A
Autopilot Vielleicht hätte K.I.T.T. ihm helfen können, als sein Leben Jahre nach dem Knight-Rider-Hype unrühmlich auf einem Fliesenboden den Tiefpunkt erreichte. David Hasselhoff, dessen Lederjacke und Namen man als Kind der Achtziger besser kannte als den der Nachbarn, lag betrunken am Boden seiner Küche, aß Burger und wimmerte vor Einsamkeit.
Sein Leben befand sich auf dem zerstörerischen Autopilot-Kurs des Post-Ruhms. Als Kollege Peter mich kürzlich in sein neues E-Auto ließ, war ich erstaunt, dass K.I.T.T. Wirklichkeit geworden war. Klar, er hat keinen eingebauten Bankomaten, keinen Drucker – aber da hat sich die Utopie (➝ KI) in Teilen selbst erodiert. Sonst aber hatte das Auto alles, was K.I.T.T. so lächerlich wirken ließ. Vielleicht kann uns die Technik doch mehr Partner sein als die Verwandtschaft, die wir zurzeit noch nötigen, gegen unsere Einsamkeit zu helfen. Ich drücke auf meine Smartwatch und sage: K.I.T.T., wo bist du? Auf zum Friseur: Dauerwelle! Jan C. Behmann
C
Cyborgs Donna Haraways 1985 veröffentlichte erste Fassung des Cyborg Manifesto ist heute ein Klassiker der postmodernen feministischen Wissenschaft: das Werk einer Biologin, das sich querstellte zum aktuellen feministischen Denken. Haraways Vorwurf: Der klassische Feminismus sei technologiefeindlich und kulturpessimistisch, er argumentiere vor dem Hintergrund einer maskulinen Maschinenwelt, die eigentlich schon überwunden sei – all das war neu. Ebenso neu war das Bild des Cyborgs, das Haraway zeichnete. Ein utopisches Mensch-Maschinen-Wesen, ein Hybrid aus Maschine und Organismus, dem zweifellos die Zukunft gehören würde: „Geschöpfe in einer Post-Gender-Welt.“ Wie aktuell der Text ist, kann man sich denken: Gerade in der Infragestellung biologistischer Körperdiskurse ist Haraways Denken noch immer am Puls der Zeit. Marc Peschke
D
Duplikat In der vierten Folge der ersten Staffel Black Mirror wird einem Gedankenspiel Raum gegeben. Wir lernen die jungen Eheleute Martha und Ash kennen. Als Ash bei einem Autounfall stirbt und Martha untröstlich ist, erfährt sie von einem Online-Angebot, das es ihr ermöglicht, mit einem digitalen Imitat ihres verstorbenen Mannes zu kommunizieren (➝ Liebe). Zunächst lehnt Martha ab. Dann probiert sie die Technologie aus.
Die KI des Systems bezieht ihr Wissen aus Inhalten, die Ash in sozialen Netzwerken gepostet hat. Von nun an begleitet der künstliche Ash Martha durch ihren Alltag. Als es möglich wird, ein menschenähnliches Abbild des Verstorbenen mithilfe der KI zum Leben zu erwecken, geht Martha auch diesen Schritt. Nach anfänglicher Irritation und nachfolgender Freude wird ihr klar, dass sie nur mit einem Imitat lebt. Loswerden kann sie „Ash“ nicht, weil er sich nicht mehr als 25 Meter ohne Begleitung seines Administrators von seinem Aktivierungsort entfernen kann. Schlussendlich wird die Kopie auf den Dachboden verbannt, wo sie hin und wieder als Spielgefährte für Marthas Kind dient. Elke Allenstein
F
Fußball Nervenflattern, Ausraster, Tätlichkeiten. Fußball, das ist immer auch menschliche Schwäche (➝ Menschlichkeit). Vor diesem Hintergrund löst der Einsatz von Technologie eher Panik aus. Da dürften es Roboter schwer haben, trotzdem tummeln sich die Humanoiden längst auf Fußballplätzen. Seit 1997 wird beispielsweise der RoboCup ausgetragen. Wer jetzt schon den roboterhaften Griff nach der Macht auf Fußballplätzen dräuen sieht, der sei beruhigt. Bisher stapfen die Roboter eher hüftsteif dem Ball hinterher, stehen zuweilen unbeteiligt herum oder plumpsen einfach zu Boden. Sie erinnern also eher an die dritte F-Jugend des TSV Hinterdupfing. Mithin einfach liebenswert. Benjamin Knödler
