtet, dass diverse weltanschauliche, parteipolitische oder Glaubensüberzeugungen dabei sind, auch dass die beteiligten Wissenschaftler*innen nicht nur die Sozialwissenschaften repräsentieren und dass es Unterstützer*innen gibt, deren Beruf es ist, Öffentlichkeit herzustellen und gesellschaftliche Debatten zu unterstützen und zu gestalten.
Jetzt sind wir darauf angewiesen, dass die Notwendigkeit der Debatte, die wir fordern, von Vielen gesehen und unterstützt wird. Wir fordern Sie, liebe Leserinnen und Leser, also auf, sich einzumischen, natürlich in den Zusammenhängen des Freitag, dem wir für die Möglichkeit danken, uns hier zu präsentieren, aber auch überall sonst, wo Sie die Möglichkeit haben: in der Familie, im Beruf, in der Straßenbahn, gegenüber Ihrer Tageszeitung, in Petitionen und öffentlichen Manifestationen aller Art.
Kommentare 19
Hartz4 für alle wird kommen, ruhig Blut. Die Abhängigkeit der Bevölkerung von staatlichen Zuwendungen wurde gut vorbereitet. Die Ressourcen sind weitgehend überflüssig geworden. Auch technische Pflegeroboter sollen die menschlichen ersetzen, sie können sich nicht anstecken und tun ansonsten das gleiche, 24/7.
Grundsätzlich ist jede gesellschaftliche Dabatte, bei der es um Armut und prekäre Lebensverhältnisse geht, zu begrüßen, wenn diese Debatte darauf abzielt, diese Verhältnisse tatsächlich zu verbessern. Zumal in einem reichen Land wie Deutschland, in dem sich allein das Geldvermögen inzwischen auf über 6 Billionen Euro beläuft. Auf 100 Milliarden, das sind immerhin 100.000 Millionen Euro hin oder her kommt es dabei schon gar nicht mehr an.
Ein ganz großer Vorteil in dieser Hinsicht wäre es zweifelsohne, wenn niemand mehr Angst davor haben müsste, ob er seine existenziellen Grundbedürfnisse befriedigen kann oder nicht, wenn er keinen Job und keine Millionen oder Milliarden auf seinem Konto hat. Angst essen bekanntlich Seele auf. Wer ein mehrstelliges Millionenvermögen oder sogar ein Milliardenvermögen erbt, hat vielleicht auch Ängste, wer will das bestreiten. Aber er hat mit Sicherheit keine Angst davor, dass das Geld auf dem Girokonto am Monatsende nicht reicht, um die Miete für das nächste Monat überweisen zu können.
Wenn jeder Bürger in unserem "christlichen" Lande genügend Geld für Miete, Essen, Medikamente, die Fahrt mit dem ÖPNV usw. hätte und das bedingungslos, das heißt, ohne dass er von unserem "Sozialstaat" gezwungen werden kann, für einen lausigen Mindestlohn von derzeit 9,35 Euro/Stunde jeden auch noch so beschissenen Job zu übernehmen, weil ihm sonst die Unterstützung gesperrt wird, dann ist das Freiheit. Ja, das ist Freiheit! Allerdings ist es eine andere Freiheit als die Freiheit der Spekulanten, Großbanken und Großkonzerne, also die "Freiheit", die von neoliberalen und konservativen Propheten immer und überall gepredigt wird.
Das BGE hat unbestritten auch volkswirtschaftliche Effizienzvorteile, wenn die volkswirtschaftlichen Kosten zum Beispiel für die aufwändigen Bedürftigkeitsprüfungen und die Kontrolle ("Vorsicht: Missbrauch!") wegfallen würden. Derzeit bezahlt unser Staat Beamte dafür, um zu überprüfen, ob jemand einen Anspruch auf 30 oder 40 Euro Wohngeld im Monat hat oder nicht. Gibt es keine gesellschaftlich sinnvolleren Tätigkeiten als diese?
Der zentrale Punkt aber ist: Das (bedingungslose) Gundeinkommen würde nichts an der bestehenden Kluft zwischen den Armen bzw. den Prekären und den Hyperreichen ändern. Ganz im Gegenteil, es würde diese Kluft noch viel größer machen würde.
Die Grundeinkommens-Befürworter ignorieren, daß es soclh ein Grundeinkommen bereits gibt: Das sind die HatzIV-Leistungen.
||Ganz im Gegenteil, es [das Grundeinkommen] würde diese Kluft noch viel größer machen würde.||
Wie das?
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Optimal wäre zugleich grundgesetzliche Aufnahme des Menschenrechts am Mehrwert eigner Arbeit.
