Ihre Wut wächst

Traktordemos Die Landwirte haben dazugelernt. Sie verlangen nun mehr als angepasste Preise
Ausgabe 05/2021
Szene von der Traktordemo in Berlin
Szene von der Traktordemo in Berlin

Foto: John MacDougall/AFP/Getty Images

Sie sind wieder unterwegs: Vergangenes Wochenende fuhren die Bauern mit Hunderten Traktoren aus ganz Deutschland nach Berlin, um dort zu bleiben, bis sich an der verzweifelten Lage auf ihren Höfen etwas ändert.

Zuerst, im Oktober 2019, waren sie wütend über die neue Düngeverordnung und das Insektenschutzprogramm. Das wirkte befremdlich, denn sauberes Wasser und biologische Vielfalt brauchen wir alle. Doch die protestierenden Landwirte haben dazugelernt. Sie fordern nicht länger: Weg mit den Regeln. Sondern faire Preise, um die Regeln einhalten können. Deshalb haben sie Zentrallager von Supermärkten blockiert, und deshalb sind sie zum Bundeslandwirtschaftsministerium gefahren. Julia Klöckner hat sich zwar bei eisiger Kälte auf ein langes Gespräch vor dem Ministerium eingelassen, doch ihre Antworten haben die Landwirt*innen nur noch zorniger gemacht. Warum Europa Lebensmittel importiert, bei denen in der EU verbotene Pestizide eingesetzt wurden, „für die wir in den Knast gehen würden“, wollten die Bauern wissen. „Aber das versaut deren Umwelt und deren Biodiversität“, konterte die Ministerin – als gäbe es keine globalen Nachhaltigkeitsziele, auf die sich auch die Bundesregierung verpflichtet hat.

Die lange ergebnislose Unterhaltung zeigt: Sowohl dem Ministerium als auch den wütenden Bauern fehlt es an konkreten Lösungsvorschlägen. Dabei geht es um viel mehr als die aktuelle Preiskrise: Die doppelte Bedrohung durch Klimawandel und Artensterben verlangt dringend eine andere Art der Landwirtschaft – aber wie sollen die Höfe das bezahlen, wenn sie schon jetzt keine kostendeckenden Preise erwirtschaften?

Die Vorschläge liegen auf dem Tisch: Das Geld aus Brüssel sollte als Gemeinwohlprämie ausgezahlt werden, und die Marktmacht der Erzeuger gegenüber der Industrie muss dringend gestärkt werden. Es ist tragisch, dass das verschleppt wird, denn längst stehen rechte Gruppen bereit und werben, etwa mit Youtube-Kanälen im Netz, um die Gunst der Bauern. Eine Unterwanderung der Demo haben die Anmelder abgewehrt. Doch das ändert nichts daran, dass die Wut wächst.

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