Halb hier, halb dort

Porträt Kim Thúy musste für ihre Gefühle erst eine Sprache finden. Heute schreibt die Vietnamesin Bestseller in der neuen Heimat Kanada
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 23/2014

Nein, Ho Chi Minh war nicht ihr Held. Im April 1975 rollte der Frieden auf einem Panzer mit nordvietnamesischen Soldaten vor Kim Thúys Elternhaus in Saigon. „Als Kind glaubte ich, dass Krieg und Frieden Gegensätze seien. Dabei lebte ich im Frieden, als Vietnam in Flammen stand, und lernte den Krieg erst kennen, nachdem Vietnam die Waffen niedergelegt hatte“, lässt die Schriftstellerin ihr Alter Ego Nguyen An Tinh sagen. Kim Thúy, geboren 1968, aufgewachsen in einer wohlhabenden Familie der gebildeten Mittelschicht, wurde durch diesen „Frieden“ in den Grundfesten ihres Lebens erschüttert: 1978 beschlossen ihre Eltern, sich mit den Kindern als Boatpeople Richtung Malaysia zu retten, von wo aus sie dann als Kontingentflüchtlinge nach Kanad