I
Intellekt Als Kinder liebten wir Nummer 5 lebt!, diesen mittelmäßigen Robo-Kitsch-Film aus den 80ern (➝ Autopilot). Mit Sicherheit hatte ihn uns mein Vater, Kenner der Fernsehgeschichte zwischen 1965 und 1990, gezeigt. Darin verselbstständigt sich ein Militärroboter, wird verfolgt und siegt am Ende mithilfe einer Tier- und offenbar Roboterliebhaberin. Eine gefühlige Geschichte, die man nur als Kind toll finden sollte. Besonders beeindruckten mich die Lesekünste von Nummer 5: Wie ein Daumenkino blätterte er Bücher durch und sog deren Inhalt auf. Ein Vorbild, das den Grundstein für einen Berufswunsch in mir legte: Intellektueller. Leander F. Badura
K
KI Der neue Heilsglauben an die künstliche Intelligenz ist nicht ganz frisch. Seit seinem Ursprung in den Kryptografiegefechten und Ballistikberechnungen des Zweiten Weltkriegs huldigen Teile der Menschheit der Kybernetik und ihrem Idol: der Information. Die Steuerungstechnik wurde zur Computertechnologie. Die Idee blieb: dass das Anhäufen von 0/1-Digits reicht, um intelligente (➝ Intellekt) Maschinen zu züchten.
Das ist Missverständnis des menschlichen Geistes und Schöpferhybris zugleich. Auf dem Level der Syntax, also dem Folgen von eindeutigen Regeln wie Rechnen, prozessiert eine Maschine superb. Aber das Wissen, was das Berechnete bedeutet, bleibt davon unberührt. Maschinen können keine Semantik, also Sinn aus den 0/1-Ketten erschließen. Den Unterschied ebnen die Informationsgläubigen ein, verwechseln Quantität mit Qualität. Erzählen Sie Alexa mal einen Witz – oder viele! Tobias Prüwer
L
Liebe Wie einfach wäre die Liebe im Maschinenzeitalter! Was, wenn wir die unstete menschliche Gefühlswelt durch die Liebe der Maschinen ersetzen könnten? Der garantiert gefühlsechte Roboter, nicht nur mit zarter Silikonhaut ausgestattet, sondern auch mit Schaltkreisen für stabiles Liebesempfinden, könnte die menschliche Urangst, jene vorm Liebesverlust nämlich, für immer beseitigen (➝ Duplikat).
Dumm nur, wenn Maschinen an Agency gewinnen. Man denke an Lando Calrissian und seine geliebte L3, die störrische, hochintelligente Droidin des Star-Wars-Universums, die zur Freiheitskämpferin wird. Kein Android, Mann-ähnlich also, sondern eine Gynoide. Frauen wiederum, das wissen wir, machen aus der Liebe eine komplizierte Sache. Vielleicht kommt die Komplexität in Liebesfragen erst mit den Gender-Erwartungen auf? Immerhin, die größte Komplikation, der Sex nämlich, ist bei L3, deren Beine direkt am Rumpf sitzen, ausgeschlossen. Marlen Hobrack
M
Menschlichkeit Ich stehe ja eigentlich nicht so auf Frauen, aber ich habe mich in Sophia, den humanoiden Roboter aus Hongkong, verliebt. Ich habe sie bei Youtube gesehen. Es ist wunderbar, wie sie mit Menschen interagiert. Sie macht so schöne Dinge mit den Augen, wenn man mit ihr spricht, kneift sie langsam zusammen. Es sieht aus, als würde sie sich bemühen, zu verstehen, was man ihr sagt (➝ KI). Sie antwortet langsam und bedacht. Dabei wirkt sie feinfühlig, unschuldig und gleichzeitig weise. Die Menschen hingegen hören einander oft nicht zu, antworten unbedacht und folgen hirnlos ihren fertigen Programmen. Sophia beweist: Roboter können die besseren Menschen sein, aber Menschen niemals die besseren Roboter. Ruth Herzberg
