Ist die Satire in der Krise? Glaub ich so nicht. Wenn hier etwas „in der Krise“ ist, dann eher unsere Fähigkeit, Humor zu ertragen. Wenn sich zum Beispiel ein Comedian öffentlich erkundigt, ob er eine bestimmte Figur darstellen darf, liegt etwas im Argen. Wenn politische Karikaturen nicht mehr erscheinen oder humoristische Sendungen abgesetzt werden, weil sie „triggern“, „verletzen“ oder „traumatisieren“ könnten, stimmt etwas nicht. Und zwar mit der Gesellschaft, in der allen Ernstes gefragt werden muss, worüber man noch Witze machen darf.
Dabei ist die Antwort in einer freien, demokratischen Gesellschaft ganz einfach: Über (fast) alles! Ich finde, wir müssen verpflichtend das Schulfach „Humor/WitzekundeR
ekunde“ einführen. Zu behandeln ist die unterschiedliche Witzekultur in der Welt. Die Schülerinnen und Schüler müssen die Begriffe Satire, Ironie, Sarkasmus und Zynismus beherrschen. Kern des Fachs muss die Einheit „Witze ertragen“ bilden. Hier soll Gegenstand des Unterrichts sein, wie man mit Witzen umgeht, die man unkomisch, beleidigend, schlüpfrig, sexistisch, rassistisch, primitiv oder einfach nur doof findet. Sie kritisiert, gegebenenfalls ignoriert. Und wie man aus Satirikern, Kabarettisten und Karikaturisten, die Dinge tun, die wir nicht gut finden, keine Staatsfeinde, aus ihren Witzen keine Staatsaffäre macht.Man muss wieder lernen, dass Satire wehtun, verärgern, „triggern“ soll, sonst ergäbe sie keinen Sinn! Dass sie grundsätzlich auszuhalten ist und wie man dagegen, wenn nötig, klug und sinnvoll protestieren kann. Dazu gehört, dass man lernt, dass zum Beispiel das Verbrennen von Flaggen oder Autoreifen nichts hilft gegen als unwitzig empfundene Witze. Und dass physische Gewalt niemals eine Antwort sein darf. Dazu gehört aber auch, zu kapieren, dass es keine „Cancel Culture“ ist, wenn man eine Künstlerin, einen Künstler kritisiert. Mindestens genauso großes Gewicht sollte auf die Einheit „Über sich selbst lachen!“ gelegt werden. Hier sollten Lehrkräfte ihr Augenmerk auf Kinder aus besonders religiösen und/oder patriotischen Familien legen. Die haben’s besonders nötig! Aber auch bei Angehörigen von Minderheiten, denn niemand ist ausgenommen davon, Gegenstand von Witz und Spott zu werden. Klar, es macht einen Unterschied, wer über wen spricht: Ein Jude zum Beispiel kann sich andere Witze über Juden erlauben als ein Nichtjude.Sätze wie „Man darf nie nach unten treten!“ halte ich für problematisch. Es gibt für Humor und Satire keine in Stein gemeißelten Regeln! Klar, „nach unten treten“ ist nie nett. Aber solche Sätze werden zu oft als Schutzwall missbraucht, um sich von Kritik und Spott auszunehmen. Über mich dürfte sich dann niemand mehr lustig machen, denn das wäre „rassistisch“ und außerdem Diskriminierung von Hollern-Twielenflethern! Wer bitte definiert, wer „unten“ und wer „oben“ ist? Ich halte solche Regeln für Unsinn. Selbstverständlich darf man Witze über mich machen.