Hanseatischer Götterstreit

Kommentar Streit um die Werberechte bei der WM 2006

Bei der Fußballweltmeisterschaft im nächsten Jahr geht es nicht nur darum, ob der FC Deutschland 06 mit Gerhard Schröder an der Spitze den Sieg erringt - in Hamburg spielt sich zugleich auch ein Wettkampf von antiker Größe zwischen zwei Helden unserer Welt ab: zwischen AOL und Yahoo.

Kampfstätte ist der größte Hamburger Fußballplatz, das 2001 umgebaute Volksparkstadion. Es sollte nach dem Umbau den Namen Uwe Seelers tragen - das ist ein vielerorts bekannter ehemaliger Hamburger Fußballspieler, der auf der Homepage das ortsansässigen "Hamburger Sportvereins" (HSV) als der "Ur-HSVler ›Uns Uwe‹-Seeler" vorgestellt wird.

"Kein Name ist enger mit dem HSV verknüpft als der des Ausnahmestürmers", heißt es da. Doch sie haben "Uns-Uwe" für 30 Millionen DM verkauft. Und so heißt das ehemalige Volksparkstadion heute nicht Uwe-Seeler-Park, sondern "AOL-Arena". Und manch einer wartet nur darauf, dass der HSV für noch mehr Millionen sich auch selbst verkauft, um fortan als "Hämbörger McSportverein" aufzutreten.

Doch nun die Tragödie. Hamburg und der HSV müssen der FIFA - das ist der Weltfußballverband, der die Reklamerechte für eine von ihm ebenfalls veranstaltete Fußballweltmeisterschaft verkauft - dieser Fifa müssen sie garantieren, dass da kein Gott ist außer den von ihm zugelassenen. Zu den zugelassenen Göttern gehört Yahoo. Yahoo, das ist ein Internetdienst, der in Konkurrenz steht zur AOL, die sich den Namen des Stadions gekauft hat und deren weithin sichtbare Leuchtreklame "AOL-Arena" zugleich als Ortsbestimmung über dem Stadion strahlt.

Das Volksparkstadion muss, wie das Hamburger Abendblatt in einem "Pflichtenheft" entdeckte, samt Umgebung völlig reklamefrei an die FIFA ausgeliefert werden, sogar der Luftraum über dem Stadion ist von fremder Werbung etwa durch Flugzeuge oder Ballons freizuhalten.

Die drei Buchstaben AOL über der Arena - sie sind sechseinhalb Meter hoch und wiegen ein jeder je nach Umfang zwischen 4,5 und 6,5 Tonnen - sie müssen weg, und das kostet. Am besten wäre - und es gab schon Konzernzusammenschlüsse aus weit minderen Gründen - Yahoo und AOL fusionierten. Doch der HSV hat - wie es scheint - inzwischen die allerbeste Lösung gefunden. Er hat den Siemenskonzern beauftragt, das von der FIFA vorgeschriebene Zutrittskontrollsystem einzurichten.

Siemens - das ist gerade in Hamburg die Garantie dafür, dass nichts funktioniert, zumindest bis zum Jahr 2006 noch nicht. Ein Zutrittskontrollsystem von diesem Konzern führt mit Sicherheit dazu, dass kein Mensch in das Stadion reinkommt, Hamburg bliebe von der Fußballweltmeisterschaft verschont. Das wäre die gute Lösung.


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