Energiemarkt "E.on" möchte Weltmarktführer werden. Die Fusion mit "Ruhrgas", von Ex-Wirtschaftsminister Müller ermöglicht, ist da ein Meilenstein. Bei diesem Monopoly werden nebenbei die erneuerbaren Energien beerdigt
Arnold Schwarzenegger brachte es in dem Film Terminator auf den Punkt: "Hasta la vista, baby", rief er seinen Gegnern zu, nachdem er mit ihnen fertig war. Ungewollt lieferte er damit das Motto für die Fusion zwischen E.on und Ruhrgas. Denn wenn die beiden Energieriesen einmal dank Ministererlaubnis eine Firma sind, ist Schluss mit "Mix it, baby", wie die E.on AG für ihren angeblich sauberen Energiemix wirbt.
Mit der Fusion zwischen den beiden Versorgungsunternehmen entsteht ein Quasi-Monopol auf dem deutschen Markt für Gas und Strom. Doch nicht nur das: E.on und Ruhrgas ergänzen sich in ihrer jeweiligen geografischen und wirtschaftlichen Ausrichtung so gut, dass sie gemeinsam über ein europaweites Netz verfügen. Die logische Folge: Dank der marktbeherrschenden
n. Die logische Folge: Dank der marktbeherrschenden Stellung könnten die beiden die Verbraucherpreise für Gas und Strom in die Höhe treiben. Was aber bedeutet das Oligopol auf dem Gasmarkt für die Perspektive der erneuerbaren Energien? Und was bezweckt E.on mit dieser Fusion, die durchaus mehr einer Akquisition gleicht?Kartellrechtliche HürdenBlick zurück: Im Mai 2002 lehnt das Kartellamt den Antrag von E.on und Ruhrgas auf eine Firmenverschmelzung ab, da dies den Wettbewerb auf dem deutschen Gas- und Strommarkt praktisch zum Erliegen bringen würde. Damit gab es rechtlich nur noch einen Weg, diese doch noch zu erreichen. E.on stellte einen Antrag auf die sogenannte Ministererlaubnis des Bundeswirtschaftsministeriums, mit der die Entscheidung des Kartellamts aufgehoben werden kann. Allerdings klagten mehrere Firmen, der Bund Umwelt- und Naturschutz und der Verbraucherverband vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf gegen diese Erlaubnis und bekamen insoweit recht, als das Gericht Verfahrensfehler monierte. Daraufhin wurde die öffentliche Anhörung noch einmal aufgelegt. Weder Verbraucher- noch Umweltschutzverbände waren eingeladen. Schließlich wurde die Erlaubnis mit Auflagen erteilt. Die beiden wichtigsten Elemente dabei sind die Abtrennung von Beteiligungen an den Stadtwerken Bremen (11,3 Prozent) und der Bayerngas (22 Prozent), sowie die Freigabe von Gaskapazitäten für den freien Markt im Umfang von 200 Milliarden Kilowattstunden in den nächsten vier Jahren. Vor allem der letzte Punkt wird allerdings von den beiden Konkurrenten Trianel und Ampere als unzureichend kritisiert. Ihrer Meinung nach sei vielmehr ein Volumen von 200 bis 250 Milliarden jährlich nötig, um einen einigermaßen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Von Seiten der Finanzpresse wurde schon angezweifelt, ob es sich für E.on überhaupt noch lohnt, den Zusammenschluss mit Ruhrgas anzustreben.Die Motive von E.on sind aber viel zu weitreichend, als dass tatsächlich auf ein so lohnendes und strategisch wichtiges Geschäft verzichtet würde. So sieht E.on selbst als einen der wenigen schwachen Punkte ihre Position auf dem Gasmarkt, die sie unbedingt verbessern will. Vor allem deshalb, weil der Strommarkt in Deutschland stagniert, während der Gasmarkt nach Meinung des Energiepolitikexperten Lutz Mez von der FU Berlin gewaltig wachsen wird. Vor dem Hintergrund des deutschen Atomausstiegs werden 30 Prozent Kapazitäten der Stromerzeugung frei, die irgendwie produziert werden müssen. Nach der Auffassung von Mez könnte dies dazu führen, dass in zehn Jahren 40 Prozent der Jahresstromproduktion in Deutschland mittels Erdgas erzeugt werden, verglichen mit neun Prozent heute. Ruhrgas, als Nummer zwei in Europa bei der Gasversorgung, passt sowohl strategisch als auch territorial bestens in die E.on-Strategie - und übrigens auch umgekehrt. Nicht zuletzt deshalb, weil Ruhrgas 20 Prozent Anteil von Gazprom besitzt, dem größten russischen Erdgasförderer. Für die Erhöhung dieses Anteils ist eine Summe von sechs bis acht Millionen Euro vorgesehen. Dieses Geld kommt aus der Kriegskasse, die durch Rückstellungen für die Atomkraftwerke und den Verkauf von Konzernteilen, die nicht unmittelbar zum Kerngeschäft gehören, kräftig gefüllt ist. Damit wurden Mitte Oktober auch neue Akquisitionen (TXU) im britischen Markt getätigt, die die FAZ jubeln ließen, dass E.on zur Nummer eins in Großbritannien geworden sei. Als nächstes will E.on dort den Leitungsnetzbetreiber Midlands Electricity mit seinen 2,3 Millionen angeschlossenen Haushalten erwerben. Ziel WeltmarktführungE.on will aber mehr, der Konzern möchte Weltmarktführer werden. Mit dem Kauf von Powergen Anfang 2002 ist er diesem Ziel schon ein Stück näher gekommen. Außerdem tun sich neue Allianzen auf: So geht E.on mit BP zusammen, während sich der Hauptkonkurrent RWE mit Shell zusammengeschlossen hat. In einer solchen Situation empfindet der