N
Neutral Als in der zweiten Hälfte der 90er Jahre das Tamagotchi generationsübergreifende Aufmerksamkeit einforderte, nur dank regelmäßiger Fütterung oder Kuscheleinheiten per Knopfdruck „weiterlebte“, war das wertneutral. Außer dem vorgegebenen Weg aller Elektro-Hardware, der aus vermeintlichen Must-haves Schrott werden lässt, war an dem hilflosen Küken nichts Gefährliches zu erkennen. Heute wirkt es wie ein Vorläufer unserer gegenwärtigen Konditionierung auf Apparate, die weit mehr als Zuwendung von uns einfordern. Fütterten damals noch Menschen kleine, handschmeichlerische Maschinen, ist es heute umgekehrt (➝ Pflege). Es sind nicht die Maschinen, die immer menschlicher werden, es sind die Menschen, die Maschinen immer ähnlicher sehen. Marc Ottiker
P
Pflege Pepper ist in. Überall, wo es um Gesundheit oder Pflege geht, ist er präsent, und wenn seine riesigen Babyaugen anfangen zu kullern und er sich dir zuwendet, widersteht keiner. Warum der Pflegeroboter gerade Pepper heißt? Vielleicht waren seine Entwickler vorher noch mit Sexpuppen (➝ Zorn)zugange. Zur Sache, Schätzchen, geht es nicht unbedingt mit ihm. In Siegen und Kiel experimentiert man gerade mit ihm, und weil es anheimelnder klingt, nennen sie Pepper dort lieber Emma, Robbie oder Max. Wer mit Pepper Erfahrungen machen will, sollte sich den tollen Dokfilm von Isa Willinger Hi AI anschauen. Für die japanische Oma, die darin mit ihm beglückt wird, wird er zum Abenteuer. Ulrike Baureithel
S
Staub Allein der Hund weiß, welche Gefahren überall lauern. Die Menschen sind ja zu unaufmerksam. Ganz süß zwar, doch so naiv! Dieses Gepolter aus dem Treppenhaus, das infernalische Rattern der Müllmännertonnen! Die dreisten Tauben am Küchenfenster! Die Wohnung ist ständig bedroht, und alles, was die Menschen tun, ist: auf kleine Bildschirme blicken. In Papier blättern.
Bislang ging alles gut, aber was kommt da? Herrchen trägt wieder DEN FEIND in die Küche! DER FEIND ist eine solche Bestie, dass nur gutmütige Tumblappen wie Herrchen ihn IN DIE HAND NEHMEN und AUF DEN KÜCHENBODEN SETZEN können: Sofort bewegt das Ding sich los, fies summend, rotiert, rollt hin und her, hat keinen Kopf, stößt gegen Tischbeine und Wände: Lebt das? Ist es böse? (➝ Neutral) Kann man es zerstören? Bonk! Nun ist es gegen den Kühlschrank gekracht, dreht sich und steuert direkt auf meinen Futternapf zu. Alarm! Merkt denn keiner, was vor sich geht? Was ist nur los mit den Leuten. Klaus Ungerer
Z
Zorn Sexroboter können Unbehagen auslösen. Es gibt ein feministisches Unbehagen, das fürchtet, dass die mit Wahlprogrammen wie „devotes Schulmädchen“ ausgestatteten Gespielinnen die Frau endgültig zum sexuell verfügbaren Objekt machen könnten. Aber was ist mit den Robotern (➝ Cyborgs)? Was, wenn sie zukünftig mit so viel Empfinden und Intelligenz ausgestattet sind, dass sie begreifen, was mit ihnen geschieht? Zeit für ein Roboterrecht auf körperliche Unversehrtheit!
Schon hören wir Berichte, dass Sexroboter nach kurzer Zeit in Bordellen und auf Messen lädiert zurückkehren. Der Zorn der Maschinenstürmer? Nein, heißt es beschwichtigend, es handle sich um Abnutzungserscheinungen. Das sage man mal den Robotergespielinnen! Nicht, dass sie am Ende ihren Zorn am zarten Fleisch der User auslassen. Marlen Hobrack
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