Hier stehe ich, hier bleibe ich

Italien Statt der vier Jahre Haft kriegt Berlusconi nur ein Jahr Hausarrest. Sein Mandat als Senator will er erst recht nicht niederlegen, er hat sogar schon Neuwahlen im Blick
Ausgabe 32/2013

Man muss sich daran erinnern: Das ist kein Theater. Es fällt uns Beobachtern aus dem Ausland allzu leicht, in Berlusconi nur den Bouffon zu sehen und halb belustigt, halb angewidert das italienische Spektakel zu verfolgen. Aber – es ist eben kein Theater. Sondern europäische Realität. Berlusconi will nach seiner rechtskräftigen Verurteilung sein Mandat als Senator nicht niederlegen. Im Gegenteil: „Hier stehe ich, hier bleibe ich, ich gebe nicht auf!“, rief er am 4. August seinen Anhängern zu.

Silvio Berlusconi ist zwar zu vier Jahren Haft verurteilt. Aber er profitiert von einem Gesetz gegen überfüllte Gefängnisse – drei Jahre werden ihm dadurch erlassen. Wegen seines Alters darf er das verbleibende Jahr im Hausarrest verbringen. Schwerer wiegt da, dass der 76-Jährige längere Zeit kein öffentliches Amt ausüben und auch nicht bei Wahlen kandidieren darf. Dieser Teil der Strafe wird neu verhandelt werden. Eine Verkürzung von fünf auf drei Jahre ist wahrscheinlich.

Linke zieht keine Konsequenzen

Der Verbleib seiner Popolo della Libertà (PdL) im Regierungslager verschafft ihm Zeit, die er braucht, die Partei zu reorganisieren, um die Führung irgendwann seiner Tochter Marina zu übergeben. Und er hat Neuwahlen im Blick: Die Regierung Letta ist grau. Millionen Italiener werden sich bald nach den vorgeblich glücklichen Zeiten unter ihrem Dirigenten Berlusconi zurückwünschen.

Derweil machen die Strategen des Mitte-Links-Blocks das, was sie seit 20 Jahren tun: Sie starren auf Berlusconi wie das Kaninchen auf die Schlange. Sie wissen: Mit den Kettengeschäften seines Mediaset-Konzerns hat Berlusconi nicht nur Steuern hinterzogen, sondern auch seine Kriegskasse gefüllt.

Warum stellen nur so wenige PD-Protagonisten von sich aus die Fortführung der Allianz mit Berlusconi infrage? PD-Sekretär Guglielmo Epifani formuliert die Linie so: „Wir sind zu allem bereit.“ Und sein Vorgänger Pierluigi Bersani präzisiert: „In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die PdL weiter wie eine Prothese an Berlusconi hängt oder ob sie lernt, ihre politische Verantwortung von seinen Angelegenheiten zu trennen.“ Das wird nicht geschehen. Bersani weiß das. Konsequenzen will er – und ganz Italien – daraus aber nicht ziehen.

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