Energieexperte Mez die Ministererlaubnis als schlechten Witz. Denn diese wurde damit begründet, dass nur so die Sicherheit der Ressourcenbeschaffung gewährleistet sei. Zudem wurde die Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze angeführt, während doch gerade eine Fusion mit ihren sogenannten Synergieeffekten in der Regel Arbeitsplätze kostet. Überhaupt erscheint das deutsche Vorgehen wenig einleuchtend, wenn man zum Beispiel sieht, dass in Italien und in den Niederlanden die ehemaligen Staatsbetriebe, die sowohl Gas als auch Strom verkaufen, in kleinere Teile zerlegt werden. Zudem drängt die EU-Kommission ständig auf Liberalisierung und hat kürzlich erst Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof angeklagt, die entsprechenden Richtlinien zur Liberalisierung des Gasmarktes umzusetzen. So wäre die Fusion von E.on/Ruhrgas ein Fall für die Wettbewerbs- oder Energiekommission der EU.Schwere Zukunft für die ErneuerbarenAls Konsequenz einer solchen Entwicklung wird E.on/Ruhrgas zum Megaplayer, der alle Preise diktieren kann. Die Strombezieher werden wieder zu gefangenen Kunden, wie es zu Zeiten der Gebietsmonopole war. "Ich bin on" wird dann so viel bedeuten, dass man ohne diesen Konzern nur off sein kann. Der neue Megaplayer wird auch bestimmen können, welche technologischen Entwicklungen sich durchsetzen können oder nicht. Das wird sich mittelfristig auf die erneuerbaren Energien auswirken, auch wenn diese bisher durch das Energieeinspeisegesetz aus dem Markt genommen wurden. Überhaupt ist für Hermann Scheer, den Präsidenten von Eurosolar, diese Fusion alles andere als förderlich für die Solarenergien. Denn jede weitere Konzentration verhindert die dezentralen Strukturen, die für die umweltgerechten Energien erforderlich sind. Es sei daher Aufgabe der Bundesregierung, so der SPD-Bundestagsabgeordnete, strukturelle Änderungen des Energiemarktes und seiner Angebotsseite herzustellen. Dieser Widerspruch zwischen Förderung der erneuerbaren Energien, die in der ersten Legislaturperiode der rot-grünen Regierung in einzigartiger Weise stattfand, und dem historisch einmaligen Konzentrationsprozess der Energiewirtschaft gehe mitten durch die Koalition. Scheer ist sich auch nicht sicher, ob etwa der Bundesumweltminister schon die strategische Bedeutung der Solarenergien erkannt habe.Die "Krake" EnergiekonzerneKlar ist auch, so der Energieexperte Lutz Mez, dass die noch verbleibende Konkurrenz wie RWE nicht schlafen wird und nun ihrerseits strategische Partner oder Akquisitionsobjekte sucht. Die Spirale dreht sich weiter, der Konzentrationsprozess verstärkt sich.Hermann Scheer kommentiert die Ministererlaubnis vor diesem Hintergrund kurz und bündig: "Ich hätte sie nicht gegeben - fertig." Nach einem kurzen Intermezzo in den neunziger Jahren schlage nun "der Krake" Energiekonzerne zurück. Und Michaele Hustedt (Bündnis 90/Die Grünen) sieht darin vor allem den Ausdruck eines veralteten wirtschaftspolitischen Denkens. Demzufolge sei die Förderung eines großen deutschen Unternehmens gut für Deutschland. Dabei werde aber nicht beachtet, so die Abgeordnete, dass die E.on längst zur Hälfte ihr Geld im Ausland verdiene und zudem schon jetzt zu den Größten in Europa und der Welt gehöre. Wolfgang Clement (SPD), nicht gerade als Fan der erneuerbaren Energien bekannt, wird sich wohl kaum noch mit der Fusion befassen. Auch der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin scheint da die falsche Adresse zu sein. Das Thema falle nicht in seine Zuständigkeit, erfährt man auf Nachfrage aus dem Ministerium. Anscheinend ist das Kompetenzgerangel um die Zuständigkeit für die erneuerbaren Energien mit dem Wirtschaftsministerium noch lange nicht ausgestanden, und so enthält man sich vorsichtshalber jeglicher Äußerung zu diesem Thema. Vielleicht wird die EU-Monopol-Kommission die Fusion anfechten. E.on selbst stellt sich auf einen langen juristischen Kampf ein, denn ein endgültiges Urteil im Hauptsacheverfahren ist nicht vor Frühjahr 2003 zu erwarten. Weiterhin ist die Wirtschaftslobby aber sehr geschickt darin, die Fusion in den Medien als unumkehrbare Tatsache darzustellen. Auch ein Ministerium kann sich dem offensichtlich nicht entziehen. Von den seligen Zeiten, in denen man von einer Re-Kommunalisierung der Energieversorgung träumte und damit von einer stärkeren Demokratisierung, sind wir weiter entfernt denn je. So kommt man auch nicht aus dem Dilemma heraus, dass man nur die Alternative Liberalisierung um jeden Preis oder Stärkung der Konzerne kennt. E.on selbst möchte am liebsten die private Planwirtschaft, die (vormals staatliche) Monopole mit privaten Profiten vereinigt. Der freie Markt produziert also offensichtlich große Konzerne, die letztlich den Markt aushebeln. Und so heißt es eben weiterhin: Hasta la vista zu niedrigeren Preisen und vernünftiger Energieversorgung.
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