„Nicht die Zeit einer Kultur des Ausgleichs“

Gespräch Kehren Mentalitäten der Weimarer Zeit wieder? Der Kulturwissenschaftler Helmut Lethen über die Renaissance von Wehrfähigkeit und militärischem Denken
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 16/2022

Der Titel seines Buches von 1994 ist zum stehenden Ausdruck in den intellektuellen Debatten geworden: Verhaltenslehren der Kälte. Nun ist es mit einem langen Nachwort von Helmut Lethen neu von Suhrkamp aufgelegt worden.

der Freitag: Herr Lethen, Ihr Kultbuch hat durch den Krieg leider eine unerwartete Aktualität bekommen. Sehen Sie das auch so?

Helmut Lethen: Ich fürchte, ja. Wir scheinen gerade von der Wärmesphäre eines strukturellen Pazifismus der BRD, wie der Historiker Sönke Neitzel das genannt hat, in eine Kriegsszene zu gleiten, wo es so verdammt ernst ist, dass sich das Buch plötzlich als eine Diskurs-Ressource für einen wiederbelebten Habitus der Kälte anbietet.

Verstört Sie das?

Ja, denn ich habe die Friedfertigkeit der Bundesrepublik