Gut auch Einkommensbegrenzung wie beispielsweise 1:8, so wie Niemand über solches Verhältnis mehr zu leisten vermag als Andere.
Derlei werden wir natürlich nicht sehen. Doch dürfte Selbstverwirklichung unter BGE auch kognitiven Anstieg mit sich bringen, der eben verzögert zu wirtschaftlicher Verhältnismäßigkeit und Gemeinnutz führt.
Letzteres dürfte denn auch grundlegend für elitären Widerstand gegen das BGE sein. Sozialität ist eben der Selbstsucht Feind.
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Toller Artikel!
Wir als Befürworter eines BGE weisen seit Gründung des »Netzwerk Grundeinkommen« (damals 2004 als Reaktion auf die Einführung von »Hartz IV«) immer wieder auf den Unterschied zu den bekannten Varianten von Grundsicherungen hin, die allesamt an bestimmte Bedingungen geknüpft sind, was regelmäßig zu Problemen beim Bezug solcher Leistungen und zu überflüssiger Bürokratie führt.
https://youtu.be/rwqcwDlWty0
Da ja auch der vorliegende Beitrag wieder zeigt, dass die Hoffnungen oder Befürchtungen, die mit einem bedingungsloses Grundeinkommen verbunden werden, mannigfaltig und widersprüchlich sind, sollten wir die Gunst der Corona Stunde nutzen und es einfach mal an einer Bevölkerungsgruppe im Praxistest ausprobieren. So eine Testgruppe könnten z.B. die Kulturschaffenden sein. Da gibt es Soloselbständige, die derzeit ohne jedes Einkommen sind, aber auch Angestellte bei staatlichen Institutionen, bei denen das Gehalt jeden Monat wie bisher aufs Konto kommt. Bei den Soloselbständigen könnten wir uns die ganze kurzfristige und vermutlich immer wieder zu verlängernde Zuschussarie sparen. Bei den fest Angestellten könnten wir sehen, ob deren Kreativität durch ein BGE leidet oder sogar aufblüht.
Nach einem Jahr Lernen kommen wir hoffentlich zur Normalität zurück und können dann auf einer soliden Datenbasis entscheiden, ob wir das BGE als Normalfall einführen und alle sozialen Wohltaten im Gegenzug streichen.
Sie ignorieren, dass Hartz IV-Leistungen weder bedingungslos bezogen werden können, sondern sogar mit Sippenhaftung verbunden sind, und sich schon gar nicht an einer Höhe orientieren, die neben einer materiellen Sicherung des Lebens auch eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.
"Der zentrale Punkt aber ist: Das (bedingungslose) Gundeinkommen würde nichts an der bestehenden Kluft zwischen den Armen bzw. den Prekären und den Hyperreichen ändern. Ganz im Gegenteil, es würde diese Kluft noch viel größer machen würde."
Den Ansatz verstehe ich nicht ganz. Es wäre mir eigentlich völlig egal, wäre ich nicht reich, wüsste aber meine materielle und kulturelle Existenz abgesichert. Meine berufliche Tätigkeit macht mich auch nicht gerade reich, aber ich habe keine Existenzsorgen. Ich gehöre zu den Solo-Selbstständigen, habe jedoch keinen Antrag auf Unterstützung gestellt. Ich müsste ihn ohnehin zurückzahlen, da mir die Unterstützung gewinnerhöhend zufließen würde. Andererseits habe ich eben auch absolut nicht den Wunsch, reich zu werden. Wozu? Ich will leben und zwar so, wie ich es will, nicht mehr und nicht weniger.
Mein zentraler Punkt für die Begründung ist daher ein anderer: JEDES Leben, das geboren wird, hat ein Recht auf seine Existenz. In jeder Hinsicht. Durch die politischen Rahmenbedingungen wird derzeit jedoch immer noch dieses Recht in Frage gestellt. Dem kann m.E. nur mit einem BGE Genüge getan werden.
Sie haben übersehen, hier geht es um das Bedingungslose Grundeinkommen:
- existenz- und teilhabeischernde Höhe
- ohne Bedarfsprüfung
- ohne Zwang zu Arbeit oder Gegenleistungen
- individuelles Recht (alle)
Das wäre wirklich schön, wenn die Kultur so reichhaltig unterstürtzt würde. Es wäre geradezu ein Hoffnungsschimmer für die Welt, weil es der Beginn einer neuen kulturellen Blüte sein könnte.
Aber es spricht auch vieles gegen ein BGE - allein schon die Fianzierung! - und die Kultur wird leider meist zuletzt, oder gar nicht bedacht.
