Homophobie ist allgegenwärtig

Ungarn Laut der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos befürworten nur 30 Prozent der Ungarn die Homo-Ehe
Ausgabe 27/2013

Laut der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos sind 51 Prozent der Ungarn damit einverstanden, das Zusammenleben von zwei gleichgeschlechtlichen Menschen gesetzlich anzuerkennen. Aber nur 30 Prozent befürworten die Homo-Ehe; 40 Prozent ein Adoptionsrecht. Nicht so schlecht, möchte man meinen, obwohl die Ungarn damit hinter dem internationalen Durchschnitt zurückbleiben.

Homophobie ist hier nämlich im Gesetz verankert: Zwar können Homosexuelle eine registrierte, anerkannte Partnerschaft führen, die neue Verfassung definiert aber eindeutig, was im Lande unter Familie verstanden wird. Und da werden Schwule und Lesben ausgegrenzt.

Auf der Straße ist Homophobie allgegenwärtig. Im März musste ein Paar in Budapest, das sich geküsst hatte, ein Bad verlassen. Der Fall wurde von den Medien aufgegriffen, die Kommentare zu dem Beitrag zeigen eindeutig die homophobe Einstellung. „Der öffentliche Kuss zweier Homosexueller ist widerlich und richtet sich gegen die Moral und den Anstand der ungarischen Gesellschaft“, schrieb einer.

Es kommt selten vor, dass jemand offen zugibt, homosexuell zu sein. Einer der bekanntesten ist Róbert Alföldi, der ehemalige Intendant des Nationaltheaters. Seine Entlassung war schon seit Langem ein Bestreben der Fidesz-Kulturpolitik, seit Juni ist der national gesinnte Attila Vidnyánszky sein Nachfolger.

„In dem neuen Nationaltheater wird es nicht mehr um Schwule gehen, sondern um Liebe, Freundschaft und Treue“, sagte daraufhin Imre Kerényi, der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten für die Popularisierung der neuen Verfassung. Als der Fall Monate später zum öffentlichen Skandal wurde, weigerte Kerényi sich, sich zu entschuldigen.

Die rechtsradikale Jobbik, immerhin die drittgrößte Parlamentsfraktion, versucht immer wieder, die anerkannte gleichgeschlechtliche Partnerbeziehung im Gesetz zu annullieren. Und auf die Bemerkung eines Ministers, der geschasste Alföldi könne doch nun ein anderes staatliches Theater in Budapest leiten, reagiert Elöd Novák, Vize-Präsident von Jobbik, beleidigt. Er, seine Partei und überhaupt alle normalen Ungarn fühlen sich durch so etwas in ihrem Stolz verletzt. Mehr noch: Er vermute eine homosexuelle Lobby in der ungarischen Politik.

Dieser Mann ist gegen eine Gay-Demo in Budapest

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Geschrieben von

Agnes Szabó | Agnes Szabo

Hospitantin, Medienmittlerin

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