@ Aufforderung an alle, die bestreiten, daß die HartzIV-Leistungen bedingungslos gezahlt werden: Machen Sie eine repräsentative Umfrage bei Dauerbeziehern von HartzIV, wie die das geschafft haben, die formell vorhandenen Bedingungen zu unterlaufen. Ersatzweise können Sie auch bekannte öffentlich Darstellungen von Leuten, die über viele Jahre HarzIV beziehen und sich weigern, irgendeine Arbeit anzunehmen, heranziehen.
Warum die Kluft größer werden soll, möge bitte erklärt werden. Für einen Reichen würde das BGE nichts bedeuten, für Arme Menschen hingegen sehr viel. Viele Modelle des BGE fordern eine FInanzierung durch Transatkionssteuern und Vermögenssteuern oder Wertschöpfungsabgabe o.ä. was in erster Linie eine RÜCKverteilung des Reichtums bedeuten würde!
Bei der BGE-Diskussion ist zu berücksichtigen, dass es verschiedene Modelle gibt und es natürlich auch auf das drumherum wie Umbau des Steuersystems ankommen. Auch eine Kombination mit Social Commons wäre möglich. Vorerst geht es einmal um die GRUNDSATZENTSCHEIDUNG, dann kann mensch bei der Umsetzung über die verschiedenen Modelle und Begleitmaßnahmen reden. In einer Demokratie werden da wohl viele mitreden weshalb das genau Ergebnis wohl noch nicht fest stehen kann. Vor allem wenns länger dauert ...
Unbestreitbare Tatsache ist, auch wenn die selbsternannten "Qualitäts"-Journalisten von Welt, FAZ und der klebrige Claus bzw. die schleimige Marietta vom Zweiten Deutschen Fernsehen das bestreiten werden bzw. schönreden, dass die Einkommens- und Vermögenskonzentration in den letzten Jahrzehnten nicht nur hierzulande massiv zugenommen hat.
Auch in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es Leute, die ein höheres Einkommen und mehr Vermögen hatten als andere. Der Vorstandsvorsitzende einer großen Aktiengesellschaft hat schon immer "mehr" verdient als eine Oberstudienrätin, die schon immer mehr verdient hat als eine Krankenschwester oder ein Altenpfleger, der schon immer mehr verdient hat als eine Putzfrau usw. Das ist auch nicht das Problem.
Das Problem besteht in den Dimensionen, die diese Einkommens- und Vermögensunterschiede inzwischen erreicht haben. Kein Vorstandsvorsitzender hat in den 60er und 70 Jahren in einem einzigen Jahr das 500- bis 1000fache einer Krankenschwester oder eines Altenpflegers "verdient". Kein Einzel-Aktionär bzw. keine Einzel-Aktionärin hat damals in einem einzigen Jahr 550 Millionen Euro Dividende kassiert und das aus einer einzigen Firmenbeteiligung. Auch nach Abzug von Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag bleiben von den 550 Millionen Euro Kapitaleinkünften noch über 400 Millionen Euro netto übrig. Das entspricht den gesamten Personalkosten/Jahr eines Krankenhauses mit insgesamt vier- bis fünftausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Was würde sich daran grundlegend ändern, wenn man ein (bedingungsloses) Grundeinkommen einführen würde?
Nehmen wir an, alle Beschäftigten des Krankenhauses, von der Putzfrau über die Krankenschwester bis zum Chefarzt, würden monatlich noch 1.000 Euro bedingungslos zu ihrem Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit dazu bekommen. Macht pro Kopf und Jahr 12.000 Euro.
Sicherlich wäre das nicht nur für die Putzfrau eine ganze Menge Geld. Im Vergleich zu den oben genannten 550 bzw. 400 Millionen Euro ist das aber nichts. Oder kaufen sich die Putzfrau und die Krankenschwester von den 12.000 Euro dann ein Mehrfamilienhaus für 50 Millionen Euro mit 100 Mietwohnungen, um dann von den Mieteinkünften zu leben?
Allein das Geldvermögen (ohne Immobilien, Hausrat, Pkws, Goldmünzen, Pretiosen usw.) beläuft sich hierzulande inzwischen auf unvorstellbare 6 Billionen Euro, das sind 6.000 Milliarden oder 6.000.000 Millionen Euro. Dieses Geldvermögen wächst von Jahr zu Jahr und vor allem konzentriert es sich auf ein paar wenige, die immer reicher werden, weil die Gewinne der Unternehmen und Kapitaleinkünfte diejenigen kassieren, die bereits jetzt im Geld schwimmen.
Jeder, der schon einmal Monopoly gespielt hat, sollte wissen, wenn man dieses Spiel lange genug spielt, es endet immer damit, dass einer stinkreich ist und immer noch reicher wird und die anderen Schulden haben bzw. auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Daran ändert sich nichts, wenn man eine neue Variante einführt, nämlich die Variante "Monopoly mit Grundeinkommen".
O.k., ein BGE wäre ganz nett für Arme.
Aber man müsste es *erkämpfen gegen* eine Gesellschaft, die darauf beruht, dass Arbeitsfähige leben dürfen, wenn sie ihre Arbeitskraft (über Lohnarbeit & [prekäre] Selbstständigkeit) verkaufen.
Sich so ein Menschenrecht auf Helikoptergeld auszudenken, verniedlicht unseren Kapitalismus.
Und warum sollten Durchschnittsverdiener & Arbeiter bei so einem Kampf mitmachen?
Für sie wäre ein BGE linke Tasche rein, rechte Tasche raus:
Der Durchschnittsdeutsche müsste z.B. monatlich 1185 € bezahlen (Steuern, Staatskredite, Abbau staatlicher Leistungen), um 1185 € ausbezahlt zu bekommen.
Toll.
Merke: Eine Gesellschaft kann nur die Güter „verteilen“, die sie produziert hat.
Was wird durch ein BGE mehr produziert? nichts.
Was haben die Menschen also davon: nichts.
Vielleicht möchte die Unken nach so vielen Jahren doch einmal eruieren, wie tatsächlich sich ein BGE finanzieren ließe.
Allein jene Version, die Götz Werner proklamierte, war eingängig genug, um Abgeordnete aller Fraktionen, also einschließlich der reaktionärsten dafür erwärmen zu können.
Das sollte auch Flachdenkern und Sozialneidern gereichen, wenn sie eben nur den Aufwand in Kauf nähmen, sich umzuschauen.
Scheuklappen gab´s eben noch nie beim Optiker. ;O/
Der Volkswirt weiß, dass jeder Bürger eines Landes, ob groß oder klein, dick oder dünn, faul oder fleißig, dumm oder klug, um weiter leben zu können, das Bruttosozialprodukt des Landes in dem er lebt, erhöht und wenn es heute genau darum geht (lt. Mainstream der Meinungen) ist es sinnvoll den Bürgern ein möglichst hohes Grundeinkommen zur Verfügung zu stellen, allerdings nur, wenn der Empfänger auch alles ausgibt.Dem Ökonomen, der das Optimum erreichen will stellt sich darum die Aufgabe jedem Bürger genau das Grundeinkommen zur Verfügung zu stellen, welches er auch ausgeben wird, damit die volle Kapazität seines Landes voll ausgeschöpft werden kann.Dafür muss die Regierung des Landes die Ausgabefreudigkeit seiner Bürger untersuchen, diese in Kohorten unterteilen, um entsprechende Grundeinkommens-Gesetze erlassen zu können.Die dafür erforderlichen Kriterien sind in den staatlichen Statistiken in Deutschland meist schon vorhanden: Einkommen, Alter, Geschlecht, Bildungsstand und Wohnort dürften sich dafür als wichtig erweisen und sollten jährlich neu erfasst werden, um die ideale Höhe des Grundeinkommens für jeden Bürger genau anpassen zu können.Bereits1968 hat sich der US-Finanzminister Milton Friedmann an diese Aufgabe herangewagt und dem Parlament einen Gesetzesentwurf für eine negative Einkommensteuer vorgelegt, woraufhin sein Präsident Nixon aus dubiosen Gründen aus dem Amt gejagt wurde, nachdem der Vorgänger John F. Kennedy und sein Bruder Robert, die sich mit ähnlichen Plänen beschäftigt haben, genau wie der Initiator dieser Ideen Martin-Luther-King erschossen worden waren.Allein die Ankündigung der Einführung des Grundeinkommens wird in Deutschland die erforderliche Zuversicht erzeugen, um die Wirtschaft aus der Depression zu holen und die CDU braucht sich dann vermutlich um die nächsten Wahlen keine Sorgen mehr zu machen.
Die Diskussion muss nun in Gesetze gegossen werden. Hartz4, Grundrente und Grundeinkommen müssen ein Guss werden statt Stückwerk.
Nach Corona werden Arbeitsabbau, Automatisierung und Industrie 4.0 Fahrt aufnehmen. Die Binnennachfrage bleibt wichtiger Motor der Wirtschaft und in den unteren Lohngruppen herrscht Angst. Wir brauchen jetzt eine ganzheitliche soziale Lösung ehe uns die Dinge um den Kopf